Bad Mergentheim. Die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg erinnerten an das 500. Jubiläum des Bauernkriegs mit einem Vortrag und einer Tafelschau im Residenzschloss.
Seitens der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg hieß die Konservatorin Maike Trentin-Meyer die zahlreich erschienenen Zuhörer und den Referenten Prof. Dr. Helmut Flachenecker willkommen. Er lehrte von 2002 bis 2024 Fränkische Landesgeschichte an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg und leitet seit 2014 die Forschungsstelle Deutscher Orden.
Unter dem Titel: „Waren die Mergentheimer besonders negativ gegen den Deutschen Orden eingestellt?“ ging Flachenecker vor allem der Frage nach, ob die Mergentheimer Untertanen des Deutschen Ordens verantwortlich dafür waren, dass die aufständischen Bauern am 30. März 1525 in die Stadt eindrangen, ein Lager errichteten und die Stadtherrschaft an sich rissen? Hatten sie also eine besondere Antihaltung gegen den Deutschen Orden, der ihr Stadtherr war?
Ausgerechnet die Hauptleute des Bauernhaufens hätten diesen Vorwurf gegenüber dem Komtur des Ordens, Wolfgang von Bibra (Leiter der Ordensniederlassung), geäußert, wie dieser in einem Brief an den Deutschmeister darlegte.
Flachenecker machte deutlich, dass die Auflehnung im Bauernkrieg kein ausschließliches Phänomen der bäuerlichen Landbevölkerung, sondern auch der Städte und deren Bewohner war. Noch vor dem eigentlichen Bauernkriegsgeschehen begannen die Unruhen in Mergentheim am 26. März , als meist kleinbürgerliche Schichten in den Hof des Klosters Schöntal einfielen und plünderten.
Der Komtur versuchte, die Lage zu beruhigen, und die Stadtbewohner versprachen, weiterhin dem Orden zu gehorchen. Trotz dieser Zusicherung schickte die Stadt 100 Mann zum Bauernhaufen, der bei Schäftersheim sein Lager hatte. Zwar stellten die Kommandeure der Bauern gegenüber dem Orden in Aussicht, nicht nach Mergentheim zu ziehen, kamen aber dann doch am 30. März in die Stadt, nachdem die Bewohner die Stadttore für sie geöffnet hatten.
Friedliche Verhandlungen, so Flachenecker, führten nur scheinbar zu einem Ausgleich, der aber dann von den Bewohnern umgehend gebrochen wurde, sobald sie sich der Unterstützung der Aufständischen sicher waren. Da der Orden über keine loyalen Bewaffneten verfügte, musste er sich den Forderungen der Aufständischen beugen (Einführung der evangelischen Lehre, Abschaffung der Leibeigenschaft und verschiedener Steuern; zudem sollten zum Beispiel die Schlüssel für die Stadttore im alleinigen Besitz der Bürger bleiben).
Flachenecker verwies auf den Brief des Komturs an den Deutschmeister, nach dem es die Mergentheimer selbst gewesen seien, die den Bauernhaufen in ihre Stadt dirigiert hätten. Sie wären es auch gewesen, die besonders darauf bedacht waren, ihrem Stadt- und Landesherrn zu schädigen und dessen Rechte und Besitzungen in Frage zu stellen.
Schutzbehauptungen?
Da ja die Hauptleute diese Vorwürfe gegenüber dem Komtur geäußert hätten, könnte es sich, so Flachenecker, um eine Schutzbehauptung handeln: Nicht sie, die Hauptleute, seien es gewesen, welche die Stadt einnehmen wollten, sondern die Bürger selbst.
Eine derartige Schutzbehauptung könnte auch vom Komtur stammen, der ja stets auf die Zusagen bei den Verhandlungen vertraut habe und nun von den eigenen Untertanen hintergangen worden sei, vermutet Flachenecker, der noch eine dritte Möglichkeit in Betracht zog. Da es Spannungen auch unter den Stadtbewohnern gab, seien zumindest Teile der Gemeinde nicht bereit gewesen, dem Stadtherrn weiterhin zu folgen.
In seinem Fazit bezeichnet Flachenecker das Verhalten der Mergentheimer im Bauernkrieg als ambivalent. Zwar tauche in Briefen der Vorwurf auf, dass Bürger und Bauern in Deutschordensgebieten aufstandsfreudiger gegenüber ihren Herren gewesen seien als anderswo. „Ob dies zutrifft oder eine Unterstellung der Sieger war, muss noch abschließend verifiziert werden“, so Flachenecker.
Schachzug des Ordens
Vielleicht wird ja Flachenecker selbst diese Verifizierung in Angriff nehmen, der noch eine interessante These im Zusammenhang mit dem Ende des Bauernkriegs parat hatte. Da mit dem Einmarsch des Schwäbischen Bundes in Mergentheim auch das Schloss in dessen Hände fiel und es eine Zeitlang unklar blieb, inwieweit der Orden noch über sein Schloss verfügen könnte, sei die Entscheidung des Ordens, das Schloss in Mergentheim dem Deutschmeister für acht Jahre zu überlassen, ein Schachzug gewesen, um das Schloss in den Händen des Ordens zu sichern. Der bisherige Sitz des Deutschmeisters auf Burg Horneck war im Bauernkrieg beschädigt worden. Dies wurde bislang immer wieder als Grund dafür angegeben, dass Mergentheim zum neuen Sitz ausgewählt wurde. Offensichtlich kam aber noch ein weiterer Grund dazu.
Informative Tafelschau
Nach dem Vortrag konnten die Zuhörer die Tafelschau „1525. Der Deutsche Orden im Bauernkrieg“ von der Forschungsstelle Deutscher Orden am Lehrstuhl für Fränkische Landesgeschichte an der Universität Würzburg besichtigen.
Bis zum Sonntag, 27. April, können die Besucher beim Schlossbesuch anhand der Tafelschau mehr über die Hintergründe des Bauernkriegs erfahren. Der Eintritt zur Ausstellung ist im regulären Eintrittspreis enthalten.
Die Ausstellung beleuchtet die Ursachen des Bauernkriegs und dessen Auswirkungen. Bildmaterial und Karten veranschaulichen die Zusammenhänge eindrücklich. Der Fokus liegt dabei sowohl auf dem Deutschen Orden insgesamt als auch auf seinen Besitzungen in Franken, Thüringen, Tirol und Elsass.
Mit Ausstellungen wie dieser bereichert die Forschungsstelle schon seit Längerem immer wieder das Angebot des Residenzschlosses.
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