Nach der Schließung vor gut einem Jahr

Bad Mergentheim: Gute und schlechte Nachrichten zu geschlossener Arztpraxis

Auch wenn die Schließung der drei mit Medicas zusammenarbeitenden Praxen schon eine Weile her ist, sind die Nachwirkungen noch immer spürbar. Nachdem sich ein Problem gelöst hat, bleibt ein anderes bestehen

Von 
Simon Retzbach
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In diesen Räumlichkeiten direkt am Bahnhofsvorplatz war eine der drei Arztpraxen, die im Zuge der Insolvenz des Dienstleisters Medicas abrupt schließen musste. Auf Mietzahlungen wartet der Eigentümer bis heute. © Simon Retzbach

Bad Mergentheim. Es war ein klassischer Fall von „Nicht gesucht und trotzdem gefunden“. Im Rahmen einer Recherche zu den Patientenakten berichteten die Fränkischen Nachrichten im vergangenen November darüber, wie ehemalige Patienten von einer der geschlossenen Praxen nicht an ihre Unterlagen kommen. Es zeigte sich: Diese zu finden und den Patienten zugänglich zu machen, ist gar nicht so leicht.

Doch im Rahmen dieser Recherche tat sich zufällig ein weiteres Thema auf. Denn wie Manuel Schülein, Geschäftsführer der Agrargenossenschaft Bageno, bestätigte, stehen für die Räumlichkeiten einer Arztpraxis noch Mietzahlungen aus. Dabei geht es um Räume im Gebäude am Bahnhofsplatz. Diese hatte die Agrargenossenschaft als Eigentümer des Gebäudes vermietet.

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„Im Januar 2023 war die letzte Zahlung“ erinnert sich Schülein. Bis zur Auflösung des Vertrages zur Jahresmitte 2023 entstand so eine „fünfstellige Summe“, welche die Medicas als Mieter der Räume der Agrargenossenschaft noch schuldig ist. Man habe zwar noch gewisse Summen durch den Verkauf von Mobiliar erlösen können, das sei jedoch nur „ein Tropfen auf den heißen Stein“.

Wie stehen die Chancen, dass diese Schulden noch beglichen werden? Insolvenzverwalter Henrik Schmoll wollte sich auf Nachfrage nicht zu den Vorgängen äußern, verwies auf den grundsätzlich nicht-öffentlichen Vorgang eines Insolvenzverfahrens.

Im vergangenen April sah das noch ein bisschen anders aus. Hier ließ er, angesprochen auf den Stand der Dinge und entsprechende Forderungen an Medicas verlauten, dass wohl nichts mehr zu holen sei. Es gebe zu viele „andere, große und vorrangige Forderungen“ gegenüber Medicas.

Neue Erkenntnisse bei den Patientenakten

Doch in Sachen Patientenakten kam im Zuge der erneuten Recherchen nun Bewegung. Denn eines ist klar: Die Räume sind neu vermietet. Sofern die Patientenakten aus der damaligen Arztpraxis in physischer Form noch vor Ort waren, müssen diese nun verräumt und zugänglich sein.

Hierzu fragten die FN erneut bei der Landesärztekammer Baden-Württemberg an. Diese hatte sich damals mit allgemein gehaltenen Formulierungen für unzuständig erklärt und den Arzt in die Verantwortung genommen. Sie stünden bei „erschwertem Zugriff auf Patientendaten unterstützend zur Verfügung“, so die Antwort damals. Konkrete Maßnahmen wurden damals jedoch nicht genannt.

Die unklare Zuständigkeit und der tatsächlich erschwerte Zugang zu Patientenakten trieb kuriose Blüten. „Leute stehen bei uns im Markt und fragen nach den Akten“, erzählte Bageno-Geschäftsführer Schülein damals.

Es besteht eine „Bereitschaft“ zur Herausgabe

Nun verkündete die Landesärztekammer eine Lösung hinsichtlich des Aktenzugangs. „Die Bezirksärztekammer Nordwürttemberg, die regional für Bad Mergentheim zuständig ist, hat bereits mit zwei ehemaligen Praxisinhabern der betroffenen Praxen vereinbart, dass die Ärztinnen und Ärzte bei entsprechenden Anfragen von Patientinnen und Patienten die Unterlagen als Kopien herausgeben“, erklärte ein Sprecher. Ähnliche Absprachen mit einer weiteren Praxis würden derzeit getroffen, auch hier bestehe „grundsätzlich Bereitschaft“ des ehemaligen Praxisinhabers, der Pflicht zur Herausgabe der Unterlagen nachzukommen.

Klare Regelung, wer für die Aufzeichnungen zuständig ist

Denn diese Pflicht ist in der Berufsordnung für Ärzte klar geregelt. Demnach sind ärztliche Aufzeichnungen für die Dauer von zehn Jahren nach Abschluss der Behandlung aufzubewahren, soweit nicht nach gesetzlichen Vorschriften sogar eine noch längere Aufbewahrungspflicht besteht.

Nach Aufgabe ihrer Praxis haben Ärzte ihre ärztlichen Aufzeichnungen und Untersuchungsbefunde „aufzubewahren oder dafür Sorge zu tragen, dass sie in gehörige Obhut gegeben werden“.

„Patienten, die keine Möglichkeit sehen, an ihre Akten zu kommen, können sich direkt an die Bezirksärztekammer Nordwürttemberg wenden, die ihrerseits die Anfragen an die ehemaligen Praxisinhaber weiterleiten und um Erledigung bitten wird“, teilte der Sprecher weiter mit. Man könne jedoch niemanden zur Herausgabe der Unterlagen zwingen, eine solche Möglichkeit sieht das Berufsrecht für Ärzte nicht vor.

Redaktion

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