Digitales Leben

Warum das Online-Banking Segen und Fluch zugleich sein kann

Immer mehr Geldgeschäfte lassen sich bequem auf dem Sofa erledigen. Allerdings birgt das Online-Banking Gefahren. Wie Experten von der Sparkasse Rhein Neckar Nord und der Verbraucherzentrale diese einschätzen

Von 
Walter Serif
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Immer mehr Menschen nutzen Online-Banking. © Monika Skolimowska/dpa

Mannheim. Wer ein Online-Bankkonto hat, kann seine Geldgeschäfte bequem und schnell erledigen. Doch die schöne neue Digitalwelt hat ihre Tücken. Wie Experten von der Sparkasse Rhein Neckar Nord und der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg die Entwicklung und die Gefahren einschätzen. Die wichtigsten Fragen und Antworten:

Wie hat sich denn der Wechsel von der analogen in die digitale Banken-Welt abgespielt?

Rasant. Zur Einordnung: Im Jahr 2016 liefen von den rund 155 000 Girokonten bei der Sparkasse Rhein Neckar Nord nur 68 000 über das Online-Banking. Ende 2023 waren es bereits 130 000, das sind fast doppelt so viele wie vor sieben Jahren. „Die Entwicklung ging also kontinuierlich nach oben“, sagt Maico Post, Referent des Vorstands für die digitale Transformation. 2023 wurden über die Sparkasse sieben Millionen Überweisungen getätigt.

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Von 100 Kundinnen und Kunden füllten nur noch 15 ihre Überweisungen auf Papier aus. „Das nimmt mehr und mehr ab“, sagt Holger Muchau, Abteilungsleiter Giroservice. Warum? „Weil es schneller, unkomplizierter und leichter für den Kunden geht“, so Muchau. Inzwischen zahlen immer mehr Kontoinhaber per Karte. 2019 - also vor Corona - registrierte die Sparkasse rund 7,5 Millionen Kartenzahlungen, im vergangenen Jahr waren es doppelt so viele. „Rund zehn Prozent der Transaktionen laufen bereits über das Smartphone“, sagt Post. Tendenz: steigend.

Und wie ist die Entwicklung bei den Apps für die Mobilgeräte?

Zwar nutzt gegenwärtig „nur“ ein Drittel der Kontoinhaber die App der Sparkasse. „Seit 2016 hat sich die Zahl aber von 14 000 auf 55 200 fast vervierfacht“, sagt Muchau. „Unsere App hat bei allen einschlägigen Tests am besten abgeschnitten. Vor allem die Kombination aus Sicherheit und Funktionenvielfalt hat überzeugt", betreibt Pressesprecher Rico Fischer Eigenwerbung.

Welche Geldgeschäfte kann der Kunde digital erledigen?

„Es gibt da eine Riesenbandbreite“, sagt Post. Neben Überweisungen und Daueraufträgen kann der Kunde eine Kreditkarte bestellen oder einen Kredit bis zu 80 000 Euro abschließen. „Bonität vorausgesetzt“, schränkt Muchau ein. Auch den Bausparvertrag kann man auf der Couch abschließen. Oder ein Wertpapierdepot einrichten und mit Aktien handeln. Sparpläne, Sparbriefe, Tagesgeldkonten - alles möglich, und zwar rund um die Uhr.

Immer wieder gibt es beim Online-Banking auch Gefahren. © Monika Skolimowska/dpa

Und wie sehen die Verbraucherschützer das? „Die Bedürfnisse der Menschen sind unterschiedlich. Wer Online-Banking haben will, wird es gerne nutzen. Ebenso gibt es Verbraucher, die ihre Bankgeschäfte nicht vom Smartphone oder dem Computer aus erledigen wollen, sondern jede Überweisung am Schalter abgeben. Das muss auch möglich sein“, sagt Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.

Üben die Banken auch Druck aus, um den Wechsel von der analogen in die digitale Welt zu beschleunigen?

„Das machen wir natürlich nicht. Wir informieren aber umfassend über unsere digitalen Angebote. Am Ende entscheiden die Kunden über den Weg zu uns. Wir sind ja weiter vor Ort für sie da“, sagt Pressesprecher Fischer. Nauhauser widerspricht: „Fakt ist nun einmal, dass die Banken seit Jahren ihre Kunden ins Online-Banking drängen, auch diejenigen, die das nicht wollen oder wenig Erfahrung damit haben. Sogar sehr alte Kundschaft“, sagt er.

Warum? „Zuerst haben die Banken aus Kostengründen das Filialnetz reduziert und Kunden auf Serviceterminals und Geldautomaten verwiesen. Nun bauen sie sogar die SB-Automaten ab und verweisen aufs Online-Banking. Wer sich die hohen Kontogebühren nicht mehr leisten kann, wird früher oder später auch auf die günstigeren Online-Banking-Tarife wechseln. “

Wie sicher ist denn das Online-Banking?

Da gibt es keinen gemeinsamen Nenner zwischen der Sichtweise der Banken und der Verbraucherschützer. „Wer keine Daten an andere herausgibt und sich aufmerksam verhält, ist auf der sicheren Seite. Wir informieren auf allen Kanälen über die Betrugsmaschen, die nur funktionieren, wenn die Kunden unbedacht oder gar fahrlässig handeln. Unsere Aufklärungsarbeit trägt Früchte“, sagt Fischer.

Muchau untermauert dies mit Zahlen. „Beim Online-Banking lagen die Betrugsfälle im vergangenen Jahr im mittleren zweistelligen Bereich.“ Und wie sieht es allgemein im Südwesten aus? Nauhauser: „Der Kontomissbrauch nimmt rapide zu. In den vergangenen drei Jahren hat sich bei uns die Zahl der gemeldeten Fälle von 31 auf 311 verzehnfacht. Die Dunkelziffer dürfte natürlich weit höher liegen.“

Welche Betrugsmasche zieht beim Online-Banking gegenwärtig am meisten?

Dass die Gauner gefälschte Mails oder Kurznachrichten verschicken, um an die Zugangsdaten zu kommen, ist sozusagen schon ein alter Hut. Inzwischen häufen sich aber die Phishing-Anrufe. Die Betrüger wenden nicht mehr nur den traditionellen Enkel-Trick an, sondern rufen mit gefälschter Telefonnummer an. Muchau: „Das nimmt immer mehr zu. Das Perfide: Auf dem Display erscheint dann die Nummer der Sparkasse. Der Kunde denkt, da ruft seine Bank an. Das ist eine Variante, vor der wir immer wieder nicht nur auf unserer Homepage warnen.“

Die Gauner informieren die Bankkunden über angebliche betrügerische Attacken, deshalb müsse das Konto gesperrt werden. „Sie lassen sich dann die Zugangsdaten durchgeben und loggen sich dann ein. Die Freigabe erteilt ihnen der Kunde mit der Push-TAN. Und dann erfolgen Überweisungen vom Konto zu anderen Banken“, erklärt Muchau.

Und wer kommt dann für den Schaden auf?

„Die mangelhafte IT-Architektur ermöglicht diese Angriffe erst. Viele Betrugsmaschen sind für technisch nicht besonders versierte Opfer nur schwer zu erkennen“, sagt Verbraucherschützer Nauhauser. Allerdings: Ob der Kunde haften muss, hängt immer vom Einzelfall ab. „Wir prüfen jeden Fall individuell und schauen, was der Kunde preisgegeben hat. Schon bei der Anmeldung zum Beispiel geben wir ja Sicherheitstipps. Der Kunde wird von uns also umfassend informiert. Deshalb sollte er wissen, dass er weder die Zugangsdaten noch andere Passwörter oder TANs preisgeben darf“, sagt Muchau.

Das Landgericht Köln hat im Januar einem Geschädigten Recht gegeben, der um 14 000 Euro betrogen wurde. Obwohl dieser eine Freigabe per Push-TAN-Verfahren erteilt hatte, schloss das Gericht grobe Fahrlässigkeit aus. Der Kunde sei durch die gefälschte Rufnummer der Bank getäuscht worden. Dass dies möglich sei, dürfte dem Durchschnittsbürger nicht bekannt sein, urteilte das Gericht.

Redaktion Reporter für Politik und Wirtschaft

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