Biathlon - Deutsches Mixed-Team belegt in der Windlotterie von Zhangjiakou einen ordentlichen fünften Platz

Wie Kuhschwänze auf Koks

Von 
Lars Müller-Appenzeller
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Vanessa Voigt – eigentlich eine sichere Schützin – kam mit den schwierigen Bedingungen am Schießstand nicht zurecht. © Hendrik Schmidt/dpa

Zhangjiakou. Wenn die Kritik vom Sieger kommt, muss etwas dran, dann kann es keine Ausrede sein. „Dieser Ort ist nicht gemacht für Biathlon“, lautete das vernichtende Urteil von Tarjei Bö nach dem Olympiasieg mit der norwegischen Mixed-Staffel, weil es ein turbulenter Auftakt im Biathlonstadion von Zhangjiakou war: Die am Schießstand verteilten Fähnchen tanzten am Samstag phasenweise wild im Wind, wie Kuhschwänze auf Koks. Das war für alle ein kaum beherrschbares Problem, aber vor allem für Vanessa Voigt. Die 24-jährige Olympia-Debütantin – die konstanteste deutsche Schützin – drehte als Startläuferin zwei Strafrunden bei sechs Nachladern, fiel auf Platz 17 zurück, so dass der fünfte Platz des Quartetts mit insgesamt 18 Zusatzschüssen und 1:05,5 Minuten Rückstand als ordentlich bezeichnet werden kann.

Erinnerungen an 1994

„Ich wusste gar nicht mehr, wo ich bin“, sagte Voigt über die Situation am Schießstand, die etwas an Simone Greiner-Petter-Memm und ihre fürchterliche Serie in der Staffel bei den Spielen 1994 in Lillehammer erinnerte, die mit 16 Schuss nur vier Treffer gelandet hatte. „So habe ich mir mein Debüt nicht vorgestellt. Es wäre eine Überraschung drin gewesen“, sagte die geknickte, aber nicht am Boden zerstörte Voigt.

Ein schwacher Trost: Auch Tiril Eckhoff kreiselte dreimal, Norwegen gewann dennoch knapp vor Frankreich und Russland. Norwegens Triumph war vor allem dem Schlussspurt von Johannes Thingnes Bö zu verdanken. Der Superstar durfte aber mit Tiril Eckhoff, Marte Olsbu Röiseland und seinem Bruder Tarjei nur auf Distanz jubeln, weil er Erstkontakt des coronapositiven Kombinierers Jarl Magnus Riiber ist. Das unvollkommene Bild passte zu einem schrägen Wettbewerb. Es könnten zehn nicht weniger verrückte Rennen folgen, im spektakulären Stadion, an einem nicht für Biathlon gemachten Ort.

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Denn es geht windig weiter, am Montag (10 Uhr/ZDF) mit dem Einzel der Frauen – einem Wettbewerb, bei dem die Schießleistung entscheidet. Nachteil oder Vorteil Voigt? „Ich muss das jetzt erstmal sacken lassen, dann schaue ich positiv auf das Einzel. Das kriege ich gut in den Griff. Der erste Durchputzer ist jetzt gemacht.“ Auch Denise Herrmann, die an Position zwei lief, ist guter Dinge: „Das Laufen war ganz gut, das passt. Ich hatte richtig gutes Material unter den Füßen.“

Herrmanns Laufform stimmt

Sie war die Schnellste auf ihrer Runde. Und wenn die Grundpräparierung auf dem extrem kalten, stumpfen Schnee passt, dürfte das in den nächsten zwei Wochen so bleiben. Mit Blick auf den Schießstand und die Windfähnchen weiß Herrmann aber: „Es wird ein sehr spezielles Einzel.“ In dem neben Voigt und Herrmann auch Vanessa Hinz und Franziska Preuß zum Einsatz kommen.

Philipp Nawrath bezeichnete den Samstag als „besonders, mit einem besonderen Wettkampf“, der für den Schlussläufer „ganz versöhnlich“ gelaufen sei. Denn: „Die Kälte lässt die Nervosität ganz schön aufkochen.“ Alles fühlt sich in Zhangjiakou anders an als sonst, vor allem die Finger. Was die Arbeit mit dem Gewehr nicht einfacher macht. „Am Schießstand war es alles andere als einfach. Aber ich kann es nicht auf das Schießen schieben“, sagte Benedikt Doll, Vierter im gemixten Bund. „Hier ist der fünfte Platz für umsonst“, sagte er in seiner typischen Art – Schwarzwälder halt. Die kennen sich mit Kühen aus. Aber nicht mit Kuhschwänzen auf Koks.

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