Neckar-Odenwald-Kreis. Joachim Rukwied ließ keine Zweifel aufkommen: Die Proteste der Landwirte gegen die Agrarpolitik der Bundesregierung werden weiter gehen. Der Präsident des Landesbauernverbandes Baden–Württemberg und des Deutschen Bauernverbandes, war am Montag der Hauptredner bei der Mitgliederversammlung des Kreisbauernverbands in der Roedderhalle in Oberschefflenz.
Die Bäuerinnen und Bauern protestieren seit Wochen gegen Pläne der Bundesregierung, eine Kfz-Steuer für Schlepper, Anhänger und Arbeitsmaschinen zu erheben und die Steuerbegünstigung für den Agrardiesel zu streichen. Rukwied sagte in seiner rund 45-minütigen Rede, er habe im Herbst nicht mit so einem politisch stürmischen Winter gerechnet.
„Inakzeptabler Vorschlag“
Den Vorschlag der Bundesregierung nannte er „inakzeptabel“. Und darauf habe es nur eine Reaktion geben können: Massiver Protest, „die klare Ansage, dass wir das so in dieser Form nicht hinnehmen“. Innerhalb kurzer Zeit habe man eine Demonstration auf die Beine gestellt, „die in Berlin Eindruck hinterlassen hat“. Obwohl die Bundesregierung bereits einige geplante Kürzungen im Bereich der Landwirtschaft zurückgenommen hat, – die Kfz–Steuer ist vom Tisch – sind die Bauern unzufrieden. Die Landwirte wollen weiter für eine angemessene Lösung beim Agrardiesel kämpfen. Für die Teilnehmer an den bisherigen Protesten hatte Rukwied viel Lob mitgebracht. „Wir haben ein deutliches Zeichen gesetzt, darauf dürfen wir stolz sein.“ Den Teilerfolg „haben wir gemeinsam hingekriegt“.
Er freue sich über die positive Resonanz bei der Bevölkerung, den großen Rückhalt. Viele Menschen hätten den Wert verstanden, den die Landwirtschaft, die Bauernfamilien für die Ernährungssicherung habe. „Im Gegensatz zu manchem Politiker.“ Landwirtschaft war immer Gesprächsthema, nicht immer mit Sachverstand diskutiert, wenn es um die Zukunftsfähigkeit des Berufsstands geht.
Freude über großen Rückhalt
Durch die Protestaktionen habe sich das geändert. Jetzt werde mit „positiven Tonalität“ über die Landwirtschaft gesprochen. „Ich hätte nicht gedacht, dass so viele Menschen unsere Demonstrationen unterstützen.“ Auch im Ausland wurde über die Aktionen der deutschen Landwirte berichtet. Und die deutschen Demonstrationen seien der Auslöser für Demonstrationen in anderen europäischen Ländern gewesen. Auch dort werde jetzt für eine bessere Agrarpolitik demonstriert.
Der Agrardiesel sei eine Steuerrückerstattung, keine Subvention. In Teilen war man erfolgreich, das Thema Agrardiesel sei aber noch in der politischen Diskussion. „Mit einem Ausstieg auf Raten können wir nicht einverstanden sein, das wäre eine massive Wettbewerbsverzerrung für die deutschen Bauern im europäischen Vergleich.“ Er gehe allerdings nicht davon aus, dass es in der laufenden Legislaturperiode noch eine Änderung des Vorhabens gibt. Hier baue er auf eine sogenannte Protokollerklärung, mit der man einen Pflock einramme mit Hinblick auf eine mögliche, dann andere Zusammensetzung einer zukünftigen Bundesregierung, um diese Steuerrückerstattung wieder zurückzuholen. „Das ist unsere Strategie, denn wir sind nicht bereit, diese Belastung hinzunehmen.“
Bleiben an Themen dran
Rukwied sprach noch eine Reihe weiterer Themen an, wie die Gewinnglättung, Risikoausgleichsrücklage, Tierwohl, Flächenstillgeingen oder den Bürokratieabbau, die den Landwirten unter den Nägeln brennen. „Wir bleiben an diesem Themen dran.“ Die deutsche Landwirtschaft brauche Wettbewerbsgleichheit in Europa, Verlässlichkeit und Planungssicherheit, um eine Zukunft zu haben. Er appellierte an den Zusammenhalt, „wenn wir gemeinsam für unseren Berufsstand kämpfen, werden wir erfolgreich sein.
Rukwied distanzierte sich von radikalen Gruppierungen. Er sei überzeugter Demokrat, überzeugter Europäer. „Ich sehe immer Risiken von radikalen Seiten. Aber ich unterscheide da nicht in links oder rechts.“ Von diesen beiden Seiten werde die Demokratie gefährdet.
Treckerdemonstrationen seien derzeit nicht geplant, mit Plakataktionen werde man jetzt auf die Themen der Landwirtschaft aufmerksam machen. Nach langem Applaus schloss sich der Rede des Verbandspräsidenten eine Diskussionsrunde an.
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