Lauda-Königshofen.. Der Güterverkehr hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Auch wenn die Corona-Pandemie für so manchen Lieferengpass gesorgt hat, werden immer noch erheblich mehr Waren per Lkw durchs Land gefahren als mit dem Zug. Laut Verkehrsministerium Baden-Württemberg landen gerade mal ein Fünftel der Güter auf der Schiene. Im Vergleich: 73 Prozent werden auf der Straße transportiert.
Den Anteil des Schienengüterverkehrs zu erhöhen und daher die Infrastruktur auszubauen, dafür plädiert auch Albrecht Rudolf. Als Fraktionsvorsitzender von FDP/BLW brachte er bei der jüngsten Sitzung des Kreistags einen entsprechenden Antrag ein. Unter Einbeziehung des Kompetenzzentrums Güterverkehr der Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg (NVBW), des Zweckverbands Mainhafen und Fähre Wertheim sowie der Stadt Lauda-Königshofen sollen Ansatzpunkte für den Ausbau der Schienengüterinfrastruktur im Kreis zusammengeführt und koordiniert werden.
Puzzlestück in Königshofen
Ein Puzzlestück dabei ist der Bahnhof in Königshofen. Dort ist noch ein Gleisanschluss für den Schienengüterverkehr vorhanden, der aus Sicht der Kommune ausgebaut werden könnte. „Die Gleisinfrastruktur ist da. Wir müssen hier nicht bei Null anfangen“, will Bürgermeister Dr. Lukas Braun die Sache gerne forcieren. Mit der Möglichkeit eines Güterumschlagplatzes in Königshofen habe sich vor ungefähr einem Jahrzehnt schon einmal ein studentisches Projekt befasst.
„Aufgrund der vorhandenen Weichen- und Gleisinfrastruktur der Strabag Rail GmbH ist diese Überlegung naheliegend. Allerdings war damals die Wettbewerbssituation zwischen Lkw-Transport und Schienengüterverkehr noch eine andere“, so der Bürgermeister.
Die zunehmende CO2-Bepreisung und die Energiekrise infolge des Krieges zwischen Russland und der Ukraine führten angesichts steigender Kraftstoffkosten aktuell zu einem Umdenken. „Jedenfalls verzeichnen wir sowohl bei ansiedlungswilligen als auch bei einigen einheimischen Unternehmen ein grundsätzliches Interesse am Schienengüterverkehr.“
Zwischen Heilbronn und Würzburg gebe es kaum mehr Möglichkeiten, Güter auf das Gleis zu setzen, sagt Braun. Insofern wäre für ihn ein möglicher Railport in Königshofen an der Kreuzung der Bahn-Relationen Stuttgart-Würzburg und Crailsheim-Aschaffenburg „rein theoretisch günstig gelegen“. Auch die Strabag Rail sei gesprächsbereit, freut sich der Rathauschef. Zudem habe sich das Güterkompetenzzentrum der Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg bereit erklärt, diese Überlegungen konstruktiv zu begleiten. Nun gelte es, bei Wirtschaftsverbänden und Unternehmen der Region zu eruieren, „ob tatsächlich ein ausreichender Bedarf an einem solchen Umschlagplatz besteht und wir einen tragfähigen Business Case haben“. Aber für Lukas Braun ist eines klar: „Ganz gleich welche Antriebskonzepte sich in Zukunft bei den Lkw durchsetzen werden – ob Batterie, Brennstoffzelle oder wasserstofffähige Gasmotoren – gerade für schwere Exportgüter wird der Schienengüterverkehr wieder stärker als mögliche Alternative in den Fokus rücken.“
Aktuell wird die Anlage von der Strabag Rail genutzt, die hinter der Anschlussweiche etwa 700 Meter Gleise besitzt und betreibt. Eine Erweiterung ist aus Sicht von Thorsten Haaß, Technischer Leiter von Strabag am Standort Lauda-Königshofen, prinzipiell möglich. Die Anlage würde sogar aufgewertet. Man nutze diese Gleise in regelmäßigen Abständen für Wartungsarbeiten der eigenen Gleisbaumaschinen und für Lokabstellungen, jedoch nicht täglich. Doch Haaß dämpft die Erwartungen etwas. Das Konzept muss in seinen Augen durchdacht sein. Momentan sei das Gleis für einen Dauerbetrieb nicht ausgelegt, weil Rangiermöglichkeiten, die es früher gab, schon vor langem zurückgebaut wurden. „Wir haben unsere Weichen und Gleise instand gehalten.“ Das Problem in Königshofen sei aber, dass Abstellgleise fehlen. „Aktuell hat der Bahnhof nur zwei Durchgangsgleise.“ Wollte man die Kapazitäten innerhalb der Anschlussgleise erweitern, würde das aus Platzgründen mit dem von vielen gewünschten Bahnsteig am „halben Bahnhof“ kollidieren.
Angetan von der möglichen Wiederbelebung ist auch Joachim Zacher, bei der Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg (NVBW) für den Bereich Güterverkehr zuständig. „Die Strecke Hannover-Fulda-Würzburg-Heilbronn-Stuttgart ist eine wichtige Route für den Güterverkehr – und Königshofen wäre damit ein idealer Standort für den Güterverkehr auf der Schiene“, so Zacher. Anderen Bahnhöfen würde nichts weggenommen, der nächste Gleisanschluss für den Schienengüterverkehr sei erst in Würzburg und in Bad Friedrichshall, plädiert er für diesen Lückenschluss. „Es ist ein guter Standort am richtigen Platz im Schienennetz.“
Froh ist er, dass sich Strabag Rail offen für diese Idee zeigt. Und er ist mit den Überlegungen schon etwas fortgeschritten. Das frühere Gleis Richtung Lauda, das vor mehr als einem Jahrzehnt bereits abgebaut worden war, könnte man zum Zwischenabstellen von Waggons wieder errichten.
Gleisanschluss für Mainhafen
Zacher blickt in die Geschichte der Bahnlinie: Zwischen Crailsheim und Lauda wurden nach seinen Aussagen früher häufig Düngemittel, aber auch Getreide und Kartoffeln auf der Schiene transportiert. Vor 20 Jahren habe die Bahn versucht, den Einzelwagenverkehr zu optimieren. Als Folge davon seien viele Strecken als unrentabel betrachtet und Gleisanschlüsse abgebaut worden. „Solche Massengutverkehre wollen wir wieder auf die Bahn bringen und weg von der Straße“, ist nicht nur Zachers erklärtes Ziel.
Ein Baustein ist in seinen Augen auch der Mainhafen in Wertheim, den er als „Juwel“ bezeichnet. 2018 sei dort der letzte Zug abgefahren. „Es gibt Gespräche wegen beider Gleisanschlüsse, zumal auch das Land ein Interesse hat, den Mainhafen wieder an die Schiene anzubinden.“
Platz für die zusätzlichen Züge wäre auf den Gleisen noch vorhanden. „Das passt ohne Probleme in die Netzstruktur hinein“, gibt es aus Zachers Sicht „genug freie Kapazitäten für den Schienengüterverkehr“. Damit könne ohne Aufwand sofort begonnen werden, nennt er als Beispiel das Umschlagen von Baustoffen wie Kies und Sand.
Ähnliche Überlegungen gibt es auch im Kreis Miltenberg. Dort wurde im vergangenen Oktober eine Machbarkeitsstudie „Güterverkehr auf die Schiene“ vorgestellt, deren Ergebnisse kürzlich in einem breiten Rahmen diskutiert wurden. „Es gibt Schnittstellen, die Bayern und Baden-Württemberg betreffen“, sieht Zacher hier große Chancen. Dabei gehe es um einen möglichen Zug pro Tag. Der Fachmann hofft deshalb auf die Unterstützung durch den Main-Tauber-Kreis. „Wenn wir den Mainhafen und Königshofen entwickeln, hätten die Unternehmen mit Wasser und Schiene zwei gute Schnittstellen, um ihre Güter und Waren nicht nur mit dem Lkw zu transportieren“, so Zacher.
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