Bad Mergentheim. Zwei Großveranstaltungen in Bad Mergentheim ziehen seit wenigen Jahren jede Menge Gäste an und begeistern auch viele Bürger vor Ort. Hinter dem Weihnachtscircus auf dem Volksfestplatz, der am Freitag, 22. Dezember, startet, und dem „Winterzauber“ mit Hüttendorf und Eisbahn im Schlosshof steht Rudi Bauer. Er ist 31 Jahre jung, lebte lange im Großraum Stuttgart und siedelt sich gerade in Aub-Baldersheim an, weil er „leider, trotz intensiver Suche“, wie er im FN-Gespräch erklärt, in der Kurstadt kein passendes Areal samt Wohnhaus finden konnte.
Zum vierten Mal seit 2018 findet der Main-Tauber-Weihnachtscircus in diesem Jahr statt. Schon zum dritten Mal ist die Eisbahn mit Hüttendorf im äußeren Schlosshof aufgebaut. Beides läuft bis zum 7. Januar. Die Fränkischen Nachrichten sprachen mit Rudi Bauer über seine Projekte, seine Pläne, seine Motivation und die Verbindung nach Bad Mergentheim. Er verriet dabei, dass er sich noch mehr „Tolles und Sehenswertes“ in Zukunft vorstellen kann.
Aus Niedersachsen
Rudi Bauer (31) stammt eigentlich aus Niedersachsen. Als Jugendlicher zog er mit seinen Geschwistern und der gesamten Familie in den Großraum Stuttgart. Sein Abitur machte er in Bietigheim-Bissingen und danach führte sein Weg nicht an die Uni, wie zunächst geplant, sondern doch recht schnell in die Selbstständigkeit. Weil die Frau seines älteren Bruders, also seine Schwägerin, aus Bad Mergentheim kommt und deren Familie auch heute noch vor Ort lebt, lernte er vor knapp zehn Jahren die Kurstadt kennen und wohnte hier schließlich übergangsweise zwei Jahre lang.
Weder seine Eltern noch seine Geschwister oder die Familie der Schwägerin hatten etwas mit der bunten Zirkus-Welt zu tun. Wie kam Rudi Bauer also in dieses ungewöhnliche Berufsfeld? Der 31-Jährige erzählt: „Als Jugendlicher, ich war gerade in der fünften oder sechsten Klasse des Gymnasiums in Bietigheim-Bissingen, bekam ich einen neuen Klassenkameraden. Der Junge war aber nur eine Woche mein Mitschüler, denn er gehörte zu einem kleinen Wanderzirkus, der gerade in unserer Stadt Station machte. Meine Neugier war geweckt und so schaute ich dort vorbei und lernte auch seine Eltern kennen.“
„So ging es los“
Man verstand sich gut und Rudi Bauer durfte recht schnell mithelfen – im Bereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Er begann Pressemitteilungen als Werbung für den Zirkus zu verfassen und an die Zeitungsredaktionen der kommenden Gastspielstädte zu verschicken. „So ging es los“, lächelt Bauer, denn bald lernte er immer mehr Leute im Zirkusgeschäft kennen, „weil von den gut 400 Zirkussen in Deutschland, ein Großteil sich untereinander bestens kennt, man meist sogar miteinander verwandt ist, und ich so nach und nach für immer mehr von ihnen Unterstützung im Bereich Marketing- und Öffentlichkeitsarbeit leisten durfte“.
Seine Eltern, so berichtet Bauer, ließen ihn gewähren, solange er die Schule nicht vernachlässigte und er vorwiegend vom heimischen Schreibtisch aus mit Telefon und Computer agierte. Sie hätten es gerne gesehen, dass er nach dem sehr guten Abitur eine Ausbildung oder ein Studium macht – „doch es kam ganz anders“, schmunzelt Bauer, den die Zirkus- und Veranstaltungsbranche immer mehr begeisterte.
Er überlegte, in Künzelsau die Fachhochschule (Eventmanagement/Marketing) zu besuchen und schaute ebenso „mal kurz“ an der Universität Tübingen vorbei, entschied sich dann jedoch klar gegen die FH und das Jura-Studium, „denn ich hatte andere Ziele vor Augen und wollte zügig weiterkommen“. Sicher sei er auch etwas ungeduldig, räumt Bauer auf Nachfrage ein, „denn ich möchte meine Projekte in absehbarer Zeit vorantreiben“.
Als er die Schule beendete, hatte er schon ein starkes Netzwerk und es meldete sich bei ihm „Flic Flac“, einer der bundesweit größten Veranstalter für Action- und Akrobatik-Shows. Bauer ließ sich engagieren, verdiente gut und sammelte viele Erfahrungen, unter anderem als Tourneeleiter. Er arbeitete vom Homeoffice aus und reiste ebenso quer durch die Republik und in ihm reifte der Wunsch sein eigenes Geschäft aufzubauen und selbst alle großen Entscheidungen zu treffen. „Die Idee einen Weihnachtscircus zu veranstalten, war geboren“, strahlt Bauer, „ich brauchte nur noch einen guten und bislang freien Standort. Würzburg rückte ins Blickfeld, aber auch Bad Mergentheim.“
Etwa 20 000 Besucher lautete die erste Zielmarke, verrät Bauer, und es habe warnende Stimmen gegeben, ob die Region Main-Tauber genügend Publikum bieten könne und sich auch gute Künstler hierher verpflichten lassen. 2016 fiel die Entscheidung für die Selbstständigkeit. Zu dieser Zeit arbeitete Bauer noch als Produktionsleiter für „Flic Flac“ und er managte die Weihnachtszirkusse in Kassel und Dortmund. Parallel betrieb er damals auch noch eine Event-Firma in Stuttgart, die Zelte, Biertischgarnituren, Hüpfburgen und mehr zum Ausleihen anbot.
Anfang 2017 klar gemacht
„Anfang 2017 habe ich dann schon den Volksfestplatz in Bad Mergentheim für Ende 2018 klar gemacht“, so der 31-Jährige, der viele Bauchentscheidungen trifft und damit „bislang auch gut gefahren“ sei. Die Finanzen habe er zudem immer fest im Blick. „Eineinhalb Jahre liefen die Vorbereitungen bis zur ersten Premiere und ich war damals super nervös – und auch heute bin ich wieder super nervös, denn an einer Großveranstaltung hängt sehr viel dran. Ich bin zudem sehr selbstkritisch und denke immer wieder über Verbesserungen nach. Ebenso müssen die Marketingmaßnahmen zielführend sein, schließlich wollen wir möglichst viele Leute erreichen und als Gäste begrüßen und begeistern. Wir arbeiten sehr, sehr viel im Detail, gerade auch in der Werbung. Da muss ich nachher die Wirkung sehen, sonst hinterfrage ich sie.“ 2018 kamen dann 18 000 Besucher. Ein großer Erfolg.
Jetzt öffnet sich der Vorhang für den mittlerweile vierten Weihnachtscircus in Bad Mergentheim. Seit 2021 veranstaltet Bauer außerdem den „Winterzauber“ mit Eisbahn in der Kurstadt. Und er kann sich noch mehr vorstellen.
Rudi Bauer ist dankbar, dass ihm seine Zeit bei „Flic Flac“ viele Türen geöffnet hat und er „einen guten Ruf in der Branche“ genießt. So ließen sich auch für dieses Jahr wieder viele Highlights für den Zirkus verpflichten. „Über 25 000 verkaufte Karten im Vorverkauf aus einem Umkreis von rund 100 Kilometern sprechen außerdem für sich. Vergangenes Jahr hatten wir insgesamt 32 000 Besucher.“
2023 wartet „mit beeindruckender Akrobatik, halsbrecherischen Stunts, Magie und toller Show auf“. Es gebe eine super Hunde-Darbietung und die „mit Abstand beste Papageien-Nummer“, freut sich Bauer, der nur Dinge bucht, die er selbst auch gut findet. „Wir wollen die Leute überraschen und geben immer 100 Prozent. Um uns zu steigern, schauen wir immer auch auf die Resonanz der Besucher und begrüßen Reaktionen und Hinweise.“
Zirkus-Trends im Fokus
Für 2024 ist auch schon einiges eingetütet. Rudi Bauer besuchte in den vergangenen Monaten sechs Zirkus-Shows in ganz Europa und hat dabei neue Trends ausgemacht und Verträge geschlossen.
In Gesprächen ist Bauer übrigens mit der Kur- und Schlossverwaltung über ein Sommer-Event. Mit seinem „Winterzauber“-Hüttendorf könne man auch zu einer anderen Jahreszeit ein Fest bestücken, ist der 31-Jährige überzeugt. Durch die Baustelle am neuen Firmensitz in Baldersheim geht er jedoch davon aus, dass man erst 2025 etwas Neues ergänzend anbieten werde. „Denn wenn ich etwas mache, muss ich Spaß daran haben und dann mache ich es auch mit 100-prozentiger Leidenschaft!“
Info: Der „Winterzauber“ im Schlosshof ist bis 7. Januar geöffnet. Karten für den Weihnachtscircus (ebenfalls bis 7. Januar) gibt es auch im FN-Kundenforum. Die Freitagabend-Premiere ist ausverkauft, für alle anderen Vorstellungen sind noch Karten verfügbar.
Neuen Firmensitz gefunden
Seinen Wohnort und Firmensitz hat Rudi Bauer inzwischen vom Raum Stuttgart nach Aub-Baldersheim verlegt. Bauer hat dort ein riesiges Grundstück, ein ehemaliges Autohaus mit Hallen, Bürotrakt und noch einem zusätzlichen Baugrundstück erworben. „Ich wollte mich eigentlich in Bad Mergentheim ansiedeln und wir haben auch mit dem Oberbürgermeister und dem Wirtschaftsförderer die ganze Stadt auf den Kopf gestellt, aber leider nichts Passendes gefunden.“ Dann dehnte Bauer seine Suche auf die Region aus „und jetzt ist die Entscheidung gefallen“.
Er und sein Lebensgefährte („ohne ihn funktioniert es nicht“), der aus einer Schausteller-Familie stammt, arbeiten in diesen Tagen gewissermaßen rund um die Uhr, damit die beiden Großveranstaltungen in Bad Mergentheim erfolgreich laufen. Über 100 „Freelancer“ werden zusätzlich in der Hauptsaison beschäftigt. Sie arbeiten projektbezogen und ziehen danach weiter. sabix
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