Wo in Baden-Württemberg wurden 1985 neun beidgleisig bediente Bahnstationen an einer voll elektrifizierten Bahnstrecke stillgelegt? Wo wird jetzt ein halb durchdachter Regionalbahn-Probebetrieb durchgeführt, der für Dauerbetrieb täglich 500 Ganzstrecken-Fahrgäste erreichen soll?
Wo in Baden-Württemberg ist zeitgleich mit dem stündlichen RB-Probebetrieb auch der RE (Regional-Express) im Stundentakt eingeführt worden, wobei der RE kurz vor der RB fährt, mögliche Ganzstrecken-Fahrgäste systematisch „abfischt“ (Osterburken-Lauda)?
Wo müssen die Ganzstrecken-Fahrgäste also aus Teilstrecken-Fahrgästen zusammengestückelt werden? Wenn am Tag zehn Fahrgäste Rosenberg-Osterburken (1/10 der Gesamtstrecke) fahren, ergeben sie für diesen Tag einen Ganzstrecken-Fahrgast. Wenn zwei Fahrgäste Boxberg-Lauda (1/2 der Gesamtstrecke) fahren, ergeben sie auch nur einen Ganzstrecken-Fahrgast. Und stimmt es, dass Schüler immer nur als halber Fahrgast gelten?
Wo in Baden-Württemberg können am Probebetrieb (abgesehen vom Start- und Ziel-Bahnhof der Gesamtstrecke) nur 1/3 der Stationen, nur drei von ehemals neun Haltepunkte voll teilnehmen? Wo bleibt die bevölkerungsstärkste Bahngemeinde weitgehend ausgegrenzt, da bei ihr (in Königshofen) die Züge nur in Kurz-Richtung (für Königshofen-Lauda = 1/10 der Strecke) halten können? Und wenn sie mit der RB in Lauda angekommen sind, können die Königshöfer sogleich mit dem RE Lauda-Osterburken fahren, werden also auch hier potentielle Ganz-Strecken-Fahrgäste systematisch „abgefischt“. Wo sind die Verantwortlichen nicht bereit, den (zum Probebetrieb zunächst in Aussicht gestellten) provisorischen Bahnsteig einzurichten?
Wo in Baden-Württemberg kann an die größte Schule inmitten der Probestrecke (das Schulzentrum Boxberg) kein einziger Schüler der dortigen Stadt mit der Bahn fahren? Aus dem Boxberger Stadtgebiet kommen die meisten Schüler, aber kein einziger mit der Bahn. Die ehemaligen Haltestationen Unterschüpf, Schweigern und Uiffingen sind vom Probebetrieb ausgegrenzt.
Das Rückgrat des ÖPNV (Öffentlichen Personen-Nahverkehrs) sind Schüler und Berufspendler. Wenn aber von der größten Stadt im Probegebiet (Boxberg) kein einziger Schüler an die größte Schule im Probegebiet fahren kann, wenn von der bevölkerungsstärksten Bahn-Gemeinde (Königshofen) kein Pendler mit der Bahn fahren kann, weil er entweder nicht einsteigen oder aussteigen kann, wenn nur 1/3 der ehemaligen Zughalte mitmachen können – wie soll da eine ordentliche Fahrgast-Zahl zusammen kommen?
Hier passt der Satz von Herbert Achternbusch: „Du hast keine Chance – aber nutze sie!“ Natürlich wird unser Raum weiter versuchen, die halb-durchdachte, willkürliche 500er-Hürde zu erreichen. Aber als K.o.-Kriterium ist sie ein Hohn für uns alle.
Dr. Dieter Thoma, Boxberg
Fränkische Nachrichten Plus-Artikel Kommentar Sinnvoll und geboten