Kultur

Bad Mergentheim verliert einen kulturellen Leuchtturm

Die Zeit der Museumskonzerte im Schloss in Bad Mergentheim geht zu Ende, nach über 50 Jahren, über 350 Veranstaltungen und gut 45.000 Besuchern.

Von 
Sascha Bickel
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Über 50 Jahre gab es Museumskonzerte im Deutschordensschloss in Bad Mergentheim. Dieses Jahr sollen nur noch zwei stattfinden, dann stellt der Verein Deutschordensmuseum sein Engagement auf diesem Gebiet ein. © Barbara Kurz

Bad Mergentheim. Es begann am 10. Dezember 1972 und daraus entwickelte sich eine Konzertreihe, die ihresgleichen sucht, die längst ein kultureller Leuchtturm in Bad Mergentheim ist. Doch nach 53 Jahren soll nun im Sommer Schluss sein. Am 1. Juni gibt es den Abschiedsabend der „Museumskonzerte“ im Deutschordensschloss.

Die Fränkischen Nachrichten sprachen mit Gernot-Uwe Dziallas über die Hintergründe, die Anfänge und die Entwicklungen, die zum Ende führen.

„Leider geht ein - wie wir meinen - hochwertiges Kulturangebot in der Stadt Bad Mergentheim verloren“, äußert sich Dziallas namens des Vereins „Deutschordensmuseum e.V.“ betroffen. Die „Museumskonzerte im Schloss“ wurden zuletzt in Zusammenarbeit mit den Staatlichen Schlössern und Gärten (SSG) Baden-Württemberg und der Stadt Bad Mergentheim veranstaltet. Hochkarätige Klassik stand im Mittelpunkt. Regelmäßig waren Konzerte mit international ausgezeichneten Klassikstars im Roten Saal oder im Kapitelsaal des Residenzschlosses zu hören und gewissermaßen ein Muss für jeden Klassik-Fan oder denjenigen, der es noch werden wollte.

1972 fing es an und in über 50 Jahren kamen gut 45.000 Besucher zu den über 350 Konzertveranstaltungen, erklärt Dziallas: „Es waren immer 120 bis 150 Besucher pro Konzert, je nach Interpreten und Jahreszeit.“ Dziallas selbst ist seit über 30 Jahren Vorsitzender des Museumsvereins und stellte sein Amt in der Hauptversammlung im Juni vergangenen Jahres zur Verfügung. Einen Nachfolger gibt es bislang nicht, so dass er kommissarisch weiter aktiv ist.

In Erinnerung an den Gründer Erhard Rommel

Am 1. März wird nun die amerikanische Pianistin Claire Huangci ihr aktuelles Album im Rahmen des nächsten Museumskonzertes vorstellen, ehe das Klaviertrio Trips, Fritz und Nöbauer – alle drei jungen Musiker sind Preisträger zahlreicher renommierter Wettbewerbe – in Erinnerung an Erhard Rommel, den Gründer der Museumskonzerte, am 1. Juni mit einem Programm aus Klassik und Moderne den Abschiedsabend gestalten soll. Das Trio setzt sich zusammen aus Leonie Trips (spielt Viola; sie ist die Enkelin Erhard Rommels), aus der österreichischen Cellistin Valerie Fritz und dem ebenfalls aus Österreich stammenden Pianisten Martin Nöbauer. So berichtet es Dziallas den FN und fügt hoffnungsvoll an: „Als jahrzehntelanger Veranstalter wünschen wir uns, dass mit diesem letzten Konzertabend unsere langjährig treuen Abonnenten, Freunde und Gönner die Museumskonzerte in guter Erinnerung behalten werden.“

Doch was sind die Gründe für das Aus? Dziallas sagt: „Durch Corona mussten mehrere Konzerte ausfallen, danach blieben die Besucherzahlen längere Zeit recht verhalten. Auch die zwischenzeitlich um Bad Mergentheim stattfindenden zahlreichen konkurrierenden Veranstaltungen ließen die Besucherzahlen leider zurückgehen.“ Weiter ergänzt er: „Wir bedauern die Entwicklung sehr, denn mit unserem langjährigen künstlerischen Leiter Christoph Böhmke hatte der Verein einen hervorragenden Fachmann mit besten Kontakten in der Musikszene.“ Leider verliere Bad Mergentheim „ein hochwertiges Kulturangebot“.

Welche Einflüsse hatten die Veränderungen im Schloss? Dazu Dziallas: „War bezüglich der Konzertveranstaltungen nicht nur die Stadt, sondern auch die ehemalige Museums-GmbH zur engen, unterstützenden Zusammenarbeit bereit, so beschränkt sich die Unterstützung seitens der SSG lediglich auf ein finanzielles Entgegenkommen bei der Saalmiete. Die Unkostenforderungen inklusive Personalkosten von 45 Euro pro Stunde beliefen sich pro Konzert auf über 600 Euro. Diese hohen Ausgaben sieht der Vereinsvorstand auf Dauer gegenüber den Mitgliedern als nicht mehr vertretbar an“, zumal die Arbeit rund um die Konzerte von den Vereinsmitgliedern ehrenamtlich erbracht wurde. Hinzu komme das erst jüngst ausgesprochene Nutzungsverbot der Küche (für die Verpflegung der Gäste) aus Brandschutzgründen.

Besprechungs- und Lagerraum im Schloss sind gekündigt worden

Dziallas erinnert sich: „Der Verein war über 60 Jahre als Träger des Museums immer in einem Raum des Hochschlosses ‚beheimatet‘, mit Ausnahme der Umbau- und Renovierungsphase vor Jahrzehnten. Auch nach der Gründung der GmbH hat der Verein als Mitgesellschafter das Museum durch diverse Ankäufe, Konzerte und Vortragsveranstaltungen gefördert.“ Nun sei der Verein „Deutschordensmuseum“ 2024 auch aufgefordert worden, die Ausstellung der historischen „Schlacht bei Herbsthausen“ aus dem Museum zu entfernen. „Dank der Firma Würth Industrie Service in Bad Mergentheim und Herrn Armin Rother konnten wir diese Ausstellung in Räumen des Würth-Gästehauses wieder aufbauen und den Gästen zugänglich machen“, so Dziallas. Und er fährt fort: „Auch der Raum des Vereins im Schloss für Besprechungen des Vorstandes und des Beirates mitsamt Regalraum wurde aus Gründen des Eigenbedarfs im Herbst 2024 gekündigt und musste geräumt werden. Ein Ersatzraum wurde im Bereich Schlossgelände nur zur Miete angeboten. Diese hohen Mietkosten waren für den Verein nicht aufzubringen.“ Auch die Stadt habe trotz großer Bemühungen keine Ersatzräume gefunden und so gebe es jetzt nur eine „Behelfslösung“.

„Wir sind stolz auf die geleistete Kulturarbeit für und in unserer Stadt Bad Mergentheim“, erklärt Dziallas noch und sagt weiter: „Trotz allem werden wir uns auch künftig für ‚unser Museum‘ einsetzen und dieses nach Möglichkeit fördern.“ Dem Verein liege aber auch die Stadtgeschichte am Herzen: „Wir werden darauf nun ein größeres Augenmerk haben, ohne unser Deutschordensmuseum aus dem Auge zu verlieren.“

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Redaktion Stellvertretender Reporter-Chef; hauptsächlich zuständig für die Große Kreisstadt Bad Mergentheim

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