Kreistag

Neckar-Odenwald-Kreis: Stürmische Zeiten für den Haushalt

Der Neckar-OdenwaldKreis und damit auch seine 27 Kommunen müssen 2024 den Gürtel enger schnallen. In seinem Haushaltsentwurf zeigte Landrat Dr. Achim Brötel ein erwartetes Defizit von 4,1 Millionen Euro auf.

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Von Michael Fürst
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Wind und dunkle Wolken: Landrat Dr. Achim Brötel meinte mit Blick auf den Haushalt 2024, dass man sich auf stürmische Zeiten einzustellen habe © Michael Fürst

Buchen/Neckar-Odenwald-Kreis. Exakt eine Stunde und 15 Minuten benötigte Dr. Achim Brötel am Montagabend bei der Kreistagssitzung in der Buchener Stadthalle, um den Haushaltsplan des Neckar-Odenwald-Kreises für 2024 vorzustellen. Sein Fazit fiel weder positiv noch negativ aus, also eher neutral: „Alles in allem haben wir in der Vergangenheit sicher schon einfachere Haushalte zu beraten gehabt als diesen. Es hat allerdings auch schon wesentlich schwierigere gegeben.“

Achim Brötel nutzte seine wie immer eloquent vorgetragene Haushaltsrede, bei der Zitate aus Goethes „Götz von Berlichingen“ der rote Faden waren, aber auch dafür, um diverse Vorgehensweisen in der Bundes- und Landespolitik scharf zu kritisieren. „Dieser Staat muss endlich wieder normal werden, damit wir uns mit künftig tendenziell eher weniger Personal auf diejenigen Aufgaben konzentrieren können, die wirklich wichtig sind.“ Als er das gesagt hatte, erhielt er ebenso spontanen Applaus der Kreisräte wie bei seinem Satz „Es kann einfach nicht sein, dass die Fledermaus inzwischen wichtiger ist als das Schulkind.“

Kritik an Bundespolitiker

Dem Landrat war dieser Ausflug in die Bundes- und Landespolitik deshalb wichtig, um die Zusammenhänge von oben (Bund) bis nach unten (Kreise und Kommunen) zu verdeutlichen. Dies war vor allem beim Thema Krankenhäuser der Fall. Die von Bundesgesundheitsminister Lauterbach angekündigte Krankenhausstrukturreform sei „noch nicht über ein bloßes Stückwerk hinausgeraten“. Sarkastisch-ernst waren in diesem Zusammenhang jene Worte in Richtung Bundespolitik zu verstehen: „Herzliche Grüße in das Paralleluniversum der Politik und wünsche dort auch weiterhin unbeschwerte Tagträume unter der Käseglocke des immer weiter fortschreitenden Realitätsverlusts.“

Doch zurück zu den Eckpunkten des eingebrachten Haushaltsentwurf für den Neckar-Odenwald-Kreis: Geplant sind Erträge von knapp 220 000 000 Euro; denen stehen geplante Ausgaben von etwa 223 600 000 Euro gegenüber. Damit wird zum zweiten Mal die Schwelle von 200 000 000 Euro überschritten (ersmtals 2023). Daraus ergibt sich ein geplantes Defizit von etwa 4 080 000 Euro. „Dieses Defizit wollen wir durch eine Entnahme aus der Rücklage des ordentlichen Ergebnisses wieder ausgleichen. Die guten Ergebnisse der Vorjahre geben uns jetzt die nötigen Spielräume dafür, ohne künftige Haushaltsjahre belasten zu müssen“, erklärte Achim Brötel, der zudem darauf hinwies, dass der Personaletat um 11,5 Prozent auf den Rekordwert von 56,8 Millionen Euro steige.

Kommentar Kommentar: Das bedeutet der Hauhalt für die Bürger im Neckar-Odenwald-Kreis

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Michael Fürst
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Da die Einnahmenentwicklung bei Steuern und Finanzzuweisungen nicht ausreicht, um die Ausgabensteigerungen zu denken, schlug der Landrat den Kreisräten eine Erhöhung des Hebesatzes der Kreisumlage für die 27 Kommunen um zwei Punkte auf 29,25 Prozent vor. Das bedeutet, würde das so beschlossen, dass der Landkreis insgesamt knapp 69 Millionen Euro von seinen Kommunen einnehmen würde. Dabei reicht die Spanne dann von der Kreisstadt Mosbach (etwa zwölf Millionen Euro) bis zur kleinsten Kommune Zwingenberg mit etwa 500 000 Euro. Die Bürgermeister unter den Kreisräten werden geschluckt haben.

Ein großer Punkt und ein großes Anliegen sind Achim Brötel der Erhalt der Neckar-Odenwald-Kliniken. Der Landrat sagte: „Wenn wir die Neckar-Odenwald-Kliniken mit ihren beiden Krankenhäusern in Mosbach und Buchen mittel- und langfristig halten wollen, und das müssen wir in meinen Augen zwingend tun, weil beide Häuser unverzichtbare Einrichtungen der Daseinsvorsorge sind, dann müssen sich dringend die bundesgesetzlichen Rahmenbedingungen zu Gunsten einer flächendeckenden Grund- und Regelversorgung verbessern. Es kann und es darf jedenfalls nicht sein, dass die Landkreise noch länger als dafür unzuständige Ausfallbürgen in Haftung genommen werden und mit Millionenbeträgen, die dann an anderen Stellen fehlen, ein System subventionieren müssen, das sich nach dem Grundgedanken der Sozialversicherung eigentlich selbst tragen müsste. In meinen Augen ist das ein komplettes Unding. Die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung kann doch letztlich nicht am seidenen Faden der finanziellen Durchhaltefähigkeit des jeweiligen Trägers hängen.“

Diese Worte waren ganz bewusst sehr konkret und präzise gewählt, weil er anschließend den Verlustausgleich für die Kliniken im Haushalt nicht mehr nur mit fünf Millionen Euro, sondern nun mit sieben Euro ausweisen musste. „Ob das am Ende tatsächlich reichen wird, weiß heute aber natürlich noch keiner“, fügte er an.

Diverse Risiken im Haushaltsentwurf

Dieser Satz gilt allerdings für den gesamten Haushaltsentwurf. Da stecken nämlich, und das wollte Brötel gar nicht verschwiegen, in vielen Details und wies bei all diesen Punkten auf die Gefahren ausdrücklich hin. Er sagte: „Wenn sich die Risiken tatsächlich verwirklichen sollten, hätten wir am Ende des nächsten Jahres in der Tat ein scheußliches Ergebnis.“ Der 60-jährige Landrat sprach von „beginnenden stürmischen Zeiten“. Er rief die Kreisräte zum Zusammenhalt auf, indem er sagte: „Für mich gibt es deshalb überhaupt keinen Grund, jetzt die weiße Fahne zu hissen und vor den Herausforderungen zu kapitulieren. Wenn wir zusammenstehen, werden wir vielmehr auch das bewältigen. Ich will dafür werben, dass wir auch die besonderen Herausforderungen der aktuellen Situation mit Zuversicht, Mut und Gottvertrauen, vor allem aber in dem bewährten Miteinander innerhalb der kommunalen Gemeinschaft angehen.“

Gute Nachrichten hatte Achim Brötel für die Menschen im Neckar-Odenwald-Kreis allerdings in Sachen Abfallwirtschaft parat. Die bleiben für Privathaushalte nämlich stabil. Doch auch hier hob er warnend den Zeigefinder, indem er sagte: „Trotz aller Erfolge müssen wir die Kostenentwicklung in der Abfallbranche aber auch weiterhin gut im Blick behalten. Die vorübergehende Entwarnung heißt nämlich nicht, dass wir für immer auf der sicheren Seite wären.“ Er freute sich bei diesem Punkt darüber, dass die Mengen an Restmüll im Kreis sinken, die Bioabfallmenge dagegen steige. „Genau das war unser Ziel“, so Dr. Achim Brötel.

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