Folgt auf den ersten Streich der zweite jetzt sogleich? Für die Schachstrategen von Bundesliga-Aufsteiger Anderssen Bad Mergentheim hing der Himmel zum Auftakt beim Doppelspieltag in Dresden im wahrsten Sinne des Wortes voller Geigen. Gegen die Topteams FC St. Pauli und Werder Bremen fuhr die Truppe um Mannschaftsführer Johannes Raps eine im Vorfeld von vielen nicht erwartete 3:1-Bilanz ein. Mit diesem Wind im Rücken reist der Achter am Wochenende 30. November/1. Dezember mit großer Zuversicht nach Deizisau und rechnet sich im Schwabenland gute Chancen aus, auch von hier aus nicht mit leeren Händen die diesmal recht kurze Heimreise ins Taubertal antreten zu müssen – auch wenn die anstehenden Aufgaben erneut recht anspruchsvoll sind: Es geht am Samstag ab 14 Uhr zunächst gegen den 16-fachen deutschen Rekordmeister OSG Baden-Baden, bevor sonntags der Vergleich mit den gastgebenden Deizisauern ab 10 Uhr ansteht.
Große Portion Selbstvertrauen
Die Rolle des „Underdogs“ scheint dem Bundesliga-Achter aus der Großen Kreisstadt durchaus zu bekommen. Mit einer Riesenportion Selbstvertrauen und ohne Angst vor großen Namen waren die Mergentheimer an der Elbe an die Schachbretter getreten und hatten ihre Gegner aus dem hohen Norden mit einer Mischung aus Unbekümmertheit, Disziplin, Moral und Einsatzbereitschaft in die Defensive gezwungen. Mit etwas Glück hätte auch die volle Ausbeute von vier Zählern eingefahren werden können. Doch auch die erzielten 3:1-Punkte sind aller Ehren wert – und haben die Schachfreunde Anderssen auf Anhieb in die obere Tabellenhälfte katapultiert.
Nach solch einem Auftakt geht’s mit breiter Brust ins Schwäbische und in dem Wissen, eine zumindest auf dem Papier schier unüberwindbare Hürde aus dem Weg räumen zu wollen. „Nach dem tollen Saisonstart am ersten Doppelspieltag erwarten uns mit zwei absoluten Top-Gegnern spannende Aufgaben. Wir sind natürlich wieder Außenseiter, werden aber das Unmögliche versuchen“, so Klaus Kistner. Beide Kontrahenten hatten zum Saisonstart ordentlich zu kämpfen: Baden-Baden hatte sich mit viel Mühe zwei Siege erkämpft, Deizisau kam auf einen Sieg sowie ein Unentschieden gegen Mitaufsteiger SV Deggendorf.
Das Maß aller Dinge
OSG Baden-Baden – in der stärksten Liga der Welt so etwas wie das Maß aller Dinge. Oder anders ausgedrückt: der wahre FC Bayern München im Schach-Oberhaus, was bislang 16 nationale Meistertitel eindrucksvoll unter Beweis stellen. In der abgelaufenen Runde hatte es für das Staremsemble von der Oos „nur“ zu Platz zwei hinter Viernheim gereicht. Doch jetzt soll wieder ein Großangriff auf den Titel gestartet werden – mit einer durchweg mit Großmeistern besetzten Weltklasse-Truppe. Mit Viswanathan Anand und Rustam Kasimdzhanov sitzen zwei Ex-Weltmeister an den Brettern, und mit der deutschen Nummer 1, Vincent Keymar, sowie Nationalspieler Alexander Donchenko gehören auch Vertreter der deutschen Bell-Etage zum Kader. Sie könnten auf die Litauer im Team der Kurstädter treffen, gegen die sie kürzlich bei der Schach-Olympiade in Budapest das Nachsehen hatten. Wiederholung aus Mergentheimer Sicht wünschenswert . . .
Premiere gegen Deizisau
Eine Premiere stellt für die Schachfreunde Anderssen der zweite Kontrahent des Wochenendes, Deizisau, dar. Obwohl es geografisch der nächstgelegene Gegner ist, ist man bislang noch nie in einem Punktespiel aufeinandergetroffen. Auch die Gastgeber sind mit einer stattlichen Anzahl an Nationalspielern bestückt, darunter die beiden Deutschen Dmitrij Kollars und Matthias Blübaum. Seit 2017 sind die Deizisauer erstklassig – und haben sich seitdem stets im oberen Tabellenbereich platziert. Letzte Saison hatte es zum glänzenden vierten Rang gereicht.
Lauter Zahlen, Fakten, Daten, die bei der Mergentheimer Truppe bestimmt Eindruck hinterlassen, der Respekt vor der Aufgabe bewegt sich allerdings in einem Bereich, der sie nicht in Ehrfurcht erstarren lässt. Mit dem Litauer Valeriy Kazakovskiy sitzt an Brett 1 ein absoluter Spitzenmann, der sich vor kaum einer anderen Nummer 1 in der Bundesliga verstecken muss. Er ist in der Lage, mit seinem Teamspirit seine vielen (jungen) Mitstreiter mitzureißen und ihnen so noch das eine oder andere Prozent an Kampfkraft und Stehvermögen zu entlocken. Zu ihnen gehört IM Timothe Razafindratsima, der als amtierender U18-Europameister eben erst die WM auf einem ausgezeichneten fünften Platz abgeschlossen hat – und diese Form auch am Wochenende unterstreichen möchte.
Hochmotiviert reisen die Schachfreunde Anderssen jetzt nach Deiszisau mit dem Bestreben, nicht ohne zählbaren Erfolg zurückzukommen, um zu zeigen, dass sie in der Bundesliga angekommen sind.
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