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Walter Serif über die Energiewende in Baden-Württemberg

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Walter Serif
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Fünf Wochen vor der Bundestagswahl zeichnet sich ein enges Rennen ab. Seltsamerweise spielen die Grünen ihre Trumpfkarte gar nicht offensiv aus. Während Union und SPD in der großen Koalition viel vom Klimaschutz geredet, aber kaum etwas getan haben, ist das Vertrauen der Deutschen in die Kompetenz der Grünen in diesem Politikfeld sehr groß. Warum also nicht mehr Engagement und Leidenschaft? Einen Monat nach dem Hochwasser zieht auch das Argument nicht mehr, die Politik könne angesichts des vielen Leids in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen jetzt nicht den Eindruck erwecken, sie wolle daraus politisches Kapital ziehen.

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Vielleicht gibt es aber einen anderen Grund. Wer im Wahlkampf den Mund zu voll nimmt, muss sich später an seinen Taten messen lassen. Möglicherweise dämmert es den Grünen, dass sie in einer Dreier-Koalition mit Union oder SPD (plus FDP) auch nicht Klimaschutz pur durchbringen können. Und eine konsequente Politik kann es nur geben, wenn die Koalitionspartner an einem Strang ziehen.

Ein Paradebeispiel dafür zumindest auf Landesebene ist Baden-Württemberg. Dort regieren die Grünen seit zehn Jahren und stellen mit Winfried Kretschmann sogar den Regierungschef. Und dennoch ist der Südwesten kein Modell für die Energiewende geworden. Beispiel Windenergie. Während unter Grün-Rot der Ausbau der Windenergie rasant voranging, läuft es seit 2016 – die CDU ersetzte damals die SPD im Regierungsbündnis – eher mau. Die SPD macht dafür den CDU-Landwirtschaftsminister Peter Hauk verantwortlich, der habe eine Blockadepolitik im Staatswald betrieben. Das ist übertrieben, aber auch nicht ganz falsch. Die CDU war noch nie ein Fan der Windräder. Umso interessanter ist es, dass derselbe Hauk jetzt beim Ausbaus der Windenergie Großes leisten soll. Immerhin 1000 neue Windräder – so das ehrgeizige Ziel – sollen bis 2026 gebaut werden.

Es wäre aber ungerecht, jetzt den Schwarzen im Rückblick den schwarzen Peter zuzuschieben. Kretschmann hat sich auch schon darüber aufgeregt, dass Artenschützern der Rote Milan wichtiger als der Klimaschutz ist. Das Koalitionsziel, bei der Vergabe und Genehmigung von Windrädern aufs Tempo zu drücken, lässt sich nicht einfach so beschließen. Zumal nicht nur Naturschützer den Ausbau der Windenergie mit Einsprüchen behindern. Viele Menschen mögen sie nicht – wollen aber sauberen Strom. Nur wie soll das funktionieren? Die Energiewende ist kein Selbstläufer.

Redaktion Reporter für Politik und Wirtschaft