Auch wenn die Bensheimer Segelfliegergruppe sich erst Ende 1929 zusammengefunden hat, war Bensheim schon zuvor Schauplatz eines Weltrekordfluges: Genau am 15. März 1924 flog Pilot Martin Schrenk mit dem Segelflieger Werner von Langsdorff von Sindelfingen aus mit einer Klemm-Daimler L15 in zwei Stunden nach Bensheim (Strecke: 120 Kilometer).
Über den damals sehr beachteten Rekordflug nach Bensheim berichtete auch der „Bergsträßer Anzeiger“ in seiner Ausgabe vom 18. März 1924.
Schwieriges Landefeld mit vielen Wasserflächen
Der Pilot und Werner von Langsdorff benötigten für die 120 Kilometer lange Strecke zwei Stunden und zwei Minuten in der Luft, und stellten damit für die damalige Zeit den Weltrekord für zweisitzige Leichtflugzeuge auf.
Das Landefeld beschreibt von Langsdorff in seinem späteren Bericht (Anflug aus Richtung Heppenheim): „Überall Wasserflächen. Nur dicht an der Landstraße, zwischen Bahndamm und Fußballplatz eine Wiese, die trocken zu sein scheint...“ Bei ihrem Anflug sorgten die Flieger für große Aufmerksamkeit bei der Bevölkerung: „Natürlich kamen viele Menschen – auf Rädern, zu Fuß oder mit dem Wagen. Das Flugzeug wird umringt, man freut sich, dass wir keine Franzosen sind“, schreibt von Langsdorff in seinem Bericht.
Nach seiner Motivation befragt, mit einem so kleinen Motor, einem gewöhnlichen Fahrradmotor von sieben PS, überland zu fliegen, antwortet der Ingenieur: „Weil wir billig fliegen wollen. Weil wir ein Flugzeug schaffen wollen, das nicht nur dem reichen Mann das Fliegen erlaubt, sondern jedem Menschen, der die Welt in seiner ganzen Schönheit sehen will.“ Die Klemm L15 wurde von Hanns Klemm, Chefkonstrukteur der Daimler Motorengesellschaft Sindelfingen, erbaut. Seine Idee: Durch leichte, billige und wirtschaftliche Flugzeuge das Fliegen für viele Menschen möglich zu machen.
Der erste Flugversuch endet in einem Bruch
Der erste Flugversuch der L15 endetet 1919 in einem Bruch und stoppte zunächst weitere Entwicklungen. Erst 1922 war genügend Kapital für die Reparatur des Bruchs vorhanden, um ohne Motor als Segelflugzeug zu starten und weitere erfolgreiche Flugerprobungen zu ermöglichen.
Damit war der Weg frei, anschließend wieder einen Motor, einen 12,5 PS starken Motor von Harley-Davidson, einzubauen und der Welt das erste Leichtflugzeug zu präsentieren. Die praktische Eigenschaft eines Segelflugzeug, problemlos auseinandergenommen und damit einfacher transportiert oder untergestellt werden zu können, behielt es bei. Zusätzlich konnte es sogar mit einem Wechselmodul schnell vom Motor- zum Segelflugzeug umgebaut werden (Quelle: Hanns-Klemm-Blogg).
Flugzeugtechnik in Darmstadt studiert
Klemms Idee wurde Anfang der 1980er Jahre mit der Entwicklung der Ultraleichtflugzeuge (UL) wieder aufgegriffen. Sie sind nach wie vor für maximal zwei Personen zugelassen und immer noch leichter als ein „normales“, durchschnittliches Kleinflugzeug. Aber sowohl was den Komfort, die Optik, als auch beispielsweise die Geschwindigkeiten (bis 300 Kilometer pro Stunde) und Reichweiten (bis mehr als 1000 Kilometer) betrifft, sind die heutigen UL-Modelle deutlich vielfältiger als ihr Vorgänger. Sie können heute sogar Segelflugzeuge problemlos in den Himmel ziehen. Werner von Langsdorff studierte an der Technischen Hochschule Darmstadt Maschinenbau, Fachrichtung Flugzeugtechnik und war unter anderem Mitbegründer der Akaflieg Darmstadt.
Weitere Informationen oder den Originalbericht gibt es auf demHanns-Klemm-Blogg von Wilfried Kapp, Reinhard Knoblich und Hans-Jürgen Sostmann verwiesen: https://hannsklemm.wordpress.com/ red
URL dieses Artikels:
https://www.fnweb.de/deutschland-welt_artikel,-seite-1-vor-100-jahren-rekordflug-mit-leichtflugzeug-nach-bensheim-_arid,2190885.html