FN-Interview

Wie das Fechten Leipzig mit Tauberbischofsheim verbindet

Sportfans dürften Michael Drevenstedt kennen. Der Sportreporter war vielfach bei Olympia im Einsatz. Hier spricht er über seinen Werdegang, seine Beziehung zu Tauberbischofsheim und wie eine missglückte Pressekonferenz zum Höhepunkt wurde.

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Stefanie Čabraja und Simon Retzbach
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Sportreporter Michael Drevenstedt (links) im Gespräch mit den FN-Reportern Stefanie Cabraja und Simon Retzbach. © Nicola Beier

Tauberbischofsheim/Leipzig. Beruflich führte es MDR-Sportreporter Michael Drevenstedt auch schon in den Main-Tauber-Kreis nach Tauberbischofsheim. So moderierte er im einstigen Olympiazentrum an der Tauber zahlreiche Turniere und Veranstaltungen. Daher ist der Sportredakteur des „MDR“ in Leipzig auch in der Region nicht nur durch seine TV-Moderationen bekannt.

Herr Drevenstedt, was verbinden Sie außer dem Fechten mit Tauberbischofsheim?

Michael Drevenstedt: Es ist eine wunderbare Stadt, in der ich mich immer wohlgefühlt habe und weiter wohlfühle. Es ist eine kleine, beschauliche Stadt mit herrlicher Umgebung, eine Wohlfühlatmosphäre. Mit Bezug aufs Fechten: Die Fechter hatten hier viel Zeit und auch Ruhe, ihrem Sport nachzugehen.

Fechten ist das Stichwort: Wie hoch schätzen Sie die Chancen von Anne Sauer bei Olympia ein?

Drevenstedt: Alles ist möglich. Sie hat den Grand Prix in Shanghai gewonnen, hat nochmal Podestplätze geholt und ist zuverlässig vorne mit dabei. Ihr Lebensgefährte Benjamin Kleibrink ist 2008 Olympiasieger geworden und jetzt auch ihr Trainer. Ich gehe davon aus, dass Benjamin Kleibrink weiß, wie es geht. In einem Interview der Fränkischen Nachrichten mit ihr habe ich gelesen, dass sie sehr gut mit sich im Reinen ist und sie sich da hoffentlich nicht so viel Druck aufbaut. Und dann sage ich mal so: Genuss und Ehrgeiz, das kann eine sehr gute Symbiose sein. Wenn sie einen guten Tag hat, ist für mich auch Gold möglich.

Sie sind als Sportreporter auch bei den kommenden Olympischen Spielen in Paris wieder aktiv. Es sind ja nicht Ihre ersten Spiele. Ist die Vorfreude immer noch genauso groß?

Drevenstedt: Ja, absolut.

Wenn sie einen guten Tag hat, ist für mich auch Gold möglich."
Michael Drevenstedt über die Olympiachancen von Fechterin Anne Sauer

Wie bereitet man sich als Reporter darauf vor?

Drevenstedt: Ich bereite mich eigentlich ständig vor, wenn ich ehrlich bin. Weil ich permanent Wettkämpfe besuche und mir bei YouTube die Fechtkämpfe der beiden deutschen Starter, Anne Sauer und Matyas Szabo, anschaue. Insofern bin ich immer gut eingearbeitet. Daher bereite ich mich dann im Vorfeld nicht mehr ganz so intensiv vor, sondern bin schon gut vorbereitet, wenn ich dahingehe. Ich weiß noch, meine ersten Olympischen Spiele 2004, da habe ich zwei dicke Leitz-Ordner mitgenommen. Die waren zum einen schwer und zum anderen stand haufenweise Unsinn drin, den ich nicht gebraucht habe. Seitdem nehme ich so etwas nicht mehr mit. Ich lebe von dem, was ich mir über die Jahre so angeeignet habe und natürlich von dem, was man von den Athleten kurz vor dem Wettkampf noch hört.

Was ist das Schönste am Beruf des Sportredakteurs?

Drevenstedt: Das „Riechen und Schmecken“. Wenn du vor Ort bist und das Massageöl riechst oder die Schweißtropfen der Sportler ganz genau siehst, weil man ganz nahe dran sitzt. Wir waren zum Beispiel bei der Fechtweltmeisterschaft 2006 in Turin. Da bin ich mal ganz nahe an so eine Bahn rangeschlichen, und der spätere Weltmeister focht und atmete ganz schwer unter seiner Maske. Und diese Nähe finde ich cool. Das ist eigentlich bei jeder Sportart so: Wenn du ganz nah an den Leuten dran bist und die gegensätzlichen Gefühle beim Gewinnen und Verlieren erleben und regelrecht spüren kannst, das finde ich irgendwie total spannend.

Stichwort „Ganz nah dran“: Durch Ihren Beruf haben Sie schon viel von der Welt gesehen und waren oft ganz nah dran. So saßen Sie schon direkt neben absoluten Sportlegenden wie Pelé. Was war die prägendste Erfahrung Ihres Berufslebens?

Drevenstedt: Absolut das Treffen mit Pelé. Das ist auch das, womit ich persönlich sehr viel angebe, wenn ich ehrlich bin. Ich war beispielsweise mal im Urlaub in Thailand. Im Gespräch mit einem Barkeeper über meinen Beruf konnte ich es mir nicht verkneifen, ihm das Bild von mir mit Pelé zu zeigen. Den kennt ja nun wirklich jeder. Ich erinnere mich noch: Als Kind in der DDR redeten wir darüber, wer der beste Fußballer sei. Als da der Name „Pelé“ fiel, wusste ich erst gar nicht, was das heißt. Das war so weit weg wie der Mars. Den mal spielen und sogar kennenzulernen, war damals unvorstellbar. 2005 stellte er dann einen Kinofilm in Leipzig vor, und ich wurde gefragt, ob ich die Pressekonferenz dafür moderieren könnte. Sie konnten mir kein Geld dafür bieten, aber eben Pelé. Ich habe null Sekunden gebraucht, um das zuzusagen. Letztlich war es aber mehr wie ein Fantreffen und weniger eine Pressekonferenz. Alle waren total aufgeregt. Da geht wirklich nichts drüber.

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Sie haben eine ziemlich bunte Vita: Fechten, Musik, Radio und jetzt Fernsehen. Wie sind Sie zum MDR gekommen?

Drevenstedt: Ich war in der DDR lange Zeit als Musiker und Sänger unterwegs. Als die Wende kam, wollten die Leute hier eigentlich keine Ostbands mehr hören. Die ganze Szene lag ziemlich brach und man hat überlegt, was man jetzt machen kann. Da hörte ich von anderen Musikern, dass sie beim Radio angefangen haben. Da habe ich mich beworben und dann hatte ich das Glück, dass sie mich als Sänger kannten. So kam ich zum Radio und später dann zum MDR. Das war dann so ein Stück weit wieder der logische Weg. Aber dass ich den Schritt zum Radio gemacht habe, war ein Stück weit Glück.

Durch diesen Beruf, den Sie ja mehr durch Glück und Offenheit ergriffen haben, hat sich letztlich eine ganz neue Welt aufgetan, die man sich als Bürger der DDR und gelernter KFZ-Schlosser wohl nicht hätte vorstellen können. Denken Sie da heute noch oft drüber nach?

Drevenstedt: Ja. Ich denke oft, dass der liebe Gott da irgendwie auf mich aufgepasst hat. In der DDR waren die Laufbahnen ja stark vorgegeben, das Land war geschlossen. Man hat einen Beruf erlernt und in dem war man für die nächsten Jahrzehnte tätig. Für mich als Musiker waren die Freiheiten zwar etwas größer, aber auch da war man ja in einem geschlossenen System. Es war ein sehr kleines Land, von Leipzig aus ist man in eineinhalb Stunden mit dem Auto schon an der damaligen Grenze zu Westdeutschland gewesen. Dass so etwas für mich dann möglich war, da kann man nur sagen: Tierisch Glück gehabt!

Bei all den vielfältigen Interessen: Sehen wir Sie eventuell noch in einer anderen Rolle als im Fernsehen?

Drevenstedt: Nein, das glaube ich nicht. Ich habe noch ein kleines Musikprogramm am Laufen mit einem Gitarristen und bin mit dem zufrieden, was ich hier mache. Das Newsgeschäft ist schon sehr stressig, sehr verdichtet.

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