Handball

Darum überrascht sich Löwen-Neuzugang Heymann selbst

Sebastian Heymann ist ein Schlüsselspieler der Rhein-Neckar Löwen. Er wirft Tore, stabilisiert die Abwehr. Hinzu kommt außerdem eine unerwartete Wesensveränderung

Von 
Marc Stevermüer
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Löwen-Legende Andy Schmid kehrt als Nationaltrainer der Schweiz in die Mannheimer SAP Arena zurück. © Pix

Mannheim. Wer Sebastian Heymann eine Whatsapp-Nachricht schreibt, der staunt erst mal nicht schlecht. Denn sein Profilbild zeigt ihn im Trikot von Frisch Auf Göppingen, seinem Ex-Verein im Schwabenland. Was zu einer gewissen Brisanz führt. Denn seit Juli steht der Handball-Nationalspieler bei den Rhein-Neckar Löwen unter Vertrag, dem Landesrivalen aus dem Badischen. „Ich bin einfach noch nicht dazu gekommen, das zu ändern“, sagt Heymann und lacht, weil er schon von mehreren auf diesen vermeintlichen Fauxpas hingewiesen wurde.

Wer allerdings um die Verbundenheit des gebürtigen Heilbronners zu seinem ehemaligen Arbeitgeber weiß, der wird vermutlich noch ein wenig Verständnis aufbringen. Acht Jahre spielte der wurfgewaltige Rückraum-Rechtshänder in Göppingen, wo ihm als 18-Jähriger die Chance in der Bundesliga gegeben wurde.

Sebastian Heymann: „So kenne ich mich eigentlich nicht“

„Frisch Auf wird in meinem Herzen immer einen großen Platz einnehmen. Mir wurde dort in jungen Jahren sehr viel Vertrauen entgegengebracht, in Göppingen bin ich zum Nationalspieler gereift und ich wurde auch nach meinen beiden Kreuzbandrissen unterstützt“, blickt Heymann zurück auf eine Zeit, für die er „extrem dankbar“ ist, weshalb „ich diesen Club immer intensiver als andere Vereine verfolgen werde.“

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Doch im Sommer begann für ihn in Mannheim ein neues Kapitel - mit einem gelungenen Start. Vor der Ligapartie am Montag (19 Uhr/live bei Dyn) in der SAP Arena gegen den HSV Hamburg stehen die Löwen bei 6:2 Punkten. Heymann nimmt dabei eine tragende Rolle ein - in mehrfacher Hinsicht.

Plötzliche Explosion der Gefühle im Heimspiel gegen Kiel

Der Heilbronner stabilisiert im Innenblock die Abwehr, sorgt im Angriff für Torgefahr und nimmt die Rolle des emotionalen Anführers ein. Vor allem in den Heimspielen gegen den THW Kiel und die MT Melsungen feierte er Ballgewinne, Tore und Paraden. Einfach alles. Was eher untypisch für den bodenständigen Schwaben ist. Denn so hatte man ihn noch nie gesehen.

„Der ist gar nicht so zurückhaltend, wie alle gedacht haben“, scherzt Spielmacher Juri Knorr. Wobei das nur die halbe Wahrheit ist. Denn Heymann räumt ein, von sich und seiner plötzlichen Explosion der Emotionen selbst überrascht zu sein. „Ich weiß auch nicht, was da los war. So kenne ich mich eigentlich nicht“, sagt er mit Blick auf das Kiel-Spiel: „Ich bin zuvor eher der ruhigere Typ gewesen, der selbst nach seinen eigenen Toren nicht richtig aus sich herauskommt.“

Vielen gefällt diese neue, impulsive Art allerdings. Weil sie Fans und Mitspieler mitreißt, was aus dem Heilbronner automatisch einen Energieversorger macht. Denn er lädt gerade alle mit Emotionen auf und lässt sein Herz auf der Platte. Das sieht und spürt man. Seine Gefühle sind echt. Und das Wichtigste: Heymann fühlt sich wohl damit: „Ich versuche, das jetzt für mich so mitzunehmen. Es hilft mir und auch der Mannschaft, der ich immer etwas geben will.“ Was er im Moment auf jeden Fall tut.

Löwen-Trainer Hinze als einer der Hauptgründe für den Wechsel

Der 26-Jährige ist einer der Schlüsselspieler und präsentiert sich genauso, wie sich das Sebastian Hinze wünscht. „Wir wollten, dass Basti eine emotionale Führungsrolle übernimmt, gerade weil er eine hohe Präsenz auf dem Feld hat. Und das ist ihm bislang hervorragend gelungen. Es kommt von ihm selbst. Denn Emotionen zu zeigen - das kann man niemandem aufzwingen“, sagt der Löwen-Trainer, der sich die leidenschaftlichen Auftritte seines Zugangs vor allem mit dem Wohlfühlfaktor erklärt: „Bei ihm ist es ein Paket. Basti fühlt sich wohl im System, er fühlt sich wohl mit seinen Nebenleuten und er fühlt sich wohl in seinem neuen Umfeld.“ Zu dem natürlich auch Hinze selbst gehört.

Der Trainer ist einer der Hauptgründe, warum Heymann nach Mannheim wechselte. „Als ich mich mit Sebastian in Sinsheim getroffen habe, hat er mich sofort gepackt. Mit seiner Art, wie er den Handball lebt - und wie er spielen lassen möchte“, sagt Heymann und spricht von einem „Gesamtpaket“ bei den Löwen, das „mir nicht viele Vereine bieten können“.

Ruhe und Besonnenheit zeichnen Heymann auch in Stresssituationen aus

Er meint das Umfeld, die Ambitionen, die Nähe zur Familie in Heilbronn und eben auch Hinze, der bedingungslos auf ihn setzt. Der 1,98-Meter-Hüne erhält reichlich Einsatzzeit, darf Fehler machen. Er ist eine Säule im Löwen-Spiel.

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„Um mich sicher zu fühlen, muss ich das Vertrauen des Trainers spüren. Und das ist hier der Fall, was mir extrem viel bedeutet und dabei hilft, diese wichtige Rolle einzunehmen“, so der Rückraummann, der sich bislang sehr stabil präsentiert. Selbst wenn mal etwas danebengeht, verliert das Kraftpaket nicht die Nerven, sondern besinnt sich auf seine Fähigkeiten und bewahrt die Ruhe. Was allerdings nicht immer so in seiner Karriere war.

Von Basketball-Legende Michael Jordan inspiriert

Es gab eine Zeit, in der sich Heymann von ein, zwei Fehlwürfen herunterziehen ließ und sich plötzlich mehr mit sich selbst als mit dem Spiel beschäftigte. „Da habe ich mit mir gehadert und die Schultern hängen lassen. Der Kopf ging nach unten. Die Körpersprache stimmte überhaupt nicht mehr, alles war negativ“, erinnert er sich. Nun sei er wesentlich reifer, was auch mit seinen Kreuzbandrissen zusammenhinge: „Ich habe viel mit Mentaltrainern zusammengearbeitet - gerade nach meinen schweren Verletzungen. Das waren Rückschläge, von denen ich nicht wusste, wie ich damit umgehen soll. Deswegen habe ich mir Hilfe gesucht.“

Außerdem habe er sich von „The Last Dance“, der Dokumentation über Basketball-Legende Michael Jordan, inspirieren lassen: „Solche Sportgeschichten faszinieren mich. Es ist interessant, zu sehen, wie die Größten ihrer Sportart mit Rückschlägen umgegangen sind.“

Mit viel Freude und entsprechender Körpersprache in jedem Training

Das musste der 26-Jährige in seiner Karriere ebenfalls. Mit dem Wechsel zu den Löwen hat er dieses Kapitel aber auch räumlich hinter sich gelassen. „Ich spüre momentan sehr viel Freude. In jedem Training und in jedem Spiel“, sagt Heymann, bei dem es wichtig ist, genau zuzuhören. Denn von Bedeutung ist nicht nur, was er sagt. Sondern auch, wie er es sagt. Der pure Spaß ist ihm anzumerken. Fast wirkt es so, als wolle er hinter seine Sätze noch mit dem Zeigefinger ein Ausrufezeichen in die Luft malen, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen.

Keine Frage: Heymann ist rundum glücklich, die Löwen sind für ihn ein Neustart. Komplett trennen kann er sich von Frisch Auf aber trotzdem noch nicht. Zumindest bei Whatsapp.

Redaktion Handball-Reporter, Rhein-Neckar Löwen und Nationalmannschaft

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