Elektroindustrie

Pepperl+Fuchs steckt 30 Millionen Euro in Stammsitz Mannheim

Laut Pepperl+Fuchs-Chef Gunther Kegel ist die Elektroindustrie in einer schwierigen Lage. Die Transformation des Mannheimer Stammsitzes will er vorantreiben.

Von 
Alexander Jungert
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Blick in die Produktion von Pepperl+Fuchs in Mannheim. © Oliver Farys/Pepperl+Fuchs

Das Wichtigste in Kürze

- Gunther Kegel leitet den Sensorhersteller Pepperl+Fuchs in Mannheim seit fast 30 Jahren. Bald steht ein Wechsel an. - Die Elektroindustrie kämpft mit Bürokratie und verlorener Wettbewerbsfähigkeit. - Pepperl+Fuchs plant Investitionen in Mannheim.

Mannheim. Hinter dem Schreibtisch von Gunther Kegel hängt ein überdimensionales Foto: eine Bergwelt bei Crans-Montana in der Schweiz. Mit einem See, einer Hütte und einer kleinen Kapelle. Der Schnee auf den Gipfeln blitzt in der Sonne. Kegel hat das Bild selbst aufgenommen, im Urlaub mit seinen drei Töchtern. Der Manager liebt die Schweiz, zum Wandern, zum Mountainbiken, zum Skifahren. Hauptsache Berge.

Doch diese Idylle ist im Moment weit weg. In der deutschen Elektroindustrie ist die Stimmung trübe. Kegel sagt: „Deutschland mogelt immer noch bei der Erkenntnis, wie weit es in der internationalen Wettbewerbsfähigkeit zurückgefallen ist.“

Kegel kennt die Elektroindustrie wie kein Zweiter. Schon seit fast 30 Jahren steht er an der Spitze des Mannheimer Sensorherstellers Pepperl+Fuchs. Als Präsident des Verbandes der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI) ist Kegel, 64, zudem oberster Vertreter seiner Zunft.

Kommt es zu betriebsbedingten Kündigungen bei Pepperl+Fuchs?

Der Umsatz von Pepperl+Fuchs ist 2024 währungsbereinigt um sieben bis acht Prozent geschrumpft. Das zweite Jahr in Folge. So etwas hat Kegel noch nie erlebt. „Es ist schon bitter.“ Vom Allzeithoch 2022 - mehr als eine Milliarde Euro Umsatz – ist das Unternehmen nun 15 Prozent entfernt.

Sogar betriebsbedingte Kündigungen bringt Pepperl+Fuchs ins Spiel. Natürlich hofft Kegel, diese vermeiden zu können. „Aber wenn sich die wirtschaftlichen Zahlen nicht verbessern, werden wir nicht mit der gleichen Mannschaft so weitermachen können.“ Erst einmal setzt Pepperl+Fuchs auf natürliche Fluktuation. Die Zahl der Beschäftigten ist dadurch bereits zurückgegangen. Und durch innovative Produkte erwartet Kegel 2025 zumindest wieder ein leichtes Umsatzplus. Mit Impulsen aus dem Markt selbst rechnet er bisher nicht.

Weltweit aktiv

Pepperl+Fuchs stellt industrielle Sensoren und Explosionsschutz her. Das Unternehmen bezeichnet sich selbst als „einer der Marktführer“.

Weltweit (außerhalb Deutschland ist das Unternehmen etwa in den USA, Singapur, Ungarn und Indien präsent) sind 6850 Mitarbeiter beschäftigt, davon in Deutschland 1800 und 1000 in Mannheim. 2023 lag der Umsatz bei 930 Millionen Euro . Zum Gewinn werden keine Angaben gemacht.

Pepperl+Fuchs firmiert als SE (Societas Europaea), also als Europäische Aktiengesellschaft. Die Familien Pepperl und Fuchs halten jeweils 50 Prozent der Anteile . Ein Börsengang ist im Moment kein Thema.

Die heutige Zentrale befindet sich an der Lilienthalstraße unweit der B44 im Norden Mannheims.

Die Wurzeln des Unternehmens gehen auf eine kleine Radiowerkstatt zurück, die Walter Pepperl und Ludwig Fuchs 1945 in Mannheim-Sandhofen gegründet haben.

Woran hakt es? Zu Kegels „Lieblingsthemen“ gehört die ausufernde Bürokratie in Deutschland. Erst vor ein paar Tagen hat der ZVEI eine Umfrage veröffentlicht, nach der die Elektro- und Digitalindustrie im Jahr mehr als sechs Milliarden Euro dafür aufwenden muss. „Unsere Mitglieder kämpfen sich inzwischen im wahrsten Sinne durch ein kostspieliges Regulierungsdickicht“, schimpft Kegel und fordert von einer neuen Bundesregierung, dass Unternehmen spürbar von bürokratischen Pflichten entlastet werden, damit sie sich wieder auf ihre Kernaufgaben konzentrieren können und mehr Mittel für Investitionen frei werden.

Auch müssen die Unternehmenssteuern in Europa nach Ansicht von Kegel auf ein „wettbewerbsfähiges Niveau“ sinken. Es brauche jetzt vor allem positive Signale.

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Zu den drei größten Märkten von Pepperl+Fuchs gehören Deutschland, China und die USA mit jeweils 20 Prozent Umsatzanteil. Alle drei schwächeln. In Deutschland moniert Kegel miserable Standortbedingungen (siehe oben). China hat bis heute nicht seine alte Stärke vor Corona erreicht. Und die USA? Zumindest gibt es leichte Anzeichen, dass sich der Auftragseingang erholt.

Die Zoll-Politik von Präsident Donald Trump bereitet Kegel keine schlaflosen Nächte. Was genau komme, weiß ohnehin niemand, sagt er. Zudem gibt Kegel zu bedenken, dass Pepperl+Fuchs fast nur deutsche und europäische Wettbewerber hat. Auch auf dem US-amerikanischen Markt, es gibt dort keine nennenswerten lokalen Anbieter. Alle Hersteller von Automatisierungstechnologien wären also gleichermaßen von diesen Zöllen betroffen.

ZVEI-Präsident und Pepperl+Fuchs-Chef Gunther Kegel auf dem eSummit 2024 in Berlin. © Mark Bollhorst/ZVEI

Doch zurück nach Deutschland, in die hiesigen Gefilde. Mannheim ist für Pepperl+Fuchs die Ideenschmiede. Hier sitzt der größte Teil der Forschungs- und Entwicklungsbereiche. Zudem werden zwei Arten von Produkten hergestellt:

  • Produkte, die so neu sind, dass sie in Osteuropa oder in Asien noch nicht gebaut werden können. Die Pepperl+Fuchs-Werke im Ausland kommen bis heute erst bei der Fertigung großer Stückzahlen ins Spiel.
  • Produkte, die älter sind, ältere Fertigungstechnologien benötigen und oftmals nur noch ein paar hundert Mal im Jahr hergestellt werden. Das ist dann nichts mehr für die ausländischen Standorte.

Deshalb bezeichnet Kegel die Mannheimer Spezialitätenproduktion gerne etwas despektierlich als „Geburts- und Sterbehaus“.

Ab 1. Mai soll ein neuer Vorstandsvorsitzender Pepperl+Fuchs leiten

In den nächsten Jahren will Pepperl+Fuchs mehr als 30 Millionen Euro in den Stammsitz stecken. Gebäudeteile sollen modernisiert und die Energieversorgung optimiert werden. „Das ist ein klares Bekenntnis zu Mannheim“, sagt Kegel. Der Bau eines neuen Gebäudes für Forschung und Entwicklung liegt indes auf Eis. Pepperl+Fuchs will erst abwarten, wie sich „New Work“ (also Homeoffice, Co-Working-Spaces, …) entwickelt. Die Produktivität soll weiter gesteigert und „an allen Ecken und Enden“ digitalisiert werden. Helfen soll dabei unter anderem ein neues „Product-Lifcycle-System“, das den gesamten Entwicklungsprozess aus einem zentralen System begleitet und momentan implementiert wird.

Bei allen großen Aufgaben: Kegel, der in Seeheim-Jugenheim bei Darmstadt lebt, muss langsam ans Abschiednehmen denken. Denn ab 1. Mai soll ein neuer Vorstandsvorsitzender Pepperl+Fuchs leiten. Wer es ist, ist noch geheim. Voraussichtlich Mitte dieses Monats soll der Name gelüftet werden. Nur so viel: Der Manager kommt von extern.

Noch zwei Jahre wird Kegel als Generalbevollmächtigter an Bord bleiben, bevor er endgültig das Mannheimer Unternehmen verlässt. Präsident des ZVEI ist er noch bis 2026.

Redaktion berichtet aus der regionalen Wirtschaft

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