Interview mit Oberbürgermeister Udo Glatthaar

Bad Mergentheim: Große Umbauten in der Innenstadt stehen an

Projekte rund um die Landesgartenschau 2034 und die Stadtentwicklung sowie die finanzielle Situation der Stadt waren Themen im FN-Interview mit OB Glatthaar.

Von 
Sascha Bickel
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Oberbürgermeister Udo Glatthaar stellte sich den Fragen der Fränkischen Nachrichten in einem großen Interview mit dem stellvertretenden Reporter-Chef Sascha Bickel (rechts). © Carsten Müller

Bad Mergentheim. Die Pläne und Projekte rund um die Landesgartenschau 2034 und zur Stadtentwicklung, die daraus folgenden Baustellen, dazu die finanzielle Situation der Stadt und vieles mehr – unter anderem Verkehrs-, Parkplatz- und Schul-Themen – griffen die Fränkischen Nachrichten im großen Interview mit Oberbürgermeister Udo Glatthaar auf.

Die Landesgartenschau ist 2034 in Bad Mergentheim. Es gibt noch viel zu tun und vorzubereiten. Ist alles was wichtig ist für diese Großveranstaltung - mit ihren erhofften, mehreren hunderttausend Besuchern - fertig bis Ende 2033?

Oberbürgermeister Udo Glatthaar: Es ist mein dringender Wunsch und unser gemeinsamer Anspruch, dass wir die großen Projekte alle verwirklichen bis 2033. Wobei die Frage, was groß und wichtig ist, und was man vielleicht auch nach der LGS noch verwirklichen könnte, mit den zuständigen Gremien immer wieder reflektiert wird. Aber trotz der Verzögerungen durch die Corona-Pandemie und die wirtschaftlichen Folgen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine bin ich zuversichtlich, dass wir es gemeinsam schaffen, unsere Stadt optimal auf die Landesgartenschau 2034 vorzubereiten.

Ich bin außerdem zuversichtlich, dass wir gemeinsam mit dem Gemeinderat jetzt unsere Zeitschiene des Rahmenplans präzisieren, um die großen Umbauten in der Innenstadt – Marktplatz, Burgstraße, Deutschordenplatz und Hans-Heinrich-Ehrler-Platz – in den nächsten Jahren umsetzen zu können. Dabei geht es nicht nur darum, die Oberfläche zu verschönern. Wir müssen das bis zu 100 Jahre alte Wasserkanalnetz modernisieren und Glasfaser- sowie Fernwärmeleitungen einbauen. Gekrönt wird das dann mit einer ansprechenden neuen Pflasterung, mehr Grün und erlebbarem Wasser.

Wir haben jetzt noch knapp 8,5 Jahre Zeit für große Baustellen im Zentrum, ehe die Besucherströme erwartet werden. Können Sie verstehen, dass es Zweifel daran gibt, dass dies alles noch vorher fertig wird, was Sie gerade eben aufgezählt haben?

Glatthaar: Ich verstehe die Ungeduld der Menschen, doch wir kriegen das hin. Halten wir fest, dass wir den Gänsmarkt gerade in 15 Monaten zügig durchgebaut haben. Die Wettbewerbsbetreuung für die genannten weiteren Plätze beauftragen wir noch diesen Monat. Starten wird das Wettbewerbsverfahren Altstadtplätze dann im Herbst oder spätestens zum Jahresende.

Parallel geht es auch mit dem „Grünen Boulevard“ in der Igersheimer Straße weiter. Auch hier laufen die Planungen, wie die ehemalige Bundesstraße zwischen Stadtkloster und Schwimmbad-Kreuzung aufgewertet und umgestaltet werden kann.

Schon 2012 hatten wir ein Sanierungsprogramm für den Marktplatz und die Burgstraße (damals mit grauem Granit) entwickelt und haben es nicht gestartet, weil es nur wenige Zuschüsse gegeben hätte und andere Themen drängten, Stichworte Turnhallen, Stadtgarten und kaputte Straßen.

Jetzt haben wir den Rückenwind der Landesgartenschau und werden den Bereich Burgstraße und Marktplatz in mehreren Bauabschnitten endlich angehen. Wir werden dabei den Kunden- und Lieferverkehr sowie den Stadtbus bedenken, werden es hier aber wohl einfacher haben als am Gänsmarkt, bei dem es einen sehr starken Eingriff in die innerstädtische Verkehrsführung und zeitintensive vorgeschaltete Test-Provisorien gab.

2026 wird in vielen Bereichen ein Planungsjahr, aber den Ledermarkt und eventuell auch die kleine Kirchstraße bis vor zum Marktplatz wollen wir im kommenden Jahr sanieren. Hier wird also schon bald die ansprechende Gestaltung des Gänsmarkts in die weitere Altstadt hinein fortgesetzt.

Soll also das am Gänsmarkt verwendete Pflaster auch weiterhin in der Innenstadt verbaut werden?

Glatthaar: Das ist unser Ziel. Der Gemeinderat muss es entscheiden. Für den neuen Gänsmarkt werden wir bundesweit bewundert. Und wir streben schließlich ein einheitliches Bild in der Altstadt an, wozu sich die großen, hellen Muschelkalksteine sehr gut eignen. Wir wollen eine ebene, barrierearme Oberfläche und damit die viel kritisierten Sturzgefahren auf dem alten, roten Porphyr-Pflaster beseitigen.

Das alles muss auch bezahlt werden. Millionen werden benötigt. Wie steht es aus Ihrer Sicht um die städtischen Finanzen?

Glatthaar: Wir können nur machen, was wir uns finanziell leisten können. Dabei haben wir das Glück, durch die Landesgartenschau und die vom Land zugesprochene Stadtsanierung zwei große Hebel für Fördergelder in der Hand zu halten. Wir haben zudem in den vergangenen 14 Jahren gut gewirtschaftet. Andere Kommunen beneiden uns um unsere Möglichkeiten, trotz eines schwierigen gesamtwirtschaftlichen Umfeldes kontinuierlich zu investieren.

Welche Vorhaben müssen zudem bis Ende 2033 noch fertig werden?

Glatthaar: An den Bahnhofplatz gehen wir auch noch ran. Dann gibt es noch eine riesige Aufwertung mit den Wachbach-Terrassen auf der gegenüberliegenden Seite der Bahnlinie, hinter dem Mittelstandszentrum, und dem sich anschließenden neuen Wohnquartier auf dem ehemaligen Sägewerksareal an den Gleisen. Es soll eine bessere Verknüpfung der Herrenwiesen mit der Innenstadt geben. Genauso mit der Zukunftsstadt im Auenland, auf der anderen Seite. Hier wird auch der neue Vollsortimenter zum Einkaufen kommen. Dann gibt es den erwähnten „Grünen Boulevard“ zwischen Stadtkloster und Schwimmbad-Kreuzung, die vielleicht zum Kreisverkehr wird. Und unser Bauamt kümmert sich auch um ökologische Themen, das Wasser-Management, den Ausbau von Zisternen und Rückhaltebecken, das Klimaschutzkonzept insgesamt. Da sieht die Öffentlichkeit nicht viel, es passiert aber viel. Dazu kommt noch der Hochwasserschutz an der Tauber zusammen mit dem Land.

Mit der Kurverwaltung und den Staatlichen Schlössern und Gärten (SSG) gibt es Absprachen, wie es im Kur- und Schlosspark weitergehen soll. Die Wandelhalle wird gerade für 20 Millionen Euro saniert, der Kurpark aufgewertet und das Parkpflegewerk im Schlosspark soll vorangetrieben werden, so dass auch hier bis 2034 noch einiges passiert. Es gibt viele Projekte weit über die Altstadt hinaus. Auch in unseren Stadtteilen gibt es diverse Projekte.

Viele Beteiligte sind also dabei, die Stadt für die Landesgartenschau zu rüsten?

Glatthaar: Ja, das ist so. Das Stadtsanierungsprogramm hat eine Revitalisierung ausgelöst, private Investoren stecken Geld in ihre Häuser und modernisieren sie, das ist richtig gut. Mir gibt das Zuversicht. Bad Mergentheim hat Anziehungskraft. Das zeigen auch die Unternehmensanfragen bei unserer Wirtschaftsförderung.

Im „Auenland III“ sind inzwischen fast alle Bauplätze verkauft. Wir werden somit 2026 und 2027 massives Bauen im Auenland erleben, gerade bei den mehrgeschossigen Bauten. Der dringend benötigte Wohnraum wird geschaffen. Wir werden uns weiter mit dem Thema Wohnraum oder einem Neubaugebiet für die Kernstadt beschäftigen müssen. Die Innere Au ist in Planung für verdichtetes Wohnen, dazu das Herrenwiesen-Quartier und es gibt die neue Idee „Wohnen am Park“, wo sich mit dem Boulevard neue Flächen für die Stadtplanung ergeben. Wir müssen hier auch weiter am Ball bleiben. Bad Mergentheim wächst in allen Altersgruppen und wir haben uns verjüngt. Das ist eine in der Region Heilbronn-Franken außergewöhnliche und für uns gute Entwicklung.

In den Stadtteilen soll es ebenfalls Aufwertungen geben, wir denken aber darüber hinaus, momentan bis 2040, mit einer strukturierten Stadtentwicklung.

Das Stadtsanierungsprogramm dauert sicher bis 2035. Ohne Landesgartenschau hätten wir auch dieses große Förderprogramm wohl nicht bekommen. Der große Kompass mit der Landesgartenschau hilft uns, die Stadtentwicklung entscheidend voranzubringen. Wenn die Programme auslaufen, dann ist es mit den großen Fördertöpfen erstmal wieder vorbei.

Sie rufen also alle auf, jetzt mit einsteigen, weil die Türen aktuell weit offen stehen, sich die Zeitfenster für große Zuschüsse aber auch wieder schließen?

Glatthaar: Die Türen stehen gut zehn Jahre auf. Das muss allen klar sein. Rund 60 private Projekte haben wir bereits in der Innenstadt angestoßen. Es lohnt sich, aktiv zu werden.

Schauen Sie nach Öhringen, Schwäbisch Gmünd oder Wangen im Allgäu – dank der Stadtsanierung und einem riesigen privaten Invest haben diese Städte echte Fortschritte erzielt und sich stark entwickelt – diese Chance haben wir jetzt auch, da darf man sich freuen und es gilt, die Ärmel hochzukrempeln.

Aber der einst anvisierte Stadtstrand an der Tauber ist Geschichte? Das Thema ist abgehakt, oder?

Glatthaar: Es gab unterschiedliche Vorstellungen: Die einen dachten nur an eine Liegewiese an der Tauber mit ein bisschen Sand, die anderen an eine Bar mit Sitzgelegenheiten und Musik. Nachdem auch Anwohner-Sorgen laut wurden, haben wir umgedacht und die urbaner gestalteten Wachbach-Terrassen hinter dem Mittelstandszentrum als perfekten Platz und Treffpunkt, möglicherweise mit einem Café, identifiziert. Befestigte Anlagen sind am neu erlebbaren Wachbach geplant.

Anders ist es entlang der Tauber und des Mühlkanals. Hier geht es um Hochwasserschutz und Nah-Erholung und eben nicht um eine „Partyfläche“. Die Tauber soll punktuell zugänglich und naturnah erlebbar werden. Wir kriegen also beides hin.

An den Wachbach-Terrassen ist auch ein neues Jugendhaus denkbar, hört man.

Glatthaar: Ja, dort könnte auch ein neues Jugendhaus entstehen, weil das bestehende „Marabu“ gerade auch mit seinem Umfeld nicht mehr optimal ist. Hier kann man draußen nicht mal Basketball spielen, weil das Areal so uneben ist. Der Gemeinderat hat die Idee für eine neue Neukonzeption angestoßen, das freut mich. Ich bin übrigens überzeugt, dass es ein Jugendhaus braucht und die Landesgartenschau gerade für junge Menschen und Familien viele Verbesserungen bringt. Ziel ist eine Art Jugendzentrum mit attraktiven und modernen Außenanlagen zum Aktivsein drumherum. In unserem Jugendworkshop, den wir zum Urbanen Quartier gemacht haben, kam beispielsweise der Wunsch nach einer großen Kletterwand auf.

Was ist mit der Aussichtsplattform am Ketterberg und weiteren Ideen aus der Landesgartenschau-Bewerbung?

Glatthaar: Ich hoffe, dass unser „Waldbogen“ kommt, weil es eine gute Idee ist. Studierende haben dazu spannende Vorschläge ausgearbeitet, wie sich das naturnah und harmonisch in die Gesamt-Instandsetzung des Ketterbergs einfügen könnte. Die Seilbahn dort hoch wurde hingegen von uns – gerade weil diese Idee so polarisierte – bewusst aus der Konzeption herausgenommen und zum Investoren-Projekt erklärt. Das heißt, die Stadt macht das nicht, aber ein Investor könnte es machen.

Aber ein potenzieller Investor hat sich noch nicht gemeldet?

Glatthaar: Ich würde es mal anders sagen: Wir haben noch gar nicht groß gefragt und gesucht.

Einen Schub aus der Wirtschaft der Region erhoffe ich mir aber schon, je konkreter es auf die Landesgartenschau zugeht. Da könnte noch das eine oder andere Projekt gesponsert werden – und die Verantwortlichen wissen das auch, dass wir alsbald fragen werden.

Die Fortsetzung des Interviews mit OB Glatthaar ist ab Freitagnachmittag online lesbar.

So könnte einmal der Blick von der Aussichtsplattform am Ketterberg auf Bad Mergentheim sein. © Stadt Bad Mergentheim

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Redaktion Stellvertretender Reporter-Chef; hauptsächlich zuständig für die Große Kreisstadt Bad Mergentheim

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