Prozess am Landgericht

Brandanschlag von Adelsheim: Schwurgericht sieht keinen versuchten Mord

Vier Angeklagte sollen Molotowcocktails gegen das Haus einer Frau in Adelsheim geworfen haben. Nun ist in Mosbach ein Urteil gefallen

Von 
Simon Retzbach
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Am Landgericht Mosbach wurde nach vier Verhandlungstagen ein Urteil gegen vier Angeklagte gesprochen, die in Adelsheim einen Brandanschlag verübten. © S. Cabraja

Adelsheim/Mosbach. Im Prozess wegen versuchten Mordes an einer Frau mit Wohnsitz in Adelsheim wurden die vier Angeklagten vom Landgericht Mosbach zu Freiheitsstrafen zwischen drei und sechs Jahren verurteilt.

Vorgeworfen wurde dem Quartett, dass sie gemeinschaftlich Molotowcocktails gebaut und diese auf das Haus der Lebensgefährtin eines Angeklagten geworfen haben sollen. So wollte man die Frau erschrecken und zur Herausgabe der Kinder an den getrennt von ihr lebenden Angeklagten S. bewegen.

Da die Staatsanwaltschaft die Tat als versuchten Mord in insgesamt fünf Fällen (so viele Menschen befanden sich zum Tatzeitpunkt im Haus) angeklagt hatte, tagte das Landgericht Mosbach als Schwurgerichtskammer. Diese ist für versuchte und erfolgte Tötungsdelikte zuständig.

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In den vorangegangenen drei Verhandlungstagen galt es durch Zeugenaussagen und Gutachter die Frage zu klären, inwiefern das ausgelöste Feuer Potenzial gehabt hätte, die Bewohner des Hauses zu töten (wir berichteten). Dieser Umstand war wiederum wichtig für die Bewertung, ob bei der Tat eine Tötungsabsicht vorgelegen hatte.

Für Oberstaatsanwalt Hansjörg Bopp war der Sachverhalt klar: „Die Angeklagten hatten das Ziel, das Haus anzuzünden, um die Lebensgefährtin [des Angeklagten S., Anm. d. Red.] zu töten“. Ein Brandsatz sei gezielt auf ein gekipptes Fenster geworfen worden, ein Vollbrand des Gebäudes wäre möglich gewesen. Auch wenn der Staatsanwalt sein Plädoyer nüchtern vortrug, an Deutlichkeit ließen seine Worte nichts vermissen: „Sie wollten Feuer im Haus und maximale Zerstörung. Wer so eine Tat ausführt, weiß, dass dabei Menschen zu Tode kommen können.“

Er differenzierte allerdings zwischen S. und seiner Mutter P., die er als „Hauptfiguren“ der Tat identifizierte, sowie den ebenfalls Angeklagten A. und D., denen er eher untergeordnete Rollen zuschrieb. Diese Unterscheidung zeigte sich auch im geforderten Strafmaß: 6,5 Jahre Haft für S. und P., drei Jahre und neun Monate sollen es für A. und D. wegen gemeinschaftlichen versuchten Mordes sein. Mord deshalb, da die Anklage das Mordmerkmal der Heimtücke für den nächtlichen Angriff erfüllt sah.

Nebenklage sieht zu geringe Strafe für Haupttäter

Als zu gering stuften die Nebenklägerinnen (die ehemalige Lebensgefährtin des Angeklagten M. sowie deren Schwester, die beim Anschlag ebenfalls im Haus war) die Forderungen der Staatsanwaltschaft ein. Für die Haupttäter S. und seine Mutter P. sollen es höhere Strafen sein, forderten sie. Der S. habe „einen Besitzanspruch über M.“, für den er „über Leichen“ gehe.

Die schlimme Vorstellung, im eigenen Haus zu verbrennen oder zu ersticken, hinterlasse bei ihrer Mandantin bis heute psychische Belastungen. „Sie müssen die volle Härte des Gesetzes spüren“, so das Fazit der Nebenklage.

Naturgemäß anders sahen das die Verteidiger der Angeklagten. Alexander Götz und Julijana Hermann bestritten für ihre Mandanten S. und P. grundsätzlich eine Tatbeteiligung. Es gebe nur „Indizien, Interpretationen und Spekulationen“ für eine Anwesenheit seines Mandanten am Tatort, so Götz. Ähnlich sieht es Hermann für Mutter P., beide beantragten mangels konkreter Beweise jeweils einen Freispruch.

Während die Verteidigerin spricht, weint ein Angeklagter

Elisabeth Unger-Schnell (für den Angeklagten D., Bruder von S.) und Katrin Sakalidis-Braun (für A., Cousin von D. und S.) hoben vor allem die jeweils untergeordnete Rolle ihrer Mandanten im Familienverbund und auch bei der Tat selbst hervor.

Durch psychische und körperliche Einschränkungen seien beide letztlich stark abhängig von S. und P., die als Familienoberhaupt klar das Sagen gehabt habe. „Er hat gemacht, was ihm gesagt wurde“, so Rechtsanwältin Unger-Schnell über den Angeklagten D., der währenddessen stumm vor sich hin weinte.

Die Taten hatten A. und D. im Prozess grundsätzlich eingeräumt und dabei auch ihre Mitangeklagten belastet. Beide hätten jedoch geglaubt, mit der Aktion die Ex-Partnerin von S. bloß zu erschrecken. Ein gezielter Wurf sei durch die Dunkelheit zur Tatzeit zwischen 3 und 4 Uhr nachts nicht möglich, eine Tötungsabsicht auch deshalb nicht nachzuweisen. „Eine so schlimme Tat war außerhalb seiner Vorstellungskraft“, sagte Sakalidis-Braun über ihren Mandanten. Auch der D. leide unter der Tat, so Unger-Schnell. Beide Verteidigerinnen plädierten auf Strafen „im bewährungsfähigen Rahmen“, heißt konkret: Maximal zwei Jahre Freiheitsstrafe, ausgesetzt zur Bewährung, für schwere Brandstiftung.

Schwurgericht sieht eine Tat mit "großer Gefährlichkeit"

Tötungsabsicht oder nicht? Versuchter Mord oder doch ’nur’ schwere Brandstiftung? Nach rund zweieinhalbstündiger Beratung kam das Schwurgericht, bestehend aus drei Berufsrichtern und zwei Schöffen, zu einem Ergebnis. Sechs Jahre Haft für S. und P., drei Jahre für A. und D. wegen gemeinschaftlicher schwerer Brandstiftung – so das Ergebnis der Beratungen.

Ausführlich begründete Dr. Barbara Scheuble als Kammervorsitzende die Gründe für das Urteil. Letztlich glaubte das Schwurgericht den Schilderungen der Angeklagten A. und D., dass sie ein bloßes Erschrecken als Zweck des Anschlags gesehen hatten – eine Tötungsabsicht sah die Kammer nicht. Bei S. und P., auch vom Schwurgericht als Hauptfiguren der Tat angesehen, habe hingegen ein „bedingter Tötungsvorsatz“ vorgelegen. Kein Tötungsdelikt also, aber zumindest ein Inkaufnehmen durch zwei der Angeklagten bei einer Tat mit „hoher Gefährlichkeit“.

Gegen das Urteil des Schwurgerichts können Verteidigung und Staatsanwaltschaft Revision beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe einlegen, es ist aktuell noch nicht rechtskräftig.

Redaktion

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