Gemeinderat

Bad Mergentheim: CDU lehnt „Kommunale Wärmeplanung“ ab

Dem Gemeinderat wurde der Abschlussbericht vorgelegt. Die Mehrheit des Gremiums gab grünes Licht. Millionen-Kosten werden im Gutachten aufgelistet, die kritische Nachfragen auslösten.

Von 
Sascha Bickel
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Das Bild zeigt eine Fernwärmeleitung. © dpa

Bad Mergentheim. Gegen die Stimmen der CDU-Fraktion segnete die Ratsmehrheit die Kommunale Wärmeplanung für Bad Mergentheim ab. Es gab 17 Befürworter, zwei Enthaltungen und elf Nein-Stimmen. Ganz konkrete Bauprojekte wurden allerdings nicht beschlossen.

Auf 118 Seiten liegt nun ein Gutachten des Fachbüros EGS-Plan Ingenieursgesellschaft für Energie- und Gebäudetechnik aus Stuttgart vor. Der Ist-Stand und mögliche Zukunftsoptionen werden detailliert zusammengefasst. Projektleiter Tobias Nusser stellte die Ergebnisse dem Gremium in einer wackeligen Video-Schalte vor.

Das Klimaschutzgesetz Baden-Württemberg verpflichtet alle großen Kommunen zur Erstellung einer kommunalen Wärmeplanung bis Ende 2023 – nicht alle Städte haben das geschafft. Die kommunale Wärmeplanung soll dabei als strategisches Planungsinstrument Erkenntnisse liefern, wie eine klimaneutrale Wärmeversorgung bis spätestens 2040 erreicht werden kann. Im Zuge der Bestandsanalyse wurden in der Kurstadt insgesamt rund 15 400 Gebäude erfasst und analysiert.

67 Prozent der Wärmeversorgung in Bad Mergentheim werden aktuell noch über Erdgas und Heizöl bereitgestellt. Durch Sanierungen und Effizienzsteigerung (unter anderem Dämmung), den Einsatz von Wärmepumpen, den Ausbau der Fernwärme und mehr sollen Gas und Öl langfristig abgelöst werden.

Im Gutachten heißt es nun: „Zur Erreichung der Reduktionsziele im Wärmebedarf sind gemäß des gewählten Sanierungsszenarios in Bad Mergentheim bis 2040 rund 2471 Gebäude zu sanieren. Unter Annahme eines Kostenansatzes für eine vollumfängliche energetische Sanierung ergeben sich rund 280 Millionen Euro an Investitionsaufwand für Dämmung und Sanierung in der Gesamtkommune.“

55 Cluster für denkbare Wärmenetze sind auch aufgeführt. Für deren Erschließung wird „der Ausbau von rund 75 Kilometern Wärmenetz angenommen“. Abzüglich 16 Kilometern Bestandsnetz resultieren „bei Kostenansätzen von 1500 Euro/Meter Wärmeleitung (inklusive Tiefbaukosten und Wiederherstellung der Oberfläche) 88,5 Millionen Euro an Gesamtkosten“.

CDU-Stadtrat Wolfgang Herz zeigte sich in der anschließenden Ratsdebatte skeptisch. Es seien zwar alles nur Szenarien: „Aber ist das auch realistisch?“

„Wo sollen die 280 Millionen für den privaten Sektor und die 88,5 Millionen für die neuen Wärmenetze herkommen? Wer soll das alles bezahlen?“, fragte Herz kritisch. Gutachter Nusser bestätigte, dass es eine „große Aufgabe“ sei, es aber auch eine Bundesförderung gebe. Er zeige hier und jetzt nur Wege auf. CDU-Fraktionschef Andreas Lehr monierte, dass „nur 21 Prozent aller großen Städte im Land mit ihrer Wärmeplanung fertig“ seien, die anderen wohl eher abwarten würden und Bad Mergentheim sich daher auch mehr Zeit nehmen sollte.

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„Punktlandung“

Nusser antwortete, dass die Kurstadt eine Punktlandung – wie im Gesetz vorgegeben – geschafft und dadurch jetzt keine Nachteile habe.

Lehr ging noch auf die 450 000 Euro ein (bestätigt von Stadtbaudirektor Bernd Straub), die die Stadt mit dem Beschluss der nächsten Schritte finanzieren müsse und dafür sei die CDU aktuell nicht zu haben. Grünen-Fraktionsvorsitzender Thomas Tuschhoff beklagte die Haltung der CDU und dass diese „das Haar in der Suppe“ suche. Das Ziel sei Klimaneutralität und es gelte voranzukommen.

Hubert Rothenfels (CDU) bedauerte, dass viele Stadtteile gerade mit Blick auf eigene Wärmenetze außen vor seien. Aber auch außerhalb der Kernstadt brauche es gute Lösungen.

Abschließend verwies Nusser wieder auf das Klimaschutzgesetz. Darin heißt es: „Es sind mindestens fünf Maßnahmen bei der Kommunalen Wärmeplanung zu benennen, mit deren Umsetzung innerhalb der auf die Veröffentlichung folgenden fünf Jahre begonnen werden soll.“

In Bad Mergentheim entschied dann die Ratsmehrheit gegen die CDU-Stimmen, dass folgende fünf Maßnahmenvorschläge und strategischen Vertiefungen umgesetzt werden sollen: „1. Stromnetzcheck. 2. Roadmap grünes Gas. 3. Erschließung Potenzial Sanierung und Effizienzsteigerung.“ Zudem sollen zwei Machbarkeitsstudien angestoßen werden: Eine „Transformationsstudie Mergentheim“ und eine weitere Studie „Kläranlage Mergentheim“ – jeweils unterstützt vom Förderprogramm „Bundesförderung effiziente Wärmenetze“ (BEW).

Redaktion Stellvertretender Reporter-Chef; hauptsächlich zuständig für die Große Kreisstadt Bad Mergentheim

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