Neckar-Odenwald-Kreis. „Petrus 21“, die große Katastrophenschutzübung des Neckar-Odenwald-Kreises mit den Rettungskräften im Kreis und den Kommunen Mosbach, Billigheim und Neckarzimmern am 22. und 23. Oktober, brachte fast keine Schwächen zutage. Wenn es wo haperte, dann hatte das vorrangig mit dem Thema Kommunikation zu tun. Zu diesem Ergebnis kamen die Beteiligten in der Abschlussbesprechung am Montag. Im Detail berichteten Kreisbrandmeister Jörg Kirschenlohr, Jürgen Steinbrink und Christoph Steinbrink sowie Jan Egenberger vom Landratsamt in einem Online-Pressegespräch am Donnerstag über die Erkenntnisse.
Guter Auftakt
Szenario war ein Starkniederschlagsereignis mit Überschwemmungen und Erdrutsch, mit verschütteten und eingesperrten Personen. Überraschend gut klappte bereits der Auftakt, die ohne konkrete Ankündigung durchgeführte Alarmierungsübung im Vorfeld, berichtete Kirschenlohr zurückblickend. Nur 19 Prozent der Angerufenen waren nicht zu erreichen – in der Regel sind es deutlich mehr. Klar sei aber geworden, dass die „händische“ Alarmierung per Telefon sehr viel Zeit kostet, weil ein großer Personenkreis angerufen werden muss. Die Lösung in diesem Bereich sei die Einführung eines automatisierten Alarmierungssystems.
Ganz ohne Probleme lief die Übung auf dem Gelände des Trainingscenters Retten und Helfen (TCRH) ab. Dort hätten sich die Einsatzkräfte lediglich mehr Zeit für die Stationenausbildung gewünscht, berichtete Kirschenlohr.
Kommunikation verbessern
Bei der Stabsrahmenübung ergaben sich dagegen Kommunikationsprobleme untereinander, die aber bereits während der Übung korrigiert werden konnten. Auch die Bundeswehr im Keller fühlte sich wohl zu Beginn etwas vergessen, so der Kreisbrandmeister.
Ein weiteres Ergebnis: Stabsleitung, Behördenleitung und Lagezentrum sollen künftig näher beieinander, sprich, in einem Gebäude untergebracht werden. Das war im Oktober nicht der Fall.
Noch eine Nachbesserung: Für Mails soll es eine Eingabemaske geben, damit diese weder zu kurz noch zu lang ausfallen. Zudem soll die Stabsleitung eine Assistenz erhalten, eben weil sehr viele Informationen einlaufen, die gesichtet werden müssen.
Thema Schulen einbeziehen
Abstrakt klingt die Absicht, bei „Vb 10 die Schulen einzubeziehen“, doch sie kann entscheidend sein: Vb 10 ist der Verwaltungsstabsbereich des Sozialen, das heißt, hier sind Fachleute, die wissen, wer die Ansprechpartner im Nahverkehr, in Altersheimen und anderen sozialen Einrichtungen sind. Auch interne Weiterbildung bleibt auf dem Programm.
Zweiter Server zur Sicherheit
Was tun, wenn die Software ausfällt? Tatsächlich wurde dieses Szenario ungeplant in der Übung Realität. Die Konsequenz: Ein zweiter Server wird angeschafft, um im Notfall eine Rückfallebene zu haben. Zusätzlich muss immer auch analog gearbeitet werden, das heißt, Pläne müssen ausgedruckt werden können. Das für Kirschenlohr größte Problem der Rahmenübung war die Enge im dicht gedrängten Stabsraum – eigentlich nur ein mittelgroßes Sitzungszimmer im Landratsamt – in dem alle Führungskräfte dicht beeinander saßen. Besserung könnte hier eine Begrenzung des Personenkreises bringen.
Fester Stabsraum wäre gut
Noch lieber wäre Kirschenlohr langfristig ein fest eingerichteter großer Stabsraum, der im Katastrophenfall direkt bezogen werden kann. Und dass dieser Fall eintreten wird, ist für ihn nicht unrealistisch: Ein größerer Stromausfall, ein Eisenbahnunglück, ein Flugzeugabsturz, ein Großbrand in einem Unternehmen, Hochwasser – viele Szenarien sind denkbar.
Gerade deshalb, so Steinbrink und Kirschenlohr übereinstimmend, sei es wichtig, die Bevölkerung für das Thema Katastrophenschutz zu sensibilisieren. Jeder müsse damit rechnen, dass der Staat und die Hilfsorganisationen nicht stets zur Stelle sein können, so der Kreisbrandmeister mit Blick auf die Flutkatastrophe im Ahrtal. Zwar könne man nicht mit 140 000 Leuten üben. Doch es wäre wichtig, dass die Menschen wissen, was im Notfall zu tun ist.
Anlaufstelle Feuerwehrhaus
Wenn zum Beispiel alle Informationskanäle ausfallen – bei einem Stromausfall durchaus denkbar – sind die Feuerwehrhäuser eine Anlaufstelle für alle, berichtete er. Dort könne man im Notfall Informationen erhalten. Gut findet Kirschenlohr, dass in Sirenen investiert werde. Am besten mit Lautsprecherfunktion, denn heutzutage wüssten nicht mehr viele, was die Sirenentöne bedeuten. Da könnten bereits vorhandene Ausstellungen zum Thema und Broschüren helfen, ergänzte Jürgen Steinbrink.
Großes Lob von Kirschenlohr und Steinbrink gab es für das professionelle Arbeiten und das tolle Engagement aller Beteiligten der Übung. Jan Egenberger steuerte die Sicht eines Mitarbeiters im Landratsamt bei: „Das hatte von Anfang an total realen Charakter. Man war so konzentriert, dass man tatsächlich vergaß, dass alles nur fiktiv ist, dass es nur eine Übung ist.“ Die Ernsthaftigkeit aller sei überraschend gewesen. Insofern sei das Übungsziel voll erreicht worden.
„Sehr gut gelaufen“, so auch das Fazit von Jürgen Steinbrink, der mit das Übungsszenario entworfen hatte. Die Zielvorgaben seien zu 80 bis 85 Prozent erfüllt worden. Es gebe noch Optimierungsbedarf, deshalb dürfe und werde man sich nicht zurücklehnen.
Gut angelegtes Geld
Rund 37 000 Euro kostete die Übung den Landkreis, zusätzlich gab es 5000 Euro vom Land als Zuschuss. „Gut angelegtes Geld für einen zukunftsfähigen Katastrophenschutz“, so Kirschenlohr. Es wäre natürlich schön, wenn das Land mehr in den Schutz investieren würde, doch es werde bereits viel getan.
Kleinere Übungen, gerade mit Blick auf die afrikanische Schweinepest, werde es sicher immer wieder geben. Die nächste vergleichbar große Katastrophenschutzübung ist in drei Jahren geplant – früher als vom Gesetzgeber gefordert. Dieser sieht Übungen alle fünf Jahre vor.
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