Zwischen Schellenhäuschen und Schwimmbad-Kreuzung

Bad Mergentheim: Entstehen auf Ex-B 19 Mehrfamilienhäuser?

In Bad Mergentheim gibt es die Idee für ein besonderes Wohnbauprojekt auf der ehemaligen Bundesstraße 19 zwischen Schellenhäuschen und Schwimmbad-Kreuzung.

Von 
Sascha Bickel
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„Wohnen am Park": Auf der momentanen Hauptverkehrsachse (links) könnten in Zukunft Mehrfamilienhäuser stehen. Die alte Igersheimer Straße (Mitte), am Lidl-Markt vorbei, würde zur neuen Stadtausfahrt ertüchtigt. © Stadt Bad Mergentheim

Bad Mergentheim. In Bad Mergentheim gibt es die Idee für ein besonderes Wohnbauprojekt auf der ehemaligen Bundesstraße 19 zwischen Schellenhäuschen und Schwimmbad-Kreuzung. Mehrfamilienhäuser könnten hier entstehen und der Verkehr auf der alten Igersheimer Straße, am Lidl-Markt vorbei, aus der Stadt hinaus geführt werden.

Noch ist es nur eine Idee und eine Förderkulisse soll dazu gesichert werden. Der Gemeinderat gab für die ersten Schritte grünes Licht. Die Fränkischen Nachrichten sprachen mit Dr. Kathrin Herz, Architektin und Stadtplanerin im Stadtbauamt, über die Idee und das weitere Vorgehen.

Park-Vergrößerung war zunächst geplant

Sie erinnert daran, dass die Igersheimer Straße seit der ersten Bewerbung um die Landesgartenschau 2017 zum „Grünen Boulevard“ umgestaltet werden soll. „Zielten die bisherigen Überlegungen eher darauf ab, den Park zu vergrößern, so stellen wir verändernde Bedürfnisse und einen Bedarf an Wohnraum fest. Der Bereich zwischen Schellenhäuschen und Schwimmbad-Kreuzung erscheint uns hierfür in besonderer Weise geeignet: Aufgrund der Doppelstruktur mit der einstigen Bundesstraße und der parallel verlaufenden alten Igersheimer Straße gibt es hier viel Potenzial, das aktiviert werden kann, um zukünftigen Flächenbedarf zu decken, gleichzeitig die vorhandene Infrastruktur besser zu nutzen und die Lebensqualität zu stärken“, so Dr. Herz.

Daher habe man mit Zustimmung des Gemeinderats im Mai einen Antrag auf Projektförderung im Programm „Flächen gewinnen durch Innenentwicklung“ beim Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen gestellt. Es gehe darum, den zukünftigen Flächenbedarf durch die Nutzung bereits vorhandener innerörtlicher Flächen zu decken, anstatt neue Baugebiete am Stadtrand auszuweisen.

Dreifache Innenentwicklung: Bauen, Mobilität und Grün

„Das Areal bietet das besondere Potenzial der dreifachen Innenwicklung für eine lebenswerte und resiliente Stadtentwicklung in vorbildhafter Weise, indem es einen überdimensionierten Straßenraum für Bauen, Mobilität und Grün neu aufteilt. Möglich wird die Aktivierung des Flächenpotenzials durch den Rückbau der vorhandenen Doppelerschließung und die Rückverlegung des motorisierten Verkehrs auf den alten Verlauf der Igersheimer Straße. Mit geeigneten Gebäude- und Grundrisstypologien kann hier eine sehr hohe Wohnqualität entstehen, die sich vor allem in der besonderen Lage am Park und begründet. Weitere Standortvorteile liegen in der fußläufigen Erreichbarkeit zentraler Einrichtungen des Gemeinwohls und des täglichen Bedarfs sowie in der guten Anbindung an das überregionale Verkehrsnetz“, erklärt Dr. Herz.

Neben dem primären Ziel, der Schaffung von Wohnraum in zentraler Lage, entstehe ein neues Stadtentree mit Blickachse auf das denkmalgeschützte Schellenhäuschen des Schlossgartens. „Außerdem schafft die Bebauung nicht nur dringend benötigten Wohnraum, sondern leistet zugleich einen erheblichen Beitrag zur Verringerung der Lärmemissionen im angrenzenden Landschaftspark“, so Herz.

„Wir stehen am Anfang des Weges“

Wie viele Häuser/Wohneinheiten könnten dort möglicherweise neu entstehen und bis wann? Dazu sagt Dr. Herz: „Wir hoffen zunächst einmal überhaupt den Förderzuschlag für die Konzeptentwicklung zu bekommen. Ganz am Anfang eines solchen Weges – und da stehen wir – wären Jahreszahlen zur baulichen Umsetzung bloße Spekulation. Erfahrungswerte aus Vergleichsprojekten zeigen, dass es ca. ein- bis eineinhalb Jahre braucht, um gemeinsam mit den Bürgern, ihren politischen Vertretern, den Fachämtern und lokalen Stakeholdern ein städtebauliches Konzept zu entwickeln, in etwa genauso lange dauert ein Bebauungsplanverfahren.“

Wie viele Gebäude mit vielen Wohneinheiten genau dort entstehen könnten, müsse der Rahmenplan ausloten. „Wenn wir von viergeschossigen Baukörpern in lockerer Bauweise mit Wohnungsgrößen von ca. 30 Quadratmetern bis maximal 120 Quadratmetern ausgehen, so könnte auf der Fläche von ca. 1,3 Hektar Wohnraum für ca. 350 Menschen entstehen“, umreißt Herz die Möglichkeiten.

Erst Rahmenplan, dann Bebauungsplan

Wie ist jetzt das weitere Vorgehen? Herz: Es gelte jetzt erst einmal, die Daumen zu drücken für die Bewilligung des gestellten Förderantrages. „Wenn wir erfolgreich sind, entscheidet der Gemeinderat, ob wir die Idee ‚Wohnen im Park‘ weiterverfolgen. Mithilfe externer Planungs- und Beratungsleistung könnte ein städtebaulicher Rahmenplan entstehen. Der wiederum ist dann die Grundlage für einen Bebauungsplan, der Baurecht auf der Fläche herstellt. Aber wie gesagt, über all dies Schritte im Planungsprozess entscheidet der Gemeinderat.“

Werden die Bürger einbezogen? „Ja“, antwortet Herz. Besonders wichtig seien bei diesem Plangebiet die Ideen der Schülerinnen und Schüler, „denn die Fläche ist Teil des Schulweges vieler“. Ansonsten werde es eine Projektgruppe geben, die sich aus Vertretern aller politischen Fraktionen, des Jugendgemeinderates und der städtischen Fachämter zusammensetze. Eine Art „Werkstattverfahren“ sei denkbar. Damit habe man bei der Entwicklung des Rahmenplans für das „Urbane Gebiet Herrenwiesen Süd“ (ehemaliges Sägewerksareal) gute Erfahrungen gemacht.

Die „schärfsten Schwerter“ für die Stadterneuerung

Die FN hakten intensiver nach und fragten Dr. Kathrin Herz, Architektin und Stadtplanerin im Stadtbauamt Bad Mergentheim, wie die Stadtplaner im Rathaus arbeiten und worauf es ankommt? Herz sagte: „Die Stadtplanung in der Kernstadt hat zwei Schwerpunkte: die Stadterneuerung und die Stadtentwicklung. Bei der Stadterneuerung geht es darum, den baulichen Bestand zum Wohle der Allgemeinheit über die bloße Instandsetzung hinaus an sich verändernde Bedürfnisse anzupassen. Stadtentwicklung hingegen bezieht sich auf die langfristige räumliche, strukturelle und gesellschaftliche Entwicklung einer Stadt.“

In verschiedenen mit der Bevölkerung erarbeiteten und vom Stadtrat verabschiedeten Instrumenten der Stadtplanung wie dem Stadtentwicklungskonzept 2040, dem Rahmenplan der Landesgartenschau 2034 oder dem Sanierungsgebiet „Altstadt/ Stadtgarten“ hat die Stadt ihre Leitlinien, Themen und Handlungsschwerpunkte beschrieben, erläutert Herz: „Hieraus leiten sich verschiedene Projekte ab oder sind bereits konkret benannt, an deren Umsetzung wir arbeiten.“

„Zu unserer Aufgabe gehört es auch Förderkulissen aufzubauen. Salopp nennen wir es: ‚Fördermitteltetris‘ spielen“, so Herz. Das meine, verschiedene Fördertöpfe zu kombinieren und anzupassen, um ein Projekt zu finanzieren, ähnlich wie beim Spiel Tetris, bei dem verschiedene Teile so angeordnet werden müssen, dass sie zusammenpassen. „Wichtig ist, dass die Bedingungen und Schwerpunkte der einzelnen Förderprogramme passgenau zum Projekt passen. Und natürlich sind die Programme heißbegehrt – jede Kommune will rein, alle brauchen Zuschüsse. Nicht selten sind Bundesprogramme daher acht- oder zehnfach überbucht“, sagt Herz.

„Mit dem Zuschlag für die Landesgartenschau und der Aufnahme ins Landessanierungsprogramm hat Bad Mergentheim die beiden schärfsten Schwerter der Stadterneuerung beziehungsweise der Stadtentwicklung erhalten, die eine Kommune in Baden-Württemberg überhaupt erhalten kann“, erklärt Herz: „Es sind wirkungsmächtige Instrumente, mit denen die Umsetzung von städtebaulichen Zielen ermöglicht und finanziert werden kann, was dafür sorgt, dass die Stadt lebenswert bleibt.“

Weiter sagt Herz: „Ihre Macht liegt auch darin, dass sie einhergehen mit finanziellen Zuschüssen. So haben wir zum einen für viele Projekte bereits garantierte Fördermittel und zum anderen bekommen wir für kommunale Projekte hohe Zuschüsse – beides entlastet unseren Haushalt. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Neugestaltung des Gänsmarktes, der aktuell zu über 50 Prozent gefördert wurde. Insgesamt sind – das zeigt die Erfahrung – bei Landesgartenschau-Projekten zwischen 50 und 70 Prozent Förderung möglich. Bei Projekten im Sanierungsgebiet können wir mit der passgenauen Schwerpunktsetzung sogar auf Quoten von bis zu 90 Prozent kommen.“

Blick auf die aktuelle Hauptverkehrsachse zwischen Schellenhäuschen und Schwimmbad-Kreuzung. Hier könnten in der Zukunft Wohnhäuser stehen und der Verkehr nach rechts auf die alte Igersheimer Straße geführt werden. © Sascha Bickel

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Redaktion Stellvertretender Reporter-Chef; hauptsächlich zuständig für die Große Kreisstadt Bad Mergentheim

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