Mit der Geduld ist das immer so eine Sache. Gerade in einer Karriere als Profi-Handballer, die bekanntermaßen zeitlich begrenzt ist. 15 Jahre in diesem ebenso knallharten wie kräftezehrenden Geschäft sind schon richtig viel. Auch wenn manch einer auf diesem hohen Niveau und trotz extremer Belastung noch länger durchhält. Zum Beispiel Andy Schmid, Gudjon Valur Sigurdsson und Alexander Petersson, die alle auch bei den Rhein-Neckar Löwen eine großartige Geschichte schrieben. Doch wenn wir ehrlich sind: Was die Karriere-Laufzeit angeht, ist jeder aus diesem Trio eine absolute Ausnahme. Erst recht als Feldspieler. Die meisten Karrieren enden deutlich schneller, weshalb es auch eigentlich keine Zeit auf der Bank zu verschenken gibt.
Hin und wieder muss man aber geduldig sein und auf seine Chance warten, obwohl es sich nicht gut anfühlt, zum zuschauen verdammt zu sein. Steven Plucnar machte diese Erfahrung in der vergangenen Saison bei den Löwen. Den gewaltigen Herausforderungen im Stahlbad Bundesliga war der Däne damals nicht immer gewachsen, doch der 23-Jährige gab nicht auf. Weil nämlich im Prinzip alles so lief, wie er es sich vielleicht nicht erhofft, aber eben doch erwartet hatte. Als Soforthilfe war der Kreisläufer von Trainer Sebastian Hinze nämlich ohnehin nicht vorgesehen, als er im Sommer 2023 vom dänischen Erstligisten KIF Kolding nach Mannheim kam.
„Ich habe mich vor meinem Wechsel zu den Löwen mit Sebastian ausgetauscht. Er hat mir einen Weg aufgezeigt, wie ich mich entwickeln kann. Und dazu gehörte es, dass ich mich in meinem ersten Jahr an die Bundesliga gewöhnen und einleben soll“, berichtet der 2,01-Meter-Hüne von einem Plan und einer Perspektive, die ihm vom Trainer aufgezeigt worden sei. Letztendlich überzeugte ihn das Paket. Auch weil er sich selbst realistisch einschätzen kann.
Plucnar weiß, dass er kein Wunderkind und auch kein Senkrechtstarter ist. Der Kreisläufer war auch nie ein Megatalent oder ein Hochbegabter. Obwohl er wie Superstar Mathias Gidsel und manch ein anderer dänischer Ausnahmekönner aus der weltberühmten Nachwuchsakademie von GOG Gudme kommt, musste sich der fleißige viele Dinge hart erarbeiten. Die Fortschritte erfolgten langsamer - aber stetig. Und letztendlich führen auch die kleinen Schritte irgendwann nach oben.
Dort ist Plucnar zwar immer noch nicht angekommen, aber er bekommt beim zweifachen Meister und Pokalsieger mittlerweile mehr Einsatzzeit. Auch wenn es natürlich an Stammkraft Jannik Kohlbacher kein Vorbeikommen gibt. Doch Plucnar kennt seine Rolle. Und nimmt sie gerne an. Er soll für Entlastung sorgen. „Es fühlt sich gut an, ich will der Mannschaft immer etwas geben - und wenn es nur paar Minuten sind“, meint der Däne, der über sich selbst sagt, „gerne arbeiten“ zu wollen. In der Tat gibt sich 23-Jährige wissbegierig und strebsam. Er hört aufmerksam zu, nimmt Tipps gerne an. Und ist noch dazu bereit, viel zu arbeiten, sich zu quälen und Extraschichten einzulegen.
Mit Co-Trainer Michael Jacobsen sieht man ihn hin und wieder im Vorraum der Kronauer Trainingshalle. Dort stehen immer wieder Koordinationsübungen an, es geht um Reaktionsschnelligkeit und Beinarbeit. „Es sind viele kleine Dinge, die ich besser machen kann“, sagt Plucnar und fühlt sich durch seine Fortschritte bestätigt: „Die Abstimmung mit dem Rückraum funktioniert mittlerweile reibungsloser.“
Beim Ligaspiel in Leipzig, als Kohlbacher verletzt fehlte, erzielte der Vertreter des deutschen Nationalspielers sechs Treffer bei acht Versuchen. Gegen Hamburg kam er zu einem Kurzeinsatz: zwei Würfe, zwei Tore. Und in der Abwehr ist der Däne ohnehin zu gebrauchen. Neuerdings sogar auf der Halbposition, auch wenn ihm persönlich der Job im Mittelblock besser gefällt.
Die Mannschaftskollegen nehmen den Aufwärtstrend beim Kreisläufer mit Freude zur Kenntnis. „Steven arbeitet immer sehr viel an sich. Und das sieht man jetzt auch auf dem Feld“, lobt Kapitän Patrick Groetzki, der um die Bedeutung der Kaderbreite weiß. Zwar hatten die Löwen in ihren Meisterjahren - wie auch jetzt - eine klare erste Formation. Und trotzdem geht es nicht ganz ohne Wechsel.
Der eine oder andere braucht mal eine Verschnaufpause oder hat einen schlechten Tag. Und in Phasen wie diesen benötigt eine Mannschaft ein paar Kräfte auf der Bank, die dann genau wissen, was zu tun ist. So wie Plucnar. „Wenn Steven eingesetzt wird, ist er gleich da. Er verleiht der Abwehr Stabilität, auch im Angriff war das bislang gut. Wir wissen, dass wir uns auf ihn verlassen können. Es ist wichtig, Alternativen zu haben“, sagt Rechtsaußen Groetzki.
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