Interview

Gringo Mayer träumt vom Stadionkonzert in Mannheim

Der Mannheimer Sänger spricht im Interview über sein neues Studioalbum "Laav", Liebe als Thema in der Popmusik, die Stadionatmosphäre bei seinen Konzerten und den Traum, einmal eine Show im Carl-Benz-Stadion zu spielen.

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Jörg-Peter Klotz
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Kurpfalz-Rock-Ikone Gringo Mayer auf seinem heimischen Kiez in der Mannheimer Neckarstadt. © Markus Proßwitz

Mannheim. Herr Mayer, die Beatles haben „All You Need Is Love“ gesungen. Ihr drittes Album scheint unter dem Motto „Alles, was du brauchsch is Laav“ (alles, was du brauchst, ist Liebe) zu stehen. Oder täuscht das?

Gringo Mayer: Da wir als Band natürlich irgendwann mal auf dem Glastonbury-Festival in England auftreten wollen und Liebe ohnehin ein globales Phänomen ist, wollte ich es auch international benennen. Und ja, alles was du brauchsch is „Laav“, mein neues Album nämlich. (Lacht)

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Sind Lieder wie der Titelsong „Laav“ das, was die von Putin, Trump, diversen Tech-Milliardären, Krieg und Krisen geschüttelte Welt gerade braucht?

Mayer: Also erstmal muss man sagen, dass Liebe in Kunst und Musik schon immer DAS Thema Nummer eins war, unabhängig von irgendwelchen Machthabern. Und ich denke, dass das Thema schon immer deshalb so wichtig war, weil in der Liebe eine Zauberkraft steckt. Nämlich die des Über-Sich-Hinauswachsens. Und über sich hinauswachsen kann man nur in Verbindung mit anderen Lebewesen. Das heißt für eine Gesellschaft, dass man sich miteinander auseinandersetzen muss und alle dieser Verantwortung auch gerecht werden müssten. Politisch also in diesem Sinn.

Das Albumcover des dritten Albums "Laav". © Olwer Records/JUdith Vogel

Das Album startet enorm positiv mit „Niemand wie du“ und „Wasn los“. Da fragt man sich, welche Personen da gemeint sind …?

Mayer: Ganz unterschiedlich. Natürlich gibt es auch ganz private Momente auf dem Album. Aber „Niemand wie du“ hab ich vor allem für unsere Fans geschrieben. Die tragen uns jedes Mal dermaßen frenetisch durch die Konzerte. Mittlerweile ist es teilweise schon so gewesen, dass die Lautsprecheranlagen in manchen Veranstaltungshäusern an ihre Grenzen gekommen sind, weil unsere Fans so laut mitsingen. Aber allein da merkt man halt, wie viel „Laav“ uns von unserem Publikum immer wieder entgegengebracht wird. Und diese Liebe will ich natürlich pflegen.

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„Wasn los“ scheint sich um einen Vater oder Großvater im Pflegeheim zu drehen. Eine Gruppe, die wenig Aufmerksamkeit bekommt – vor allem nicht als Thema in der Popmusik. Ist Ihnen der Blick für ältere Menschen und vielleicht allgemein Familie besonders wichtig?

Mayer: Wer da genau damit gemeint ist, ist mir eigentlich gar nicht wichtig. Ich bin stolz auf den Song, weil er etwas beleuchtet, was fast immer im Stillen passiert: das Wegschieben von alten und kranken Menschen aus der Gesellschaft raus. Und mir gehts nicht darum, irgendwelche Betroffenen zu verurteilen, sondern viel mehr kritisiere ich das Gesundheitssystem. Wir alle werden irgendwann alt oder krank sein. Sollten wir da nicht würdevollere Bedingungen schaffen?

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Selbst der Nachfolger des nicht eben freundlichen Fanfavoriten „Ru do driwwe“ mit dem Titel „A wo simma dann“ ist deutlich herzlicher im Ton. Absicht?

Mayer: Haha, herzlich war auch „Ru do driwwe“ schon. Aber „A wo simma dann“ ist weitaus tanzbarer. Die Ähnlichkeit der beiden Songs ist aber natürlich gegeben. In beiden Songs lass ich den spießigen Hausmeister raus, der sich fluchend über die kleinsten Störungen seiner vermeintlichen Ordnung aufregt. Da sich ein halbwegs reflektierter Mensch für solche Gefühle meistens schämt, ist es umso schöner diese Dämonen in einem kleinen Liedchen gemeinsam von sich zu schütteln.

Beim Jahresabschlusskonzert im BASF-Feierabendhaus haben Sie mit dem Lied „Fabrigg“ eröffnet. War das eine kleine Verbeugung vor dem Gastgeber?

Mayer: Ja, der Song erzählt von meiner Jugend in Ludwigshafen und den Lichtern der BASF, die nachts aussehen wie ein wunderschöner Sternenhimmel. Gleichzeitig baut sich der Song langsam auf und wird dann getragen von einem pompösen Vibe, so dass er in meinen Augen perfekt ist, um ein Konzert zu eröffnen.

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Lieder wie „Fabrigg“ oder „Kä Beweise“ knüpfen an Ihre Tradition an, Ihre und unsere Heimat sehr hart, aber auch sehr herzlich zu beschreiben. Dieser liebevoll knuffende Zugang, der die Augen nicht vor Missständen und Schwächen verschließt, erklärt für mich die hohe Identifikation vieler Fans mit Gringo Mayer. Können Sie das nachvollziehen?

Mayer: Ja. Wenn das so ist, dann sehe ich das als großes Kompliment. Weil natürlich bekenne ich mich zu meiner Herkunft durch meine Musik. Und das mach ich mit vollem Herzen und größter Leidenschaft. Aber mir geht es nicht darum, etwas zu verherrlichen.

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Die Stimmung bei Ihren Konzerten in der Region wird immer heftiger, in Ludwigshafen wurden auch unbekannte neue Nummern sofort mitgesungen. Einmal kamen Sie gar nicht zu Wort, weil die Fans „Äni raache“ einfach schon durchsangen – wie fühlt sich das an in der Heimatstadt?

Mayer: Also erstmal will ich mich beim Capitol in Mannheim bedanken, die sehr früh an uns geglaubt haben und wo wir zwei großartige Konzerte spielen durften, eins davon zum Jahresabschluss 2023. Jetzt war es aber mal an der Zeit, nach Ludwigshafen zu gehen, wo ich herkomm’ und wo ich in den letzten Jahren recht selten aufgetreten bin. Als uns das BASF-Feierabendhaus angeboten hat, zum ersten Mal in der Geschichte des Hauses die Stühle rauszureißen und ein Stehkonzert zu veranstalten, war mir klar, dass wir den richtigen Ort für unseren Jahresabschluss 2024 gefunden haben. Das Konzert war nach kürzester Zeit ausverkauft und als der Konzertabend dann endlich gekommen war, war es einfach magisch. Hat sich für mich angefühlt, als wären wir an dem Abend mit dem Publikum gemeinsam durch ein Tor geritten, das uns in neue Sphären führt.

Überhaupt gibt es viele persönliche, familiäre Themen wie auch in „Wahri Liebe dud weh“ – wie viel daran reflektiert Ihre Realität, wie viel ist fiktiv?

Mayer: Ich wollte endlich mal einen Schmachtfetzen schreiben. Ein richtiges Liebeslied mit romantischen Gefühlen, Herzschmerz und Leidenschaft. Der Titel meint aber keine toxischen Liebesbeziehungen, in denen eine oder mehrere Personen systematisch verletzt werden. Ganz und gar nicht. Der Song handelt viel mehr von gestandenen Beziehungen, in denen man sich schon vieles aufgebaut und gemeinsam viel durchgemacht hat. Irgendwie wird uns immer suggeriert, dass Liebe etwas ist, wo sich zwei Menschen treffen und alles wird sofort und für immer gut. Ich glaub, dass Liebe viel mehr ist. Unter anderem auch die Bereitschaft sich offen und ehrlich aneinander abzureiben und auch mal was einzustecken.

Zur Person, zum Album, zum Konzert

Der Sänger, Songschreiber und Gitarrist Gringo Mayer wurde 1988 unter dem Namen Tim G. Mayer in Ludwigshafen geboren und lebt in der Mannheimer Neckarstadt.

Zusammen mit seiner Kegelband hat sich der Pfälzer zu einer bundesweiten Live-Attraktion entwickelt und zwei erfolgreiche Alben veröffentlicht – das Debüt „Nimmi Normal“ (2021) und den Nachfolger „Ihr Liewe Leit“ (2023).

„Viel zu arg – die Große Gringo-Mayer-Feier“ beim Zeltfestival Rhein-Neckar wird am Samstag, 21. Juni, voraussichtlich sein bisher größtes eigenes Konzert. Erwartet werden zwei Special Guests, darunter Voodoo Jürgens. Karten ab 44,90 Euro und mehr unter www.zeltfestivalrheinneckar.de.

Gringo Mayers drittes Album „Laav“ erscheint am Freitag, 17. Januar, als LP, CD und digital.

 

„Ewe longts“ singen Sie aus der Perspektive des entnervten Familienvaters in der bisher vielleicht härtesten Gringo-Nummer. So ticken die meisten Eltern von heute ja nicht mehr. Ist das eine Reminiszenz an Väter von früher?

Mayer: Den Song „Ewe longts“ hab ich im Urlaub auf Teneriffa geschrieben. Zumindest war es als Urlaub geplant, in Wahrheit hab ich dort jeden Tag an meinem Album gearbeitet und es komplett vorproduziert. Der Song war ein Geistesblitz. Irgendwie hab ich an dieses Phänomen denken müssen, dass viele Väter sich seit jeher schwertun damit, wenn die Tochter mit ihrem ersten Freund nach Hause kommt. Schon in der Schwangerschaft haben sie Angst vor jenem Tag. Und da musste ich halt schmunzeln. Es ist ja ganz klar, dass Liebe selbstbestimmt sein muss. Und dann kam mir plötzlich dieser Song in den Sinn. Im besten Fall sorgt er dafür, dass sich die Betroffenen alle mal locker machen und sich nicht Betroffene einfach dran erfreuen.

Sind persönliche Themen der Weg, um die Kunstfigur Gringo Mayer zeitlos zu halten?

Mayer: Ich guck einfach, was in mir drin ist, und lass das dann so raus, wie es rauskommt und wie ich denk, dass es anderen Menschen Freude bereitet. That’s it. Wenn damit Weltruhm und ewige Relevanz kommen – wunderbar. Kann aber natürlich auch mal anders kommen. Trotzdem denke ich weder in Genregrenzen noch schließe ich thematisch irgendwas aus.

In Pose: Gringo Mayer. © Olwer Records/Christina Gotz

Im Juni treten Sie beim Zeltfestival auf, das Zelt fasst inzwischen bis zu 5000 Fans – wird das Ihr bisher größter Auftritt als Headliner, der Eintritt kostet?

Mayer: Hehe, ja, kostet Eintritt leider. Wie dem auch sei, wer mal in ’nem Zelt gespielt hat, der weiß, was für eine Energie sich da entwickeln kann. Wir durften ja schon mal als Support auf’m Zeltfestival spielen, da ging’s schon heiß her. Aber diesmal sind wir Headliner und wollen das Ding natürlich voll machen. Bisher war es bei jeder großen Show, die wir hier in der Region gespielt so, dass es recht schnell ausverkauft war und uns massenweise Leute geschrieben haben, ob sie denn noch irgendwie an Tickets kommen. Das war dann natürlich nie möglich. Deshalb haben wir jetzt den Versuch gestartet, ein Konzert für alle zu machen. Es ist Platz genug. Kommen Sie herein! Es wird auf jeden Fall ein absolutes Fest.
Dabei sind Gäste zu erwarten: Der musikalisch seelenverwandte Voodoo Jürgens steht schon fest. Was kann man ansonsten verraten?

Mayer: Es gibt mehrere Überlegungen. Voodoo Jürgens und die Ansa Panier sind ein absolutes Brett und für mich ein Geschenk, dass sie meine Einladung angenommen haben. Jeder Mensch, der sie noch nicht kennt, darf sich freuen auf extrem gute Live-Musik aus den verrauchtesten Ecken Wiens. Der Wiener Schmäh ist wahrscheinlich der Gipfel der deutschsprachigen Dialekte. Es wird sehr losgelöst und exzessiv. Außerdem werd ich mit der Kegelband in dieser Nacht das Palastzelt komplett abfackeln. Zumindest das, was nach Voodoo Jürgens noch übrig ist. Vielleicht spielen wir in dieser legendären Nacht nicht einfach nur unser bislang größtes Konzert, sondern auch so viele Hits wie noch nie zuvor.

Ich finde, Sie sollten beim Zeltfestival jedes Jahr einen Mundart-Rock-Dreierpack schnüren - wie das Süd Süd Fest von OG Keemo für Hip-Hop. Acts von BAP über Wanda und Bibiza bis Sophie Hunger gibt’s genug – wäre das etwas?

Mayer: Ja, jetzt wo es das Maifeld Derby wohl traurigerweise bald nimmer gibt, wär das tatsächlich ne Überlegung wert. Aber bevor ich eine Band wie Wanda zu uns einladen kann, muss ich noch bissl Gas geben und dafür sorgen, dass Gringo Mayer und die Kegelband auch bis nach Wien vorgedrungen ist. Wenn man alles selbst macht, „muss ma de Balle schon bissl flach halte“ an der einen oder anderen Stelle.

Ruht in sich: Gringo Mayer. © Markus Proßwitz

Bei Ihren Konzerten herrscht Stadionatmosphäre – muss da zumindest in Mannheim die SAP Arena das Ziel sein?

Mayer: Ja, warum eigentlich net? Bisher hat sich alles ganz natürlich entwickelt. Genauso machen wir weiter. Und wenn dann in fünf Jahren die SAP Arena auf dem Tourplan steht und unsere Fans da genauso Bock drauf haben, dann wird sich ganz bestimmt keiner von uns ärgern.

Oberbürgermeister Christian Specht sprach ja beim Neujahrsempfang sogar davon, aus dem Mannheimer Carl-Benz-Stadion eine Veranstaltungsstätte zu machen - klar, wer da das erste Konzert spielt, oder?

Mayer: Jupp, Sie können einfach meinen Kontakt weiterleiten. Wovon ich aber als Kind schon geträumt hab, ist einmal im Südwest-Stadion zu spielen. Dort waren bis in meine Jugend noch haufenweise Konzerte. Leider ist das Stadion mittlerweile so stark einsturzgefährdet, dass man da nix mehr machen darf, gell? Na ja, dann muss ich mir wohl ein neues Stadion suchen.

 

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