Medizinische Versorgung

Bad Mergentheim: Caritas-Krankenhaus schreibt rote Zahlen

Auch das Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim ist 2023 und 2024 – nach vielen guten Jahren – deutlich in die Verlustzone gerutscht. Die FN sprachen mit dem Kaufmännischen Direktor über die Folgen vor Ort und über die Krankenhausreform.

Von 
Sascha Bickel
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Die Krankenhausreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach lässt noch einige Fragen – auch in Bad Mergentheim – offen. © Caritas-Krankenhaus/BBT-Gruppe

Bad Mergentheim. Etwa 70 Prozent der Krankenhäuser in Baden-Württemberg schrieben nach Medienberichten im Geschäftsjahr 2023 rote Zahlen. Für 2024 sieht es nicht besser aus. Die finanziellen Probleme sind enorm. Das Kliniksterben setzt sich bundesweit fort.

Die Fränkischen Nachrichten sprachen mit Jeremia Berschauer, dem Kaufmännischen Direktor im Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim und im Krankenhaus Tauberbischofsheim, über die Situation, die Folgen der eigenen Verluste und die Pläne für 2025.

Wie ist 2024 wirtschaftlich für das Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim gelaufen? Stimmt es, dass das Caritas fünf Millionen Euro Verlust in 2023 gemacht hat?

Jeremia Berschauer: Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Krankenhäuser in Deutschland haben sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich verschlechtert. Den deutlich steigenden Kosten in allen Bereichen wie Energie, Personal, Lebensmittel, Medizinprodukte etc. auf der einen Seite stehen – politisch vorgegeben – gedeckelte Einnahmen gegenüber.

Die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben klafft immer stärker auseinander. Das belastet alle Krankenhäuser und betrifft auch das Caritas-Krankenhaus. Wir haben im Jahr 2023 erstmals ein Defizit in einstelliger Millionenhöhe zu verzeichnen und rechnen auch für das zu Ende gehende Jahr mit einem ähnlichen Defizit.

Als stabiles Unternehmen haben wir über die Jahre gut gewirtschaftet, so dass die Liquidität des Caritas-Krankenhauses gesichert ist.

Jeremia Berschauer, Kaufmännischer Direktor im Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim und im Krankenhaus Tauberbischofsheim, stellte sich den FN-Fragen. © Caritas-Krankenhaus

Welche Konsequenzen ergeben sich aus den roten Zahlen?

Berschauer: Wir befinden uns aktuell in einer Übergangsphase und sind gerade sehr intensiv dabei, uns auf die anstehenden Herausforderungen einzustellen. Das heißt konkret, dass wir alle Prozesse im Haus überprüfen, um mögliche Verbesserungspotenziale zu heben. Zugleich investieren wir weiter sehr gezielt in zukunftsweisende Medizintechnik und Projekte.

Aktuell bereiten wir uns außerdem intensiv auf die Vorgaben des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes vor, also der kürzlich verabschiedeten Krankenhausreform. Hierzu haben wir uns vorübergehend durch zusätzliche Fachexpertise verstärkt.

Seit kurzem begleiten die erfahrenen Krankenhaus-Manager Dr. Ulrike Heesemann und Dr. Ralf Paland die Verantwortlichen in den BBT-Krankenhäusern der Region und kümmern sich vor allem um wirtschaftliche Belange und die Medizinstrategie in Vorbereitung auf die Krankenhausreform. Gemeinsam stellen wir die Weichen für die Zukunft, in der wir in einem abgestimmten Konzept mit unterschiedlichen medizinischen Schwerpunkten die medizin-pflegerische Versorgung der Menschen in unserer Region weiterhin sichern.

Was sagen Sie zur Krankenhausreform des Bundesgesundheitsministers? Welche Auswirkungen hat sie auf die Krankenhaus-Standorte Bad Mergentheim und Tauberbischofsheim?

Berschauer: Das Ziel dieser Reform ist eine Zentralisierung und Spezialisierung von medizinischen Leistungen an wenigen Krankenhäusern vorwiegend in Ballungsgebieten. Damit einher geht die Schließung von kleineren Krankenhäusern, die diese Bedingungen nicht erfüllen.

Trotz der Verabschiedung des Gesetzes herrscht weiterhin große Planungsunsicherheit für Krankenhäuser, denn konkrete Ausformungen und Rechtsverordnungen sind weiter unklar. Und ob eine neue Bundesregierung, das gerade verabschiedete Gesetzespaket wieder aufschnürt, ist ebenfalls offen. Sicher ist: Die finanziellen Probleme der Krankenhäuser werden durch die Reform nicht gelöst, es kommt kein zusätzliches Geld ins System.

Es soll Vorhaltepauschalen geben. . .

Berschauer: Ja. Die jetzt im Gesetz vorgesehenen Vorhaltepauschalen bleiben aber mit Fallzahlen verknüpft; der eigentlich gute Ansatz, die Kosten etwa für das Vorhalten von Personal, Betten und Diagnostikgeräten in der Notaufnahme oder auf der Intensivstation zu finanzieren, greift so nicht. Gerade Krankenhäuser in den ländlichen Regionen, die die medizinische Grundversorgung der Menschen sichern, werden dadurch nicht stabilisiert.

Zugleich steigen die Anforderungen an die Strukturvorgaben, es droht ein gigantischer Zuwachs an neuen Vorschriften sowie Dokumentations- und Nachweispflichten. Wir müssen zum Beispiel angeben, wann welcher Arzt mit welcher Qualifikation von wann bis wann in einem Fachbereich/Leistungsgruppe Patienten behandelt hat.

Im Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim bieten wir seit Jahren ein breites Leistungsspektrum in vielen Fachbereichen an und das in hoher Qualität, wie uns die medizinischen Fachgesellschaften bei unseren Zertifizierungen, aber auch Patientenbefragungen immer wieder bestätigen.

Unser Leistungsspektrum ist groß. In zahlreichen der künftigen Leistungsgruppen können wir nach jetzigem Stand die Anforderungen erfüllen. Ob wir diese dann auch anbieten dürfen, liegt in der Hand der Landesregierung.

Wie geht es mit dem Krankenhaus in Tauberbischofsheim weiter?

Berschauer: Das Krankenhaus in Tauberbischofsheim stellt die Grundversorgung in der Chirurgie und Inneren Medizin für die Menschen sicher und hat darüber hinaus zusätzlich einige spezielle Angebote, die es so in der gesamten Region nicht gibt. Dazu gehören natürlich der Versorgungsauftrag für die Bereiche Psychiatrie, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie für die gesamte Region, aber auch die Konservative Orthopädie, die Geriatrie und die spezielle Schmerzmedizin. Die Verknüpfung dieser Fachbereiche bietet gerade für ältere Menschen ein einmaliges Versorgungsangebot, das es so in der Region nicht mehr gibt.

In enger Abstimmung der beiden Krankenhäuser bereiten wir uns aktuell auf die neuen gesetzlichen Anforderungen vor. Nicht alles wird künftig an jedem Standort möglich sein, das lässt das neue Gesetz künftig nicht mehr zu.

Was wurde bei dieser Reform vergessen? Was müsste politisch noch getan werden, um die medizinische Versorgung in den Ländlichen Räumen zu stärken?

Berschauer: Im Main-Tauber-Kreis und darüber hinaus in unserer Region sollten alle Verantwortlichen gemeinsam ein Konzept für die Gesundheitsversorgung der Menschen entwickeln. Welche medizinischen Versorgungsangebote, an welchem Standort sind sinnvoll, wo soll es Spezialisierungen und Schwerpunkte geben und welche Angebote kann man eventuell an einzelnen Standorten nicht mehr vorhalten. Nur mit guter Vernetzung können wir gemeinsam die Versorgung der Menschen weiterhin in hoher Qualität sicherstellen.

Wie startet das Caritas ins neue Jahr? Was wird 2025 an Großprojekten oder Veränderungen angegangen?

Berschauer: Wir starten mit großer Zuversicht in das Jahr 2025 und werden weiterhin wichtige Zukunftsprojekte angehen. Der Umbau und die Erweiterung der Zentralen Notaufnahme ist ein wichtiges Projekt, das wir Anfang des Jahres angehen werden, wenn alle Vorbereitungsmaßnahmen abgeschlossen sind. Für die Übergangsphase wird die Notaufnahme voll aufnahmefähig bleiben.

Wir setzen außerdem die bereits angefangenen Digitalisierungsmaßnahmen konsequent weiter fort und bauen außerdem ein neues Rechenzentrum auf dem Campus am Caritas-Krankenhaus. Ein weiteres wichtiges Projekt ist der Ausbau und die Modernisierung unserer Aufbereitungseinheit für Medizinprodukte (AEMP). Hier werden nicht nur die Instrumente und Geräte aus dem Caritas-Krankenhaus sterilisiert und hygienisch wieder aufbereitet, sondern für mehrere weitere Kliniken und Praxen in der Region. Auch hier übernimmt das Caritas als Zentralversorger eine wichtige Aufgabe.

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Wie steht es um die Pläne für die Neubauten auf dem ehemaligen Palux-Gelände in direkter Nachbarschaft? Wann starten hier voraussichtlich die ersten Baumaßnahmen?

Berschauer: Hier entsteht als erster Schritt das neue zentrale Rechenzentrum. Weitere Planungen haben wir angesichts der volatilen gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen zurückgestellt.

Welches Thema bereitet Ihnen zudem noch Sorge?

Berschauer: Das Caritas-Krankenhaus ist ebenso wie das Krankenhaus Tauberbischofsheim als Teil der BBT-Gruppe ein gemeinnütziges Unternehmen. Werden Gewinne erzielt, fließen diese ausschließlich in das jeweilige Krankenhaus zurück und werden wieder in Personal, Anschaffungen oder Bauten investiert. Entstehen Verluste müssen wir diese selbst tragen.

Damit unterscheiden wir uns von den Krankenhäusern in der Trägerschaft von Kommunen oder Landkreisen, wie sie rund um uns üblich sind. Deren Verluste werden von den Städten, Gemeinden oder Kreisen ausgeglichen und damit letztlich vom Steuerzahler. Dies verzerrt die Bedingungen für die unterschiedlichen Krankenhausträger.

Ein wichtiges Thema bleibt außerdem die Ausbildung und Gewinnung von qualifiziertem Personal in allen Bereichen des Krankenhauses. Hier unternehmen wir in unseren Bildungszentren und als akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Würzburg große Anstrengungen, um junge Menschen für Gesundheitsberufe zu begeistern und in der Region zu halten.

Redaktion Stellvertretender Reporter-Chef; hauptsächlich zuständig für die Große Kreisstadt Bad Mergentheim

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