Main-Tauber-Kreis. Wenn Polizeihauptkommissar Thomas Kaufmann beim Verkehrsdienst in Distelhausen im Einsatz ist, trägt er die Uniform der staatlichen Autorität. Doch jenseits der Blaulicht-gefluteten Straßen und Autobahnen schlägt sein Herz für einen anderen Dienst – einen, der eher sich in der Stille der Wälder und auf den Feldern entfaltet. Der 50-Jährige engagiert sich nämlich in der Rettungshundestaffel des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Bad Mergentheim. Gemeinsam mit seinem treuen Begleiter, Labrador Pino, und weiteren Mitstreitern sucht er im Einsatzfall Menschen, die in Not geraten sind.
Ein tief verwurzeltes Bedürfnis, anderen zu helfen
Seine Polizeikarriere begann vor 28 Jahren, getragen von dem Ideal, als „Schutzmann“ für die Menschen da zu sein. Dieses Bedürfnis, anderen beizustehen, führte ihn vor sechs Jahren schließlich zur Rettungshundestaffel. Zunächst beobachtete er die Arbeit der Helfer-vor-Ort-Teams des DRK mit großem Interesse und beschloss, selbst aktiv zu werden. Ein gutes halbes Jahr lang schnupperte er in die Arbeit der Staffel hinein – noch ohne Hund –, um ein Gefühl für diese anspruchsvolle Tätigkeit zu bekommen. Erst als er sicher war, den richtigen Weg eingeschlagen zu haben, zog Pino bei ihm ein: ein schwarzer Labrador-Welpe - und der Beginn einer besonderen Partnerschaft.
Die Wahl fiel bewusst auf einen Labrador. Denn Kaufmann weiß um die Stärken dieser Rasse. „Labradore sind ausgeglichen, menschenfreundlich und besitzen einen extrem feinen Geruchssinn – ideal für die Flächensuche. Sie sind ursprünglich Jagdhunde, man kann viel über Leckerlis steuern“, erklärt der in Wertheim lebende Polizist. Zudem verfügen Labradore über besonders viele Riechzellen – eine natürliche Gabe, die Pino zum idealen Suchhund macht.
Ausbildung mit viel Ausdauer und Leidenschaft
Die zweijährige Ausbildung zum Rettungshundeführer verlangte dem Duo viel ab. Bis zu zweimal pro Woche trainierten sie intensiv, bevor Pino die volle Einsatzreife erlangt hatte. Doch auch heute gehören regelmäßige Übungseinheiten fest zum Ehrenamt – immer zum Wohle der Gesellschaft. Trainiert wird vorwiegend in Waldgebieten, was nicht immer einfach ist: Jäger fürchten oft, dass Wild aufgeschreckt wird. Kaufmann betont daher, wie wertvoll es wäre, wenn Waldbesitzer ihre Flächen für Trainingszwecke zur Verfügung stellten.
Bei den Übungen werden unterschiedlichste Szenarien simuliert: Suche bei Tag und Nacht, bei Wind und Wetter, in unwegsamem Gelände oder unter Ablenkung durch Wildtiere und menschliche Geräusche. Ein Team besteht dabei stets aus Hund, Hundeführer und einem Helfer. Letzterer sorgt für die Kommunikation mit der Einsatzleitung und stellt im Ernstfall die medizinische Erstversorgung sicher.
Ehrenamt mit hohen Eigenleistungen verbunden
Das Engagement ist rein ehrenamtlich – und kostspielig. Ausbildung, Futter, Ausrüstung sowie Fahrtkosten trägt Kaufmann wie alle Mitglieder größtenteils selbst, einzig die Hundesteuer entfällt. „Das DRK stellt zwar Einsatzkleidung und Fahrzeuge, ansonsten ist die Staffel aber auf Spenden angewiesen“, betont er. Schwer nachvollziehbar sei, dass Anträge auf steuerliche Anerkennung bislang oft abgelehnt würden: „Angesichts der vielen Stunden und der hohen Einsatzbereitschaft ist das frustrierend.“
Die DRK-Rettungshundestaffel Bad Mergentheim, die in diesem Jahr ihren 25. Geburtstag feiert, wird hauptsächlich zur Suche nach vermissten Personen gerufen – häufig ältere Menschen mit Demenz oder Personen in suizidaler Absicht. Aber auch Kinder und Jugendliche gehören bisweilen zu den Einsatzfällen. Die Alarmierungen erfolgen meist nachts, wenn polizeiliche Suchmaßnahmen bereits ausgeschöpft sind. Kaufmann bedauert, dass die Staffel oft erst recht spät gerufen wird: „Dabei könnten die Hunde frische Spuren viel eher aufnehmen.“
Viele Einsätze zwischen Hoffnung und Belastung
In einem konkreten Fall suchte das Team kürzlich drei Tage lang nach einem vermissten Rentner rund um Bad Mergentheim. „Die extreme Hitze war eine echte Herausforderung für Mensch und Tier. Hunde dürfen bei solchen Bedingungen nur kurz und intensiv arbeiten, bevor sie wieder längere Pausen brauchen.“ Doch Pino sei stets hoch konzentriert. „Ich kann seine Körpersprache im Einsatz genau lesen und weiß, wann er eine Pause braucht.“
Die Alarmierung erfolgt per Handy – für Pino das untrügliche Signal zum Aufbruch. „Sobald ich die Einsatzkleidung anziehe, steht er da“, sagt Kaufmann lachend. Über die Jahre hat sich zwischen Mensch und Hund eine tiefe Bindung entwickelt, die weit über Training und Einsätze hinausgeht.
Für Kaufmann ist die Arbeit in der Rettungshundestaffel ein wichtiger Ausgleich zum Polizeidienst. Während er im Beruf oft unpopuläre Entscheidungen treffen muss, ermöglicht ihm das Ehrenamt, direkt und vorbehaltlos zu helfen. „Es ist mir wichtig, für Menschen da zu sein, die am Ende ihrer Kräfte sind. Und so lange ich körperlich in der Lage bin, werde ich mit meinem besten Freund auf vier Pfoten unterwegs sein – um der Hoffnung eine Spur zu geben.“
Wer sich für die Arbeit der DRK-Rettungshundestaffel Bad Mergentheim interessiert oder aktiver Bestandteil (mit seinem Hund) werden möchte, kann sich via E-Mail Bereitschaftsleiter-rhs-mgh@web.de mit ihr in Verbindung setzen.
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