Neckar-Odenwald-Kreis. Emotional wurde es am Montag bei der Versammlung des Kreisbauernverbandes in der Roedderhalle in Oberschefflenz. „Verabschiedung von Alois Gerig aus dem Vorstand des Bauernverbandes“ hieß es in der Einladung – und war doch mehr als nur eine Verabschiedung. Hat Alois Gerig die Arbeit des Verbandes doch über viele Jahre mitgeprägt und mitgestaltet. Dieses große Engagement drückte sich auch in der Ehrung aus: Von Joachim Rukwied, Präsident des Landesbauernverbandes Baden–Württemberg und des Deutschen Bauernverbandes, bekam er die Golden Ähre des Verbandes verliehen.
Albert Gramling, Vorsitzender des Bauernverbandes Neckar-Odenwald-Kreises, begrüßte zahlreiche Landwirte und Gäste in der voll besetzten Halle zu „einer Mitgliederversammlung in einer aufgeheizten Zeit“. Nie sei die Zeit für die Landwirtschaft so verändernd gewesen, wie im letzten Jahr. Auflagen und Gesetze würden für Landwirte immer unerträglicher, der große Schlag sei dann am 13. Dezember gekommen, mit dem Beschluss der Bundesregierung, Kfz-Steuer für Schlepper, Anhänger und Arbeitsmaschinen zu erheben und die Steuerbegünstigung für den Agrardiesel zu streichen.
„Ansehen ist gestiegen“
Was massive Proteste der Landwirte zur Folge hatte. Aus der Bevölkerung habe man großen Zuspruch bekommen, „das Ansehen der Landwirte ist gestiegen, wir werden wieder wahrgenommen“. Die Proteste hätten auch Erfolg gezeigt. Die Steuer sei vom Tisch, die Streichung des Agrardiesels soll zeitlich gestreckt werden. Aber für die Landwirtschaft sei das nur unzureichend. Daher habe und werde man weiter auf die Anliegen der Landwirte aufmerksam machen, auch damit die Jugend in diesem Beruf eine Zukunftsperspektive habe. Und er forderte von der Politik mehr Wertschätzung für den Berufsstand.
Rainer Houck, Bürgermeister von Schefflenz, lobte oft kreativen Aktionen, mit denen die Landwirte auf ihre Bedürfnisse aufmerksam gemacht haben. Mit dem Streichen des Agrardiesels sei keine stabile Zukunftssicherung möglich, das sei ein Sterben auf Raten. Sorgen bereite ihm eine mögliche Unterwanderung der Proteste von rechts, das konterkariere die Bemühungen um Dialog und Ausgleich. Er erinnerte an das Parteiprogramm der AfD, in dem der Abbau aller Subventionen stehe, „also auch ihrer Subventionen.“
Landrat Dr. Achim Brötel sagte, viele Menschen hätten sich im Zuge der Proteste und Demonstrationen mit den Anliegen der Landwirtschaft solidarisiert. „Vielen ist auch bewusstgeworden, wie Lebensmittel in unserem Land eigentlich produziert werden, wo ,unser täglich Brot’ überhaupt herkommt. Wer unsere Kulturlandschaft pflegt und offenhält und dabei auch noch aktiven Natur- und Umweltschutz betreibt.“
Deshalb finde er es auch schade, dass einige wenige Trittbrettfahrer diese Aktion immer wieder mit nicht akzeptablen Handlungen so wie zuletzt in Biberach zu missbrauchen versuchen. „Auch da müssen wir deshalb klar Kante zeigen, so wie Sie das dankenswerterweise ja sofort auch getan haben“, zollte er dem Bauernverband Respekt.
Die eigentliche Herausforderung der gesamten Kampagne steht nach seiner festen Überzeugung allerdings erst noch bevor. Jetzt müsse es nämlich darum gehen, dass die absolut berechtigten Forderungen der Landwirtschaft von der Politik im Tagesgeschäft nicht wieder mit kleineren Zugeständnissen elegant abmoderiert werden, ohne dass sich tatsächlich auch substanziell etwas ändert, dass es gelingt, die Landwirtschaft nachhaltig, also mit Blick auf morgen und übermorgen, zu stärken und sie möglichst weit aus dem verhängnisvollen Würgegriff zwischen Umweltschutz und Markt zu befreien, und dass über allen noch so berechtigten Anliegen im Großen die Herausforderungen im betrieblichen Alltag nicht völlig vergessen werden. Selbst wenn die Politik umgehend handeln würde, wird das nämlich ja nicht alle Probleme lösen oder lösen können.
Dann wurde es bei der Versammlung emotional: Die Verabschiedung von Alois Gerig stand an. Albert Gramling sagte, Gerig sei für ihn immer ein Vorbild gewesen. Der Landrat führte aus, die langjährige Tätigkeit Gerigs als stellvertretender Vorsitzender des Kreisbauernverbands „war in all den Jahren sicher eine besonders glückliche Symbiose, die Dein hoher Sach- und Fachverstand dort mit dem mindestens genauso großen praktischen Wissen und der spürbaren Erdung eingegangen ist. Davon hat nicht nur der Bauernverband, sondern davon haben wir alle nachhaltig profitiert.“
Viele Jahrzehnte engagiert
Joachim Rukwied ließ die Stationen von Alois Gerig im Bauernverband Revue passieren. 1982 Ortsobmann in Höpfingen, 1990 im Vorstand des Kreisbauernverbandes, seit 1996 Mitglied im geschäftsführenden Vorstand. Darüber hinaus engagiert im Maschinenring und natürlich drei Legislaturperioden Mitglied des Bundestags. Dort war Gerig einer der wenigen echten Landwirte, wie Rukwied anmerkte. Und von 2015 bis 2021 Vorsitzender des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft. Gerig habe sich „mit viel Herzblut und Sachverstand für den Berufsstand eingesetzt“. Dank gelte auch seiner Frau, die Alois Gerig stets unterstütze und ihm den Rücken gestärkt habe. In Anerkennung der Verdienste für den bäuerlichen Berufsstand verlieh er Alois Gerig dann die Goldene Ähre des Landesverbandes.
Eine Ehrung, die Gerig erkennbar rührte. Er habe seine Arbeit immer gerne gemacht, „wenn man ein Amt annimmt, dann muss man ganz dabei sein“. Er habe sich immer „mit Herzblut für meine ländliche Heimat und meinen Berufsstand eingesetzt“.
Mit Blick auf die Demonstrationen der Landwirte sagte er: „Gemeinsam sind wir stark.“ Erfreulich sei, dass man Rückenwind aus der Bevölkerung spüre. Mit Blick auf die Kommunalwahlen in diesem Jahr forderte er die Landwirte auf, sich politisch einzubringen, „das gehört zum gesellschaftlichen Engagement“.
Und er warb für den Bauernverband und die Mitgliedschaft. „Denn ein Beitrag für den Verband ist ein Solidarbeitrag für unseren Berufsstand.“
Das letzte Wort des Abends hatte Eric Keppler, als Nachfolger von Alois Gerig neues Mitglied im geschäftsführenden Vorstand des Kreisbauernverbands. Er stellte sich der Versammlung vor und sagte, dass er „mit der Nachfolge in große Fußstapfen“ trete.
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