Was hierzulande Franz Beckenbauer im Fußball oder Heiner Brand im Handball sind, das ist Alexander Pusch für den Fechtsport – ein Aushängeschild. Jüngster Fecht-Olympiasieger, mehrfacher Welt-, Europa- und Deutscher Meister, dazu unzählige weitere Spitzenplatzierungen auf nationalem und internationalem Parkett – die Vita des waschechten Bischemers liest sich wie das „Who‘s who“ der Degenszene. Statt die Gegner auf der Planche auszukontern, pariert der Jahrhundertfechter an diesem Donnerstag jedoch ausschließlich Geburtstagswünsche. Denn Alexander Pusch wird 70 Jahre alt. Er, der sowohl als Aktiver als auch als Trainer zu Weltmeister-Ehren gelangte - wie Beckenbauer und Brand.
Pusch war zu seiner aktiven Zeit schnell auf den Beinen und perfekt im Umgang mit der Klinge – der „Karajan des Fechtens“, der deutsche Sportgeschichte geschrieben hat und 2016 in die „Hall of Fame des deutschen Sports“ aufgenommen wurde. In den 1970- und 1980er Jahren war er, der im Übrigen einst durch seine Mutter Lydia zum Fechten gekommen war, zur internationalen Größe aufgestiegen – zu einer ohne jegliche Starallüren. Er zählt bis in die Gegenwart weltweit zu den erfolgreichsten Athleten der Fechtsportszene und hatte früher wesentlichen Anteil daran, dass sein Verein FC Tauberbischofsheim aufgrund unzähliger Medaillen, die er und viele Mitstreiter bei sportlichen Großereignissen gewonnen hatten, weltweiten Ruhm erlangte.
Alexander Pusch war hoch konzentriert im Wettkampf und kaum aus der Ruhe zu bringen. Er wirkte keinesfalls wie ein Draufgänger, sondern eher wie der stille, gewiefte Taktiker, der seinen Kontrahenten oftmals einen Schritt voraus zu sein schien. Während sie noch ihr Equipment am Rande der Planche richteten, wusste der „Mister Degen“ bereits, wie er ihnen beikommen wollte. Und dabei half ihm stets das Motto „Cool bleiben, auch wenn‘s mal brenzlig wird“. Pusch galt als ein „Philosoph der Fechtkunst“. Während sich manch anderer mit dem Degen in der Hand regelrecht abmühte, tanzte er förmlich über die Planche – geschickt und clever im Angriff, stilvoll im Rückzug.
Der Neu-Siebziger, der sich immer noch gerne an die großen Erfolge der 1970- und 1980-Jahre mit den Highlights Olympische Spiele in Montreal und Los Angeles zurückerinnert, als bei Empfängen in seiner Heimatstadt über 25.000 Menschen die Erfolge der deutschen Fechter frenetisch feierten, war auch außerhalb der Wettkämpfe ein gefragter Mann. Interviews mit ihm glichen bisweilen einem Fechtduell: elegant und nie ganz ohne Überraschung. Beispiel gefällig? „Früher hatte ein Trainer vier Sportler, heute hat ein Sportler vier Trainer...“
Auch nach seiner aktiven Laufbahn blieb Alexander Pusch, der mit seiner Frau Ute nach wie vor in der Kreisstadt an der Tauber lebt und als dessen großer Förderer Emil Beck gilt, dem Sport treu – als Trainer (er gilt als Garant dafür, dass Anja Fichtel eine Weltkarriere im Damenflorett startete), Kommentator und scharfzüngiger Beobachter der (Fecht-)Szene. In all der Zeit waren Bodenständigkeit und Bescheidenheit große Stärken des Jubilars, der als Coach übrigens auch lukrative Angebote aus den USA und Saudi-Arabien hatte. „Auf der einen Seite hätte es mich gereizt, etwas Neues zu machen. Doch meine Frau und meine Mutter waren mir damals auf der anderen Seite viel wichtiger.“
Jetzt, mit 70, nimmt Alexander Pusch den Degen nur noch selten in die Hand. Stattdessen schwingt er viel lieber den Golfschläger – seit drei Jahrzehnten im Eagles Charity Club für wohltätige Zwecke. Wer ihm an diesem Donnerstag zum Ehrentag gratulieren möchte, sollte auf manche Anekdoten und Pointen gefasst – und auf einen Jubilar, der den Schalk im Nacken hat.
Die Fränkischen schließen sich den zahlreichen Gratulanten zum 70. Geburtstag an.
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