Bürgerforum Stadtbild

Im Wegenetz lässt sich „Urdorf“ erkennen

Serie „Mergentheim im Spiegel der Jahrhunderte“ (Teil 2)

Von 
Heidi Deeg
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Noch heute ist im Grundriss der Altstadt der älteste Bereich Mergentheims beiderseitig der Burgstraße als planmäßige, frühfränkische Anlage aus dem 7. bis 10. Jahrhundert deutlich erkennbar. © Primärkataster Mergentheim 1833

Bad Mergentheim. Für den historischen Kern und dessen direktes Umfeld erkannte Architekt Günther Deeg in seiner Arbeit „Lebenslinien einer Stadt im Wandel“ drei grundlegende Entwicklungsphasen. Dabei stand für Deeg bezüglich Ursprung und Entwicklung der Stadt am Anfang das prähistorische Wegenetz, welches seit tausenden von Jahren unsere Landschaft durchzieht, Kelten und Römer ebenso nutzten, wie teilweise wir noch heute.

Auf diesen weitgehend über Höhenlagen „von schnörkelloser Direktheit und Zielstrebigkeit“ verlaufenden Altwegen orientierte sich der vorgeschichtliche Wanderer an markanten Landschaftsmerkmalen wie Berge, Bäume oder Felsen. Unterwegssein war allemal gefährlich, wie mehrere keltische Grabhügel im Umfeld der Stadt entlang der alten Fernstraßen belegen.

Täler mit ungezähmten Wasserläufen, morastigen Gelände und undurchdringlichen Auwäldern wurden möglichst gemieden. War eine Talquerung unvermeidlich, so suchte man nach kurzen Ab- und raschen Wiederaufstiegen – gut zu erkennen an der steilen Boxberger Straße und der Löffelstelzer Steige.

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Andererseits waren im Tal der Tauber die hochwassergeschützten Terrassen mit ihren guten Lößböden bereits seit der Jungsteinzeit für nach Ackerland suchende Einwanderer Grund genug hier als Bauern sesshaft zu werden.

Spuren erster Siedler, wie auch aus nachfolgenden Epochen, belegen zahlreiche archäologische Bodenbefunde in der Mittleren und Äußeren Au bis hinaus zum zukünftigen Wohngebiet Auenland III. In jüngster Zeit wurden sogar erste Belege einer urnenfelderzeitlichen Besiedlung im Schlossbereich nachgewiesen.

Und hier vor der Burg, am Deutschordensplatz, verortet Günther Deeg dann auch ein keltisches Verkehrsdreieck an welchem die Kaiserstraße aus Richtung Donau, der Weg vom Drillberg aus dem Fernziel Neckar-Rhein-Main und die Route über Löffelstelzen aus dem Maingebiet zusammentreffen.

Urdorf als Knotenpunkt

An diesem Wegeknotenpunkt erkennt Deeg im Raster von Straße und Gassen den ältesten Bereich Mergentheims: ein „Urdorf“. Kern dieses durch Wall, Graben und Palisaden geschützten Quartiers ist die Burgstraße von welcher ein Stichweg, die Krumme Gasse, über den Alemannenweg hinausführt zur Kaiserstraße. ‘Ohne Furt keine Straße’, so nimmt Deeg talseitig bei der Löffelstelzer Steige einen ersten Tauberübergang an, nahe bei den von den Kelten zur Salzgewinnung genutzten Quellen. In späterer, noch vorfränkischer Zeit entwickelten sich auch im Tal Verkehrswege, so dass aus dem Wegedreieck im Bereich Urdorf /Kontrollpunkt „Bollwerk“ (Schloss) ein Straßenkreuz mit einem geradewegs zu einer weiteren Furt, heute Wolfgangsbrücke, führenden Ast wird.

Unter den Franken gewinnen dann auch die Seitentäler der Tauber an Bedeutung. Diese Wegestränge, gebündelt in der Wachbacher Straße, führen jetzt geradewegs als völlig neue Verkehrsachse – die heutige Marktachse – in Richtung Tauberfurt bei St. Wolfgang.

Rechts und links der neuen Verkehrsader baut der Ortsadel seine Ansitze. Hinzu kommen in der karolingisch-fränkischen Zeit frühe christliche Punkte mit Martinskapelle und Johanniterhof, dessen Öffnung zum Ledermarkt für Deeg den Verlauf dieser einst stadtbildenden Verkehrsachse belegt.

Bei seinen Feststellungen und Rekonstruktionen hat Günther Deeg zwar Erkenntnisse von Johannes Zeller, Emil Raupp, Karl Schumacher und anderen einbezogen, doch letztendlich hat er unabhängig, allein aus dem Blickwinkel eines Architekten seine Heimatstadt erforscht, wohl wissend, dass gerade für die vorordische Zeit manche Aussage sich auf hypothetischem Feld bewegt. Das Buch mit 42 Abbildungen gab 2006 der Verein Deutschordensmuseum Bad Mergentheim heraus. bfs

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