Ludwigshafen. Es ist eine fast zwangsläufige Wahl. Gringo Mayer beginnt den umjubelten Gig in seiner Heimatstadt Ludwigshafen mit dem Song „Fabrigg“. „Hier gibt’s doch koi Sterne, hier gibt’s nur die Fabrigg“, singt Mayer im mit 1500 Zuschauern ausverkauften BASF-Feierabendhaus - aus dem Saal schlägt ihm sofort frenetischer Applaus entgegen. Und nebenan steht sie eben, die große Fabrik.
Es ist der Auftakt zu einem denkwürdigen Abend. Mindestens genauso gut wie im Mannheimer Capitol, das Mayer mit seinem Jahresabschlusskonzert in den vergangenen beiden Jahren emotional angezündet hat, „Ludwigshafe, ich kann euch fühle. Wir freuen uns schon sehr lange auf diesen Abend“, sagt der Wahl-Mannheimer, der fast schon festlich in einem weißen Sakko mit schwarzem Hemd gekleidet ist.
Gringo Mayer ist mit seinen Mundart-Hymnen, die im Blues ihre Erdung finden, sich aber längst einem breiteren stilistischen Spektrum geöffnet haben, in den vergangenen Jahren zu einem in der Region gefeierten Künstler geworden. Er tourt mit seiner Kegelband mittlerweile aber auch durch ausverkaufte Clubs in der gesamten Republik. Als Botschafter der Kurpfalz. Damit auch die Berliner oder Münchner wissen, was „Ahjoo“ und „Allahopp“ bedeutet. Aber daheim ist es halt immer noch am schönsten.
Sechs neue Stücke von „Laav“ fügen sich harmonisch ein
Mayers großes Abschlusskonzert 2024 ist gleichzeitig auch der Startschuss für das nächste Kapitel in seiner erfolgreichen Geschichte. Am 17. Januar erscheint seine dritte Platte „Laav“, die dann auch wieder ausgiebig betourt wird. Immerhin sechs neue Stücke spielt der Songschreiber am Mittwochabend.
„A wo simma dann“ ist eine typischer eingängiger Gringo-Partysong, der durch die Trompete einen leichten Ska-Vibe bekommt. Die introvertierte Sozialstudie „Kä Beweise“ bildet dazu den nachdenklichen Gegenpol. Und die melodische Midtempo-Nummer „Niemand wie du“ besitzt gehobenes Hitpotenzial.
Dass sich die neuen Stücke harmonisch in das Programm einfügen und keine Stimmungsdelle im Saal zur Folge haben, kann Mayer als hoffnungsvolles Zeichen für das kommende Jahr werten, in dem unter anderem die bisher größte Gringo-Show auf dem Mannheimer Zeltfestival (Samstag, 21. Juni) ansteht.
Dass Gringo auch vor größerem Publikum problemlos funktioniert, zeigt der zweistündige Abend im Feierabendhaus, bei dem - man kann es nicht anders sagen - stellenweise Stadionatmosphäre herrscht. „Äni rache“ wird vom Publikum auch dann noch weitergesungen, als das Lied längst zu Ende gespielt ist. Der Chor der 1500 bei „Ru do driwwe“, „Viel zu arg“, der schon im Mittelteil des Konzerts gespielten Kurpfalz-Hymne „Ahjoo“ oder „Gibt’s do net“ hätte selbst Queen-Rampensau Freddie Mercury zu seinen Lebzeiten glücklich gemacht.
Schon bei der Vorband Yara hatte das Feierabendhaus erste Probleme mit der Bierversorgung vermeldet. „Ich hab’ gehört, ihr habt schon alles leergesoffe“, sagt Mayer im Spaß. Er facht in Ludwigshafen eine große, wilde Party an - und das unter der Woche.
Gringo Mayer im BASF-Feierabendhaus: Abend endet mit Euphorie
Seine Haare sind schnell zerzaust, er packt die Dylan-Mundharmonika aus, und fegt immer wieder euphorisiert über die Bühne. Der Abend ist das klassische Beispiel dafür, wie sich Band und Publikum mit ihrer Energie gegenseitig hochschaukeln können. Eine Gemeinschaftserfahrung mit einem erstaunlich bunt gemischten Publikum. Gringos jahrelange Ochsentour über die Weinfeste und Kerwen, durch die Bürgerhäuser und kleinen Theater der Region haben seine Musik weit außerhalb der Indieszene verankert.
„Endlich bin ich widder do, wo die Welt noch in Ordnung ist“, ruft Mayer an die Adresse seiner Heimatstadt Ludwigshafen. Spuren von Sarkasmus, die das wieder einmal wunderbar zündende „Oh Jesses“ zum Abschluss des regulären Sets in fast ohrenbetäubendem Applaus auflöst. Gringo schlägt sich symbolisch aufs Herz - und kehrt mit einem längeren Zugabenblock noch einmal zurück auf die Bühne. „Niemand wie du“, „Underdogs“, „Allä“ und „De Deifel soll se hole“ beenden den Abend, wie er begonnen hat. Mit außergewöhnlich großer Euphorie.
Draußen leuchtet natürlich die „Fabrigg“. Oder, wie Gringo es formuliert: „Die BASF ist eigentlich das ewige Licht Ludwighafens.“
URL dieses Artikels:
https://www.fnweb.de/kultur_artikel,-kultur-bei-gringo-mayers-party-in-seiner-heimatstadt-wird-das-bier-knapp-_arid,2271896.html