Notfallversorgung

Bad Mergentheim: Freiwillige Feuerwehr rettete 45 Menschen

Auf 419 Einsätze kam die Freiwillige Feuerwehr Bad Mergentheim im vergangenen Jahr - ein neuer Rekord. Es gab zahlreiche Brände, Unfälle und auch Fehlalarme.

Von 
Sascha Bickel
Lesedauer: 
Die Freiwillige Feuerwehr Bad Mergentheim vermeldet für 2024 einen neuen Einsatzrekord. © Barbara Kurz

Bad Mergentheim. Die Freiwillige Feuerwehr Bad Mergentheim verzeichnete im vergangenen Jahr einen beeindruckenden Rekord mit insgesamt 419 Einsätzen. Zahlreiche Unfälle, Brände, Notfall-Türöffnungen und auch Fehlalarme, aber auch Großschadensereignisse wie die Überflutungen nach dem Starkregen Anfang Juni waren zu bewältigen.

Stolz berichtet Stadtkommandant Christian Schulz den FN von den starken Leistungen seiner Truppe, die aktuell aus 805 Mitgliedern besteht, darunter 479 aktive Einsatzkräfte, 182 Jugendfeuerwehrleute, 122 Mitglieder in der Altersabteilung und 22 im Spielmannszug Markelsheim. Durch die große Jugendwehr gebe es zum Glück immer wieder Übertritte in den Bereich der Aktiven und so würden laut Schulz Abgänge in die Altersabteilung und Austritte gut kompensiert. Um die Zukunft der Feuerwehr in der Kurstadt und ihren Stadtteilen sei es ihm deshalb nicht bange.

Steigende Einsatzbelastung: Bis zu acht Einsätze pro Tag

Sorgen macht sich der Stadtkommandant aber über die steigende Einsatzbelastung. Die Ehrenamtlichen leisteten an Spitzentagen manchmal bis zu vier Einsätze und in einem Extremfall sogar mal acht – was eine enorme Herausforderung darstelle. Er dankt deshalb ausdrücklich seinen weiblichen und männlichen Kameraden, deren Familien, den Arbeitgebern und der Stadt für die Bereitschaft und Unterstützung, um den so wichtigen Betrieb der Feuerwehr auf dieser Basis aufrechtzuerhalten. Hauptamtliche Kräfte sind neben dem Stadtkommandanten und Leiter der Feuerwehr nur der stellvertretende Sachgebietsleiter mit einer 50-Prozent-Stelle und zu 50 Prozent der Brandschutzbeauftragte, eine Verwaltungsfachkraft und zwei Gerätewarte. Hinzu kommt noch eine Bundesfreiwilligendienstleistende (Bufdi). Da es regelmäßig Anfragen gebe, könne man hier jeweils für zwölf Monate einen Platz bereitstellen, ist Christian Schulz froh.

Die 419 Einsätze des vergangenen Jahres setzen sich aus 52 Bränden in der Kernstadt und den Stadtteilen sowie 16 Überlandeinsätzen mit Brandbekämpfung zusammen. 175-mal stand die Technische Hilfeleistung im Mittelpunkt, dies waren also Verkehrsunfälle, aber auch Türöffnungen in Notfällen. Hier schlagen noch acht Überlandeinsätze zu Buche. Weiter wurden 142 Fehlalarme (Auslösung von automatischen Brandmeldeanlagen) in Kliniken, Firmen und öffentlichen Gebäuden registriert. „Das klingt zwar viel, ist es aus meiner 20-jährigen Berufserfahrung heraus aber nicht“, so Schulz, wenn man sich die Gesamtzahl der Brandmeldeanlagen in der Stadt anschaue. Staub bei Bauarbeiten sei oftmals ein Grund für die Fehlalarmierungen. Nur zwei Mal steckte böser Wille dahinter.

Starkregen im Juni 2024: “Es regnete aus Eimern“

Hinzu kommen in der Statistik einige „Sonstige Einsätze“, zum Beispiel Sicherheitswachdienste bei Großveranstaltungen wie Annotopia oder „Live im Schloss“. Bei einer Glatteis-Lage wie vor wenigen Wochen stehe die Feuerwehr ebenso bereit, um im Notfall den voll ausgelasteten DRK-Rettungsdienst zu unterstützen, betont Schulz noch, ehe er auf die Starkregen-Fälle in Markelsheim, Rot und Herbsthausen im Juni 2024 zu sprechen kommt, „als es aus Eimern regnete und Überflutungen die Folge waren“. Schwere Unfälle mit Toten und der schwierige Dachstuhlbrand in Markelsheim Anfang September waren ebenso 2024 abzuarbeiten. Der knapp zehnstündige Einsatz der Feuerwehr ging erst nach Mitternacht zu Ende. „Es war sehr anstrengend, schweißtreibend und kräftezehrend“, erinnert sich Schulz. Große Hitze, eine massive Dämmung und die lange Brandbekämpfung erforderten einen enormen Personaleinsatz.

„Insgesamt 45 Personen konnten 2024 bei Bränden und technischen Hilfeleistungen durch die Feuerwehr gerettet werden – aus Notlagen und teils gar lebensbedrohlichen Situationen“, fährt der Stadtkommandant fort und fügt nachdenklich an, dass „für 14 Personen jede Hilfe zu spät kam“, auch bei Unfällen, oft aber bei Wohnungsöffnungen, die durch besorgte Verwandte, Bekannte oder Nachbarn sowie die Polizei veranlasst wurden.

Mehr zum Thema

Großflächiger Stromausfall

Bad Mergentheim: Blackout ruft Feuerwehr auf den Plan

Veröffentlicht
Von
Sascha Bickel
Mehr erfahren
Energieversorgung

Bad Mergentheim: Marder sorgt für einen großen Stromausfall

Veröffentlicht
Von
Sascha Bickel
Mehr erfahren
Kultur

Bad Mergentheim verliert einen kulturellen Leuchtturm

Veröffentlicht
Von
Sascha Bickel
Mehr erfahren

Freiwilliger Feuerwehrdienst ist ein Ehrenamt - doch dafür ist auch Verständnis seitens der Arbeitgeber nötig

Allein in Bad Mergentheim wurden bei den 419 Einsätzen in 2024 insgesamt 9702 Arbeitsstunden geleistet – „eine riesige Anzahl“. Schulz sagt weiter: „Wir sind die größte Feuerwehr des Landkreises, aber es wird langsam grenzwertig dies alles im Ehrenamt zu leisten. Wenn ein Mitglied der Feuerwehr mehrfach am Tag seinen Arbeitsplatz verlässt, um mit auszurücken, oder bereits morgens vor der Arbeit aktiv ist, tagsüber noch einmal und abends wieder, dann braucht es ganz viel Kraft und Verständnis, gerade auch bei den Arbeitgebern für diesen Dienst an der Gesellschaft.“ Wenn man vor Ort eine Berufsfeuerwehr aufbauen wollte, schweift Schulz kurz ab, so würde dies allein Personalkosten im Millionenbereich mit sich bringen, weil ja rund um die Uhr Kräfte im Schichtbetrieb vorgehalten werden müssten. „Schätzen wir also alle die Arbeit unserer Ehrenamtlichen!“

Wurden 2024 die Fertigstellung des Feuerwehrhauses Wachbach gefeiert sowie der Wechsel an der Feuerwehrspitze mit der Verabschiedung von Karl-Heinz Barth und noch die Einführung des digitalen Einsatzstellenfunks vollzogen, so stehen 2025 neue Herausforderungen an, wie die digitale Alarmierung und die Umstellung auf digitale Funkmeldeempfänger, Investitionen in neue Fahrzeuge, Ausrüstung und Infrastruktur.

„Klein, schnell und wendig“

Investiert wird zur Freude der Feuerwehr in ein neues Gerätehaus in Stuppach, darüber hinaus freut man sich über neue Fahrzeuge: zum Beispiel das Mittlere Löschfahrzeug (MLF) für die Abteilung Kernstadt. Es wird den Vorausrüstwagen ersetzen, und ist „klein, schnell und wendig“. Es dient als Erstausrücker bei technischen Hilfeleistungen, ist besetzt mit sechs Personen, also einer Staffel – und das Ziel lautet: „Schnell raus, denn jede Minute zählt.“

Dann steht ein zusätzliches Wechselladerfahrzeug auf dem Plan, also ein weiteres Trägerfahrzeug. Neu beschafft werden soll auch ein Abrollbehälter „Wasser“ als Ersatz. Bislang gibt es einmal 10.000 Liter Wasser, 8000 Liter, und einen kombinierten Behälter mit 5000 Litern Wasser und Schaum. „Der 8000er hat keinen TÜV mehr bekommen und wird ausgetauscht“, so Schulz.

Geplant ist auch eine neue Kalt-Halle mit drei Boxen gegenüber der alten Fahrzeughalle vor der Hauptfeuerwache in Bad Mergentheim. Ein Teil vom Hof werde geopfert um ein abschließbares Zentrallager und Garagen für Abrollbehälter sowie Anhänger zu ermöglichen. 2026 hofft man noch auf einen neuen Mannschaftstransportwagen für Stuppach und die Ersatzbeschaffung des Löschfahrzeuges 10 für die Abteilung „Kernstadt“.

Stadtkommandant Christian Schulz. © Sascha Bickel

Feuerwehr der Kurstadt

Die Feuerwehr Bad Mergentheim ist natürlich nicht nur lokal aktiv, sondern auch Teil der Gesamtgefahrenabwehr des Landkreises . Sie beteiligt sich an der Vegetationsbrand-Bekämpfungseinheit (Wald- und Flächenbrände) und am Gefahrgutzug. Spezialisierte Fachgruppen wie die Technische Einsatzleitung, beim Umweltschutz oder zur Absturzsicherung tragen zudem zur effizienten Einsatzbewältigung bei. Auch gibt es eine Fachgruppe „Bevölkerungswarnung“ mit mobilen Sirenen auf Fahrzeugen.

Mit Blick auf die Überlandhilfen begrüßt Stadtkommandant Schulz, dass Lauda eine neue Drehleiter erhält und damit auch die Feuerwehr Bad Mergentheim entlastet. Dies sei eine deutliche Aufwertung für den Landkreis insgesamt, der bislang nur über vier Drehleitern in Wertheim, Tauberbischofsheim, Bad Mergentheim und Weikersheim verfügt und bald eben noch eine fünfte in Bereitschaft hat.

Die digitale Alarmierung erfolgt künftig über neue Geräte. In Bad Mergentheim sind allein 520 (mit kleiner Reserve) zur Verteilung vorgesehen. Dazu gesellt sich laut Schulz ein riesiger Aufwand, weil man nun die Alarmschleifen abändern muss. Die ganze Feuerwehr mit allen Abteilungen werde neu hinterlegt, mit Einsatz-Stichworten, Alarmierungskette, Manpower, Fahrzeugen - eine mehrmonatige Arbeit um bis auf die letzte Frau alles zu klären und im System zu hinterlegen. Hier stecke ein großer administrativer Aufwand drin.

2025 wird auch der Feuerwehrbedarfsplan fortgeschrieben und ein neues Verwaltungsprogramm zur Stammdatenpflege zur Dokumentation und Einsatzabrechnung, Verwaltung der Technik, mit Prüffristen, Führerscheinen, Schulungen etc. eingeführt.

Redaktion Stellvertretender Reporter-Chef; hauptsächlich zuständig für die Große Kreisstadt Bad Mergentheim

Copyright © 2025 Fränkische Nachrichten

VG WORT Zählmarke