Adelsheim. Mit lautem Geknatter rollt die kleine Cessna über die Startbahn des Flugplatzes in Adelsheim. Leichter Regen landet auf den Rotorblättern und den beiden Tragflächen während sie immer schneller wird, und langsam von der Erde abhebt. Pilot Norbert Schmidt beobachtet sein Modellflugzeug dabei ganz genau. In der Luft fliegt die kleine Propellermaschine ihre Bahnen, bevor sie mit den hinteren Rädern zuerst wieder auf der Landebahn aufsetzt und zum Stehen kommt.
22 Mitglieder
Der Flug-Modell-Sport-Club (FMSC) Adelsheim wurde bereits 1986 gegründet. Damals von sieben Männern, von denen zwei noch heute dabei sind. Erwin Willinger und Gerhard Dörfler sind bereits seit 35 Jahren Vereinsmitglieder. Sie teilen sich ihre Leidenschaft für den Flugsport mit 20 weiteren begeisterten Modellflugzeugpiloten von denen noch neun aktiv fliegen.
Vor der Corona-Pandemie war regelmäßig was los auf dem Flugplatz am „Seelein“ auf der „Hergenstadter Höhe“. „Mindestens zwei Mal unter der Woche und auch regelmäßig am Wochenende haben wir uns getroffen. Zum Fliegen natürlich, aber auch das Zusammensein stand im Fokus“, sagt Horst Rieß, Vorstand des Flug-Modell--Sport-Clubs Adelsheim. Doch als im März 2020 der Lockdown kam, „mussten wir den Flugplatz sperren“, erinnert er sich. Dann wurde von den Vereinsmitgliedern auch regelmäßig kontrolliert, dass sich auch keiner auf dem Gelände befindet. „Das hat uns, genau wie jeden anderen Verein, schwer getroffen“, erklärt der stellvertretende Vorsitzende Jürgen Schuster. Es galt nun, die Modellflugzeuge einzupacken und höchstens den wenigen Fliegern am Himmel hinterherzuschauen.
Den Kopf freibekommen
„Das Tolle am Fliegen ist, dass man dabei wenig denken muss und so den Kopf frei bekommt“, schwärmt Jürgen Schuster. Für Erwin Willinger ist aber noch etwas anderes ein großer Reiz: „Anhand eines Plans ein Flugzeug komplett aufzubauen und dann damit zu fliegen, ist ein sehr schönes Gefühl. Den Prozess also von vorne bis hinten erlebt zu haben“, sagt das Gründungsmitglied.
Dieses Gefühl fehlte den Piloten, bis man im Juni 2020 langsam wieder öffnen durfte. „Da haben wir Glück, dass wir einem Freiluftsport nachgehen“, sagt Horst Rieß lächelnd. „Wir mussten zwar Abstände einhalten, das ist auf dem Gelände aber gut möglich.“ So kehrte langsam wieder Leben auf den Modellflugplatz zurück. Auch während des zweiten Lockdowns war Fliegen deshalb möglich.
Aber auch die Zeit während der Pandemie hat die Gruppe um Horst Rieß genutzt und eine große Summe Geld in die Hand genommen. „Wir haben das Gelände des Flugplatzes gekauft“, erklärt der Vorsitzende.
Da die Pachtverträge der verschiedenen Grundstücke, auf denen sich der Start- und Landeplatz samt kleinem Vereinsheim befindet, im Juni 2020 auslaufen sollten, stellten sie die Vereinsmitglieder schnell die Frage, ob ein erneutes Pachten der Grundstücke möglich war. Großer Wunsch war es, die Fläche zu kaufen, doch das gestaltete sich schwieriger als erwartet. „Am Ende haben wir eineinhalb Jahre mit den drei Verpächtern verhandeln müssen“, blickt Rieß zurück. Doch schließlich fand man überein und kaufte die drei Grundstücke zum Preis von 20 000 Euro. Außerdem stellten die Vereinsmitglieder für die Gebäude auf dem Platz einen Bauantrag. „Das war eine Odysee durch sämtliche Behörden des Landratsamtes des Neckar-Odenwald-Kreises“, erklärt Horst Rieß. Aber mit der Hilfe der Mitarbeiter der einzelnen Fachbereiche erhielt man die Baugenehmigung. „Nun ist hier alles in trocken Tüchern“, freut sich Horst Rieß.
Schulden musste der Verein dafür auch keine machen, allerdings nur, weil man in den Jahren zuvor „sparsam war“. Außerdem fand eine „Crowdfunding“-Aktion der Volksbank statt, über die zusätzlich Geld zusammen kam. Eine weitere Investition war ein Mähroboter, der rund 8000 Euro kostete. Dafür haben die Vereinsmitglieder alle zusammengelegt.
Unterstützung fehlt
Unterstützung vonseiten der Regierung gab es während der Pandemie keine. „Wir erfüllen die Voraussetzungen für Hilfsgelder nicht“, erklärt Horst Rieß. So ganz verstehen tut er das aber nicht: „Wir haben dasselbe Ziel wie Breitensportvereine auch: Wir wollen Menschen die Möglichkeit geben, sich in ihrer Freizeit einzubringen und einem Hobby nachzugehen.“ Er wünscht sich: „Kleine Vereine sollten von der Regierung mehr unterstützt werden, so wie große Breitensportvereine auch.“
Nachwuchsprobleme
Dass der Nachwuchs fehlt, weiß man in Adelsheim längst. Deshalb hat sich der Vorstand schon vor Corona Gedanken gemacht, wie man junge Menschen vom Modellflugsport begeistern kann. „Wir haben damals an einen Flugsimulator gedacht. Nicht so einen riesigen, wie man ihn bei großen Fluggesellschaften findet, sondern einen kleinen, der über einen Computer funktioniert“, sagt Jürgen Schuster. „Damit wollten wir zur Jugendfeuerwehr und zu den Kindern vom Ortsverband des Deutschen Roten Kreuzes.“ Doch die Pandemie machte ihnen einen Strich durch die Rechnung. „Die Idee soll, sobald es wieder möglich ist, umgesetzt werden“, verspricht Jürgen Schuster.
Das Problem sei, dass die Kinder heute zu viel Zeit am Handy verbringen und lieber Videospiele spielen, statt raus zu gehen und etwas zu unternehmen, meint Gerhard Dörfler. Außerdem seien die Anschaffungskosten für ein Modellflugzeug ein großes Problem, fügt Erwin Willinger an.
Aber damit nicht jedes Kind ein eigenes Flugzeug kaufen muss – die Anschaffungskosten beginnen bei rund 150 Euro – hat der FMSC sich eine Lehrer/Schüler-Fernbedienung angeschafft. Ähnlich wie bei der Fahrschule übernimmt der Schüler die Fernbedienung und fliegt das Flugzeug. Damit kein Schaden entsteht, hat der Lehrer jedoch die Möglichkeit per Knopfdruck die Steuerung zu übernehmen, wenn es brenzlig wird.
„So ein Flugzeug zu fliegen ist nicht ganz einfach. Wenn man auf sich selbst zufliegt, sind beispielsweise rechts und links vertauscht. Da heißt es dann umdenken“, erklärt Jürgen Schuster. Auch dass man ständig in den Himmel schaut, ist erstmal etwas Neues für viele „Fluganfänger.“
Reise ins Zillertal
Um die Perspektive zu wechseln, fahren einige Mitglieder des Vereines einmal jährlich ins Zillertal nach Österreich. Dort gehen sie Hangsegeln. Das Besondere daran: „Man steht oberhalb des eigenen Modellflugzeugs und bekommt so einen ganz neuen Blick auf die Dinge“, so Horst Rieß. Außerdem muss man sich dort noch mehr mit der Thermik befassen, als in Adelsheim, da ohne Motor geflogen wird.
„Das Schöne ist, dass der Hotelinhaber in Österreich ein großer Modellflugsportfan ist. Wir haben dort die Möglichkeit, unsere Flugzeuge über Nacht in einen Raum zu stellen, ohne sie abzubauen. Das spart morgens viel Zeit. Außerdem macht es Spaß, sich abends die anderen Flugzeuge von den Leuten der anderen Vereine anzuschauen, die zur gleichen Zeit dort sind.“
Dieser Ausflug fand 2020 ebenfalls Pandemie-bedingt nicht statt. Aber diesen Oktober will man sich wieder auf den Weg ins Zillertal machen, um dort den Segelflugzeugen zuzuschauen, wie sie ihre Bahnen drehen. „Da freuen wir uns schon drauf“, sagt Horst Rieß.
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