Bürgerforum Stadtbild

Älteste Ansicht zeigt eine wehrhafte Stadt

Serie „Mergentheim im Spiegel der Jahrhunderte“ (Teil 3)

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bfs
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Kupferstich „Mergenthal ahn der Tauber“, die älteste Ansicht der Tauberstadt von 1626. © bürgerforum stadtbild

Bad Mergentheim. Die älteste Ansicht Mergentheims von 1626 zeigt die Stadt von Norden auf halber Höhe vom Ketterberg aus, mit überhöhten Kirch- und Schlosstürmen in einer etwas groben Wiedergabe.

Bezeichnet ist die damalige Residenzstadt des Deutschen Ordens als „Mergenthal ahn der Tauber“ – noch heute heißt der moderne Kurort bei manchen Einheimischen schlichtweg „Merchedohl“.

Die wehrhafte Stadt war, wie der Kupferstich zeigt, von einer Doppelmauer mit Tortürmen umgeben. Die äußere, etwas niedrigere Zwingermauer mit runden, stadtseitig offenen Halbtürmen bezog auch das Schlossareal mit ein. Die innere, höhere Mauer war durch hochragende Volltürme auf rechteckigen Fundamenten verstärkt.

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Heute haben sich nur wenige Reste der einstigen Stadtbefestigung erhalten, so beispielsweise der durch Umbauten im 20. Jahrhundert stark veränderte kleine Turm im Kindergarten St. Vinzenz in der Münzgasse.

Deutlich erkennen wir – von links nach rechts – die beiden Türme der alten romanischen Schlosskirche und den Bläserturm des Schlosses, ferner die 1607/08 errichtete Michaelskapelle auf dem Friedhof unmittelbar südlich der Stadt sowie im Stadtzentrum den Glockenturm der Pfarrkirche St. Johannes des Täufers. Von den Außenanlagen der Stadt fallen links die Herrenmühle und in der Mitte des Vordergrundes die Wolfgangsbrücke mit -kapelle und die Taubermühle (heute Bembé) ins Auge. Bei den Häusergruppen rechts – westlich der Stadt – dürfte es sich um die Zaisenmühle (heute Parkhaus) sowie um die Obere Mühle (heute unter anderem Arztpraxis) und die Ziegelhütte (Klotzbücher) vor dem Mühlwehrtor handeln.

Unterhalb der Wolfgangskapelle zeigen sich noch die breite Ausbuchtung der Tauber und dahinter die Schießwasen, Schauplatz von Schießübungen und schauriger Hinrichtungsort von überführten Verbrechern und „Hexen“. Die Schießwasen fielen der Tauberkorrektur in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zum Opfer.

Der Kupferstich findet sich im 1626 erstmals im Druck erschienenen achten Teil des ersten Bandes des „Thesaurus Philo-Politicus“ oder „Politischen Schatzkästleins“. Dieses von 1623 bis 1631 in 16 Teilen zu zwei Bänden von dem Frankfurter Verleger Eberhard Kieser publizierte Werk des Dichters Daniel Meisner (gestorben 1625) und anderer Autoren enthält insgesamt 830 Städteansichten von verschiedenen Kupferstechern.

Die Ansichten sind jeweils mit emblematischen Szenen zur Belehrung, Erbauung und moralischen Anregung kombiniert und mit erläuternden Sinnsprüchen, lateinischen Zweizeilern und deutschen Vierzeilern, unterlegt.

Im Vordergrund der Mergentheimer Ansicht ist wie in einer Comic-Zeichnung eine Anekdote aus dem Leben des griechischen Philosophen Diogenes von Sinope (gestorben 323 v. Chr.) dargestellt. Er soll einmal bei Tage mit den Worten „Ich suche einen Menschen“ Licht angezündet haben.

Hier sieht man ihn mit einer Laterne inmitten von spottenden Kindern und kopfschüttelnden Erwachsenen.

„Wenige nur sind tugendhaft“ lautet die Übersetzung des lateinischen Mottos der Überschrift. Der Dichter Daniel Meisner hat jeden direkten Zusammenhang zwischen Ortsansichten und Sinnsprüchen bestritten – es soll aber Ausnahmen geben. bfs

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