Bad Mergentheim. Oberbürgermeister Udo Glatthaar machte in der Vergangenheit gegenüber dem Gemeinderat mehrfach das hohe Arbeitsaufkommen in seinem Stabsbereich deutlich und bekam schließlich mit dem Stellenplan für 2023 die neue Position des „Persönlichen Referenten“ von einer Mehrheit der Stadträte genehmigt. Doch nicht alle stimmten zu. Aktuell wird die Kritik an der Stelle, die bislang noch nicht besetzt ist, wieder lauter – auch bedingt durch die veränderten Machtverhältnisse im neuen Rat nach der Kommunalwahl.
Der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, Jochen Flasbeck, hat sich – wie die FN erfuhren – mit einer Beschwerde ans Regierungspräsidium (RP) Stuttgart gewandt, weil OB Glatthaar die beantragte, erneute Debatte über die Stelle in der Juni-Sitzung des Gemeinderates in den nicht-öffentlichen Teil verbannte, während Flasbeck der Auffassung war und ist, dass es öffentlich hätte besprochen werden müssen. Zum Hintergrund: Aktuell läuft das Besetzungsverfahren für die Stelle.
Rückendeckung und Kritik
Während der OB Rückendeckung von der CDU und der SPD erhält, äußern die Freien Wähler Kritik und die Grünen gehen auf Distanz. Keine Stellungnahme gab es von der FDP. OB Glatthaar und die Verwaltung verweisen kurz und knapp auf den laufenden Prozess der Stellenbesetzung und demokratisch gefasste Beschlüsse, die dem vorausgingen.
Die Stellenbeschreibung spricht von einer OB-Unterstützung in Vollzeit und unbefristet. Zu den Tätigkeiten des „Persönlichen Referenten“ sollen zählen: Operative und strategische Aufgaben, das Anstoßen von Projekten, das Erarbeiten von Informations- und Entscheidungsgrundlagen, das Fertigen von Reden, Berichten, Analysen sowie Präsentationen, die Vor- und Nachbereitung von Gremiensitzungen des OB und das Steuern von Terminen, Abläufen und Korrespondenz, das Bearbeiten komplexer Anfragen und das Pflegen von Kontakten in relevanten Netzwerken von der lokalen bis zur internationalen Ebene.
Jochen Flasbeck weist den Vorwurf zurück, dass es mehrere demokratische Abstimmungen zum Thema „Persönlicher Referent des OB“ gegeben hat, die die Entscheidung für die Stelle brachten und er dies einfach nicht akzeptieren wolle. Flasbeck ist stattdessen der festen Überzeugung, so seine Aussage gegenüber den FN, dass der Oberbürgermeister in seinem direkten Umfeld genügend Fachkräfte hat, um seine Aufgaben erledigen zu können. Entsprechend bleibe er am Thema dran: „Ich möchte diese Stelle verhindern“, denn die klamme Stadtkasse sei durch hohe Personalausgaben bereits stark beansprucht.
Die Fraktion der Freien Wähler (FW) habe nun im Gemeinderat beantragt, die Stelle eines „Persönlichen Referenten“ mit der Besoldungsgruppe EG12/A13 aus dem Stellenplan zu streichen und alle auf deren Besetzung zielenden Maßnahmen zu unterlassen. „Über diese beiden Anträge hätte im Juni zwingend öffentlich beraten und entschieden werden müssen“, moniert Flasbeck. Doch der OB habe es „eigenmächtig nur nicht-öffentlich“ aufgegriffen und so Rechtsverstöße begangen. „Gegen das Vorgehen des Oberbürgermeisters ist eine Beanstandung beim Regierungspräsidium anhängig.“
Und Flasbeck geht noch weiter: Sollten nun Schritte zur Besetzung dieser Stelle noch durch den scheidenden Gemeinderat unternommen werden, „so würden damit die Anträge der Freien Wähler unterlaufen“. Die FW behielten sich daher vor, „in diesem Fall rechtliche Schritte zu ergreifen“.
„Respektlosigkeit“
Der FW-Fraktionsvorsitzende zeigt sich zuversichtlich, dass es im neuen Gemeinderat eine Mehrheit für die Streichung der umstrittenen Stelle geben werde, „die immerhin jährliche Kosten in der Größenordnung von circa 90 000 Euro verursachen würde“. Eine Stellenbesetzung kurz vor der Konstituierung des neuen Gemeinderates wäre laut Flasbeck „eine Respektlosigkeit gegenüber dem Wählerwillen“: „Da der Wähler eine deutliche Verschiebung der Mehrheitsverhältnisse bestimmt hat, verbietet es der politische Anstand, dem neuen Gremium die Möglichkeit abzuschneiden, Schaden von der Stadt abzuwenden.“
Andreas Lehr, der CDU-Fraktionschef hat einen anderen Blick auf die Dinge und teilt mit: „Es handelt sich um einen Beratungsgegenstand, der nicht-öffentlich im Gemeinderat behandelt wurde, zudem um eine Personalangelegenheit. Ob und in welcher Form hierüber öffentlich Auskunft erteilt werden darf, hat zunächst die Stadtverwaltung zu entscheiden. Wir werden uns als CDU-Fraktion solange jedenfalls an die Verschwiegenheitspflicht der Gemeindeordnung halten.“ In Richtung FW merkt Lehr an: „Da diese Pflicht ganz offensichtlich in der Sache vorsätzlich verletzt wurde, werden wir die Stadtverwaltung ersuchen, diese Verstöße gegen die Gemeindeordnung formal zu prüfen.“
Es entstehe, so Lehr, der Eindruck, „dass Einzelpersonen versuchen, außerhalb der Beratung in den städtischen Gremien auf die Sache Einfluss zu nehmen und hierfür bewusst die öffentliche Berichterstattung instrumentalisieren wollen. Zunehmend werden dadurch demokratisch gefasste Beschlüsse unterlaufen, das spielt letztlich nur radikalen Kräften in die Hände.“
„Entbehrliche Stelle“
Die Grünen (Thomas Tuschhoff) erklärten auf FN-Anfrage: „Bei den Haushaltsberatungen für 2024 hatten wir den Antrag gestellt, diese Stelle einzusparen, weil sie im ganzen Jahr 2023 nicht besetzt wurde und somit entbehrlich erschien.“ Weiter meint Tuschhoff: „Wegen eines möglichen Verfahrensfehlers sollte die Stelle nicht besetzt werden, bis die Entscheidung des Regierungspräsidiums über die Beschwerde gegen die nicht-öffentliche Behandlung des Freie Wähler-Antrags auf Stellenstreichung vorliegt.“
Der Gemeinderat habe grundsätzlich öffentlich zu beraten und zu entscheiden, so Tuschhoff: „Nicht-öffentlich darf nur verhandelt werden, wenn schutzwürdige Interessen Einzelner vorliegen. Die sehen wir in diesem Fall nicht und warten nun gespannt auf die Beurteilung des Sachverhalts durch das RP.“
Klaus-Dieter Brunotte teilt für die SPD mit: „Unser ursprünglicher Antrag, die Stelle nicht im Stellenplan zu berücksichtigen, fand bei den Haushaltsberatungen keine Mehrheit. Jetzt wo die Stelle im Stellenplan berücksichtigt ist und das Bewerbungsverfahren im vollen Gange ist, kurzerhand eine Streichung vorzunehmen, halten wir für nicht richtig. Zum jetzigen Zeitpunkt würde dies das Vertrauen in die Stadt für potenzielle Bewerber auch bei zukünftigen Stellenausschreibungen belasten.“ Und zur Beschwerde der Freien Wähler meint Brunotte: „Da es sich um ein laufendes Bewerbungsverfahren handelt und es somit schon Gespräche mit Bewerbern gab, können wir die nicht-öffentliche Beratung nachvollziehen.“
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