Göppingen. Der Sport ist ein schnelllebiges Geschäft. Von heute auf morgen kann sich viel, manchmal sogar alles verändern. Der Tabellenstand, die Zukunftsaussichten, vielleicht sogar das Personal. Oft bedarf es nur eines besonderen Moments oder eines erzwungenen Glücks - und plötzlich wird das emotionale und leistungsmäßige Tief durch ein absolutes Hoch abgelöst.
Die Rhein-Neckar Löwen erleben gerade genau solch eine spannende Phase. Es ist erst drei Wochen her, da war nicht alles, aber doch das eine oder andere schlecht. Vor allem die Gemütslage nach zwei Niederlagen beim TBV Lemgo Lippe und gegen den ThSV Eisenach. Doch nun, drei Siege in Serie später, sieht alles schon wieder ganz anders aus.
Martinovic überragt beim Erfolg in Göppingen mit 15 Toren
„Berlin war der Schlüsselmoment“, weiß Trainer Sebastian Hinze, dass der Erfolg über den Hauptstadt-Club im Pokal-Achtelfinale nicht nur den Einzug ins Viertelfinale mit sich brachte, sondern für einen generellen Stimmungsumschwung sorgte.
„Mir haben schon unter der Woche ein paar Jungs im Training gesagt, dass sie wieder das Gefühl vom Saisonstart haben“, berichtet Hinze nach dem ungefährdeten 36:30 (20:16)-Sieg im baden-württembergischen Landesderby bei Frisch Auf Göppingen. In der zweiten Halbzeit führen die Löwen die Schwaben phasenweise vor, setzen sich mit zehn Toren Vorsprung ab. In diesen Augenblicken sieht alles so einfach, so klar und so selbstverständlich aus. Weil auch die Unsicherheit verschwunden ist.
Sportchef Uwe Gensheimer gefällt das veränderte Auftreten, die „Art und Weise“, wie seine Mannschaft auftrete. Er zählt die „Intensität“ auf - und auch die wieder entdeckte Widerstandsfähigkeit: „Wir lassen uns nicht aus der Ruhe bringen, sondern glauben auch in schlechten Phasen an unser System. Das war gegen Eisenach ein bisschen anders, da haben wir die Fehlwürfe zu sehr auf uns wirken lassen.“
In Göppingen vergeben die Löwen am Samstag ohnehin kaum eine Torchance. Allen voran nicht der wieder einmal überragende Ivan Martinovic. Der Kroate erzielt 15 Treffer bei 16 Versuchen, trifft spektakulär aus großer Distanz, schnörkellos beim Siebenmeter, überlegt im Gegenstoß, kunstvoll per Dreher oder durchsetzungsstark nach einem gewonnenen Zweikampf. „Es waren ein paar Varianten dabei. Und es ist ganz gut gelaufen“, sagt der Linkshänder hinterher mit einem Grinsen. Seine Worte sind natürlich nichts anderes als eine Untertreibung. Fast so, als würde man sagen, dass Harry Kane in der Fußball-Bundesliga ein ordentlicher Stürmer ist, der ab und zu Tore erzielt.
„Ivan sagt immer: Wenn sein erster Wurf reingeht, dann weiß er, dass er einen guten Tag hat“, sagt Hinze. In Göppingen trifft Martinovic gleich nach 90 Sekunden. Es ist also ein guter Tag. Hart und präzise fliegt der Ball bei angezeigtem Zeitspiel in den Winkel. Es ist ein schwerer Wurf - und der Startpunkt der irren Martinovic-Show, die auch die Kollegen staunen lässt.
„Er ist einfach nur hochgesprungen oder gelaufen und hat sich offensichtlich vorgenommen, dass alles hier selbst zu erledigten“, schwärmt und scherzt Spielmacher Gustav Davidsson. Auch die Worte von Olle Forsell Schefvert klingen nach Bewunderung: „Ivan kann Dinge spontan erledigen. Er sieht Sachen, die andere nicht sehen. Seine Wurfqualität ist etwas Besonderes. Ivan kann aus nichts alles machen. Ich wünschte, ich könnte das auch.“
Mit nun 14:8 Punkten halten die Löwen in der Bundesliga Anschluss an die Plätze, die zur Teilnahme an einem internationalen Wettbewerb berechtigen. Nach der Niederlage des Tabellenführers MT Melsungen (18:4 Punkte) befinden sich die Mannheimer rein von der Papierform sogar im Kampf um Meisterschaft und Champions-League-Qualifikation. Darauf angesprochen, antwortet Trainer Hinze, dass das „streng genommen“ wirklich so sei. Er will dem auch gar nicht widersprechen.
Doch der Trainer weiß die Konstellation ganz gut und vor allem realistisch einzuschätzen. Zumal die Liga Woche für Woche zeigt, wie verrückt es in dieser Saison zugeht. Zwischen Rang eins und neun liegen gerade einmal vier Punkte, auf den ersten beiden Plätzen liegen Melsungen sowie die punktgleichen Hannoveraner (18:4) - und nicht die beiden Titelfavoriten SC Magdeburg (14:6) und SG Flensburg-Handewitt (17:5).
„Ich weiß nicht, wie viele Mannschaften in dieser Saison schon eine Krise hatten und dann wieder einen Lauf, das geht alles ganz, ganz schnell“, weiß Hinze aus eigener Erfahrung und verweist auf die Unberechenbarkeit der Liga. Keine Mannschaft kann sich sicher sein, jedes Team ist gegen fast jeden Gegner gefährdet.
Die stärkste Liga der Welt macht ihrem Ruf gerade alle Ehre, weshalb es der Löwen-Trainer „total wichtig“ findet, ein Auswärtsspiel wie das in Göppingen zu gewinnen: „Wenn sowas gelingt, kann man den Anschluss nach oben halten.“ In ein paar Tagen kann das aber schon wieder ganz anders aussehen. Am Donnerstag (19 Uhr) kommt schließlich der VfL Gummersbach in die Mannheimer SAP Arena.
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