Bad Mergentheim. Man fühlt sich fast wie in einer Endlosschleife gefangen, so sehr ähneln sich die Bilder. Denn nachdem er zuletzt vor rund vier Monaten bereits im altehrwürdigen Saal 1 des Bad Mergentheimer Amtsgerichts stand, war ein 50-Jähriger nun schon wieder als Angeklagter geladen.
Äußerlich ist er ein unscheinbarer Typ, der Angeklagte. Doch wenn er zu reden beginnt, wird es kurios. Das war schon vor rund vier Monaten so, als er wegen eines heftigen Nachbarschaftsstreits vor Gericht stand. „Ich kann euch alle erschießen“ oder auch „Ich kenne Donald Trump und Elon Musk, habe Kontakte zu Reichsbürgern. Ich kann mich verteidigen“ – er sorgte schon damals immer wieder für erstaunte Blicke mit seinen Äußerungen.
Nun geht es um leichtfertige Geldwäsche. Mal wieder, denn auch das war erst vor Kurzem in einem Prozess am Amtsgericht Thema, als ein Bad Mergentheimer wegen des dubiosen Weiterversands von Diebesgut verurteilt wurde. Der nun angeklagte 50-Jährige soll aber noch in wesentlich größerem Stil Geld gewaschen haben. Davon ist zumindest die Anklage überzeugt. Zwischen August und November 2023 soll er in mehreren Zahlungen insgesamt rund 68.000 Euro auf sein Konto überwiesen bekommen haben, von wo aus er es dann an ausländische Krypto-Börsen weiterleitete. Es waren immer wieder hohe Summen, die auf dem Konto des Angeklagten landeten und die er – um einen Eigenanteil verringert – ins EU-Ausland weiter überwies.
„Ich habe nichts falsch gemacht, ich bin ein transparenter Händler“, weist der Mann die Vorwürfe hörbar aufgeregt zurück. Gleichzeitig will er sich vor Gericht jedoch nicht äußern, wie das Geld auf sein Konto gelangt sei. Äußern wollte er sich grundsätzlich jedoch schon, allerdings zu anderen Dingen – und vor allem: ziemlich wirr. „Es gab eine rechtswidrige Kontoschließung, das hatten wir bei den Juden auch schon. Ich bin im demokratischen Widerstand“, bricht es in schnellem Stakkato aus ihm heraus. Informationen allerdings, mit denen außer ihm selbst wohl niemand etwas anfangen kann.
Irgendwann deutet er dann doch die Herkunft der Gelder an. Es könnten Spenden an „die Basis“ gewesen sein, eine Kleinstpartei der Querdenker-Bewegung, für die sich der Mann zeitweise engagiert hatte. Immer wieder versucht Richterin Susanne Friedl, die Tatvorwürfe nachvollziehen zu können, stellt mehrere Fragen. Doch vom Angeklagten sind kaum strukturierte Antworten zu bekommen, immer wieder redet er minutenlang ohne irgendeinen erkennbaren Zusammenhang. Von Auslandserfahrungen, von Morddrohungen gegen ihn, seinen weit überdurchschnittlichen Intelligenzquotienten von 128 und seine illustren Kontakte in die deutsche und internationale Querdenker-Szene – er ist vom Gericht kaum zu bremsen.
Immer wieder komische Momente im Prozess – und doch noch ein paar Informationen
Der Prozess hat so immer wieder ungeplant komische Momente. „Ich habe einen ziemlich vollen Kopf gerade“, unterbricht sich der Angeklagte irgendwann selbst. „Das merke ich“, gibt Friedl trocken zurück. Die Hoffnung, hier strukturierte Informationen zum Tatgeschehen zu kriegen, dürften zu diesem Zeitpunkt schon nahe Null gewesen sein.
Doch ein paar Mal probiert sie es noch. Und erhält zumindest ein paar Informationen. Ein gewisser „Ethan Wilde“ und eine „Erica Carter“ sollen per Mail die Aufträge für Überweisungen an ausländische Konten gegeben haben. „Das war alles erlaubt“, ist der Angeklagte überzeugt. Gleichzeitig räumt er ein, eine Warnmeldung seiner Bank bezüglich möglicher Geldwäsche bekommen zu haben. Dass es, wie vom Angeklagten zuvor vermutet, Spenden gewesen sein könnten, bezweifelt die Richterin, da im Überweisungszweck jeweils „Mein Geschäft...“ auftaucht.
Warum er das alles getan habe? „Soweit ich weiß, ist Deutschland kein besetztes Gebiet und der Bitcoin-Handel ist erlaubt“, erklärt der Angeklagte in seinem charakteristisch ausschweifenden Stil. Zehn Prozent der überwiesenen Summe habe er „als Gewinn“ einbehalten, erklärt er irgendwann in einem Redeschwall. Was wiederum der Vermutung über mögliche Spenden widerspricht.
Friedl wird das irgendwann zu viel. Ob er momentan psychisch erkrankt sei, fragt sie den Mann ganz direkt. „Nein, ich bin nur geistig unterzuckert“, gibt er zurück. Er habe momentan niemanden, der ihn beispielsweise bei einer Partie Schach (selbstredend ist er nach eigenen Angaben ein hervorragender Schachspieler) geistig fordere. „Sie wirken sehr verwirrt, ich bin mir unsicher bezüglich einer möglichen Schuldfähigkeit“, erklärt die Richterin laut den Sinn ihrer Frage. „Soll ich das als Witz verstehen? Keiner kann mir das Wasser reichen“, gibt der Angeklagte empört zurück. Um dann wieder, wie aus dem Nichts, zu ergänzen, dass er „keine Ahnung hat, wo das Geld herkommt“. Man wird einfach nicht so richtig schlau aus dem Mann.
Friedl ordnet eine Begutachtung des Angeklagten durch einen psychiatrischen Sachverständigen an. Für den 50-Jährigen, der sich dadurch plötzlich „bedroht“ fühlt, keine sinnvolle Maßnahme. „Ich habe keinen Gesprächsbedarf“, kündigt der ansonsten äußerst gesprächs- oder besser ‚redebereite‘ Mann an. Inwiefern er für den verursachten Schaden verantwortlich ist und ob er deshalb verurteilt werden könnte, ist derzeit völlig offen und hängt vom ärztlichen Gutachten ab.
URL dieses Artikels:
https://www.fnweb.de/orte/bad-mergentheim_artikel,-bad-mergentheim-bad-mergentheim-fast-70000-euro-schaden-und-kein-urteil-_arid,2340059.html