Handball

Erster Trainerjob für Löwen-Legende Andy Schmid

Handballer Andy Schmid prägte die Rhein-Neckar Löwen wie kein anderer Spieler. 2024 übernimmt er eine große Traineraufgabe

Von 
Marc Stevermüer
Lesedauer: 
Neue Rolle: Ab 2024 wird man Andy Schmid nur noch als Motivator am Spielfeldrand sehen. © Sörli Binder

Luzern/Mannheim. Der Weg war nicht komplett klar. Wie sollte er das auch sein? Im Leben gibt es schließlich immer ein paar Abzweigungen, die plötzlich alle Pläne über den Haufen werfen. Doch bei Andy Schmid zeichnete sich zumindest früh ab, dass er nach seiner aktiven Laufbahn dem Handball verbunden bleibt. Einerseits, weil der 39-jährige Schweizer das Spiel an sich in all seinen Facetten verstanden hat. Und andererseits, weil die Club-Ikone der Rhein-Neckar Löwen genau das immer wollte. Es war sein Plan. Sein Ziel. Sein Vorsatz.

In absehbarer Zeit wird nun aus dem Wunsch tatsächlich Wirklichkeit. Im Sommer 2024 folgt der endgültige Perspektivwechsel. Schmid tauscht die Seiten, hört auf als Spieler, fängt an als Trainer – und zwar von der Schweizer Nationalmannschaft, die 2028 eine Heim-EM bestreitet und bis dahin von ihm neu aufgebaut werden muss.

Jahrelang wurde das Team von einem Ausnahmekönner auf dem Feld geprägt, getragen und geführt. Sein Name: Andy Schmid. In Zukunft wird der Trainer Schmid aber ohne den Spieler Schmid auskommen müssen. Eine Zäsur. Und eine spannende Aufgabe.

„Es ist eine große Ehre, Coach von meinem Heimatland zu werden. Wie als Spieler werde ich mir auch als Trainer die höchsten Ziele setzen. Und um diese Ziele zu erreichen, werde ich mit der gleichen Leidenschaft und Hingabe agieren, als ob ich immer noch Spieler wäre“, sagt Schmid, der nach zwölf extrem erfolgreichen Jahren bei den Rhein-Neckar Löwen, wo er zu einem der besten Mittelmänner des Planeten und einer Club-Legende reifte, nun in seiner Heimat beim HC Kriens-Luzern unter Vertrag steht.

Es ist eine große Ehre, Coach von meinem Heimatland zu werden.

Als Spieler ist für ihn beim aktuellen Tabellenführer der Schweizer Liga in knapp 16 Monaten Schluss. Es folgt der Schritt, mit dem sich der verheiratete Familienvater bereit seit acht Jahren beschäftigt. Schmid ist also vorbereitet. Alles andere hätte bei ihm auch verwundert.

Im Jahr 2015 fing der Ex-Löwe an, sich Handballspiele noch intensiver und kritischer anzusehen, als er das ohnehin schon immer machte. Stets schrieb er sich etwas auf. Gutes. Schlechtes. Mal mehr. Mal weniger. Um sich anschließend mit den Erkenntnissen auseinanderzusetzen. „Anhand all der Dinge, die ich mir notiert habe, stelle ich mir häufiger die Frage: Was wäre mein Angriffs-, was mein Abwehrkonzept?“

Kurzum: Schmid fing schon vor langer Zeit an, wie ein Trainer zu denken, und hat damit seitdem nicht mehr aufgehört. Alles sei immer ein „fließender Prozess“ gewesen. Dinge wurden geändert, verworfen, angepasst und optimiert. Eigene Ideen flossen ein. Und von denen hat der 39-Jährige einige. Auf dem Feld kreiert er seit mehr als einem Jahrzehnt zuverlässig Spektakuläres.

Nikolaj Jacobsen hat mich eindeutig am meisten geprägt

Schmid weiß allerdings, dass all das nichts heißen muss. „Ein guter Spieler ist nicht zwangsläufig ein guter Trainer“, sagt der Schweizer und spricht diesen Satz nicht einfach nur daher, sondern wählt seine Worte mit Bedacht. Er betont sogar extra, von dieser Annahme „felsenfest überzeugt“ zu sein.

Gewiss: Taktisch und handballerisch wird ihm keiner etwas vormachen. Aber in all seinen Jahren als Profi hat Schmid eben auch erlebt, „dass zum Trainerdasein viel mehr gehört. Die soziale Komponente, das Führen einer Mannschaft und das Mitnehmen jedes Einzelnen sind von extremer Bedeutung.“ Seine Verantwortung ist künftig größer, das Arbeitsspektrum breiter. Es geht nicht nur um das Training, die Videoanalyse oder die taktische Vorbereitung, sondern vor allem auch um die Kommunikation.

Laut Schmid ist „Teamgeist der entscheidende Faktor für Erfolg“. Und eben nicht nur reine individuelle handballerische Klasse. Schließlich gehe es immer um Menschen, die „gemeinsam am Werk sind. Und wenn die zusammenhalten, stimmt die Basis. Dann ist alles möglich“.

Der 39-Jährige hat genau das selbst erlebt. Vor allem, als Nikolaj Jacobsen die Löwen zwischen 2014 und 2019 zu zwei Meisterschaften und einem Pokalsieg führte.

Der dänische Erfolgscoach habe ihn „eindeutig am meisten geprägt“, sagt der Schweizer. Weil Jacobsen eben genau das hinbekam, was Schmid als Kernkompetenz bei einem Toptrainer ausgemacht hat: „Nikolaj ist eine echte Persönlichkeit mit einem großen Herz und einer intensiven Beziehung zur Mannschaft. Deswegen sind wir für ihn als Löwen durchs Feuer gegangen.“ Und deswegen machen das gerade auch alle dänischen Nationalspieler für den Trainer Jacobsen, der zuletzt mit den Skandinaviern dreimal in Folge WM-Gold holte.

Von derartigen Erfolgen ist Schmid logischerweise extrem weit entfernt. Doch eine Menge ehemaliger Weggefährten und Rivalen trauen ihm viel zu. Der Schweizer sei mit einem „riesigen Handball-IQ“ ausgestattet, schwärmt der Nationalspieler und Ex-Löwe Hendrik Pekeler. Und Maik Machulla, zweifacher Meistertrainer des langjährigen Konkurrenten SG Flensburg-Handewitt legt sich fest: „Andy ist ein Handballkopf und bringt alles mit, um ein guter Trainer zu werden.“

Vielleicht auch irgendwann bei den Löwen? Schmid selbst nannte das bei seinem Abschied aus Mannheim vor einem Jahr „eine romantische Vorstellung“. Manchmal geht es im knallharten Profisport aber eben auch kitschig zu.

Redaktion Handball-Reporter, Rhein-Neckar Löwen und Nationalmannschaft

Thema : Rhein-Neckar Löwen

  • Rhein-Neckar Löwen Rhein-Neckar Löwen gegen Stuttgart: Darum ist das Bekannte unbekannt

    In der Handball-Bundesliga treffen die Rhein-Neckar Löwen auf den TVB Stuttgart. Der Gegner hat es in sich. Und das hat einen Grund.

    Mehr erfahren
  • Rhein-Neckar Löwen Rhein-Neckar Löwen: So bewerten Gensheimer und Groetzki den Saisonstart

    Die Rhein-Neckar Löwen sind mit 10:8 Punkten in die Saison gestartet. Das sagen Sportchef Uwe Gensheimer und Kapitän Patrick Groetzki dazu.

    Mehr erfahren
  • Rhein-Neckar Löwen „Kotzt mich an“: Darum ist Löwen-Trainer Machulla angefressen

    Nach der Niederlage der Rhein-Neckar Löwen beim TBV Lemgo Lippe wird Trainer Maik Machulla sehr deutlich. Besonders mit einem Thema hat er ein Problem.

    Mehr erfahren

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen