Tauberbischofsheim. Anfang Mai wurde das Arboretum neben und unterhalb der Stammberghütte eröffnet, jetzt trafen sich die Protagonisten wieder: Mitglieder des Nabu, der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, Forstleute, Vogelschützer, Jäger, Sponsoren, Förderer, Mitarbeiter der Stadtverwaltung und des Landratsamts. Bürgermeisterin Anette Schmidt stellte die Artenvielfalt und deren Schutz in den Mittelpunkt ihrer Begrüßung und wies auf die wichtigen Informationen hin, die Spaziergänger auf dem 3,6 Kilometer langen Pfad erwarteten. Den Wald zum Erlebnisort zu machen, sei eines der wichtigsten Ziele des lehrreichen Rundkurses.
Schleichpfad für Kinder
Das im Mai eröffnete Arboretum sei Teil des Biodiversitätspfads, den Dr. Sabine Münch von der Stadtverwaltung maßgeblich mit initiiert habe, indem sie die Förderanträge bearbeitet und Mitstreiter mit ins Boot geholt habe, so Schmidt. Geackert hätten in den vergangenen Wochen alle Beteiligten, um die Informationstafeln aufzustellen, Rastplätze zu schaffen und die Beschilderung zu installieren. Der Schleichpfad für Kinder sei zwar erkennbar, aber noch nicht bis ins Detail realisiert. Beim suchenden Blick in den Wald hinter der entsprechenden Tafel lässt sich aber bereits erahnen, was es da an Bewohnern zu entdecken gibt.
Dr. Kurt Mezger, Abteilungspräsident für den ländlichen Raum beim Regierungspräsidium Stuttgart, war extra aus der Landeshauptstadt angereist, um an der Eröffnung des ersten Biodiversitätspfads im RP-Bezirk teilzunehmen. Auch er betonte, wie wichtig die Artenvielfalt sei. Wenn eine Art wegfalle, wackele das System, wies er auf die gegenseitige Abhängigkeit in der Natur hin.
Mezger erinnerte an das 2020 im Zuge der Einigung über das Volksbegehren „proBiene“ auf den Weg gebrachte Förderprogramm „Blühflächen und Biodiversitätspfade“. Ziel sei es, die Kulturlandschaft zu erhalten. In ganz Baden-Württemberg seien 29 solcher Projekte in Planung, der Fördersatz liege einmalig bei 55 000 Euro. „Jeder kann und sollte etwas tun, um die biologische Vielfalt zu erhalten“, so der Abteilungspräsident.
Schulkinder halfen
Mit Blick auf den Stammberg verwies er auf den 20 Hektar großen Bannwald mit seinem hohen Totholzanteil, der Lebensraum für viele Tiere und Pflanzen biete. Zudem lobte er die Initiatoren für die Einbeziehung von Schulklassen, die selbst mitpflanzen konnten und so im grünen Klassenzimmer echte Erkenntnisse gewannen.
Auf eine Besonderheit machte Dr. Sabine Münch aufmerksam. Jede Tafel sei mit einem QR-Code versehen, die auf eine Extraseite der städtischen Homepage leite. Eule Liddi, Protagonistin des Auftritts, stellt sich an der ersten Station vor. Der freundlich dreinblickende nächtliche Jäger ist die größte Eule der Gattung Uhu mit einer Flügelspannweite von sagenhaften 180 Zentimetern.
Liddi stellt an jeder Station Fragen, regt an, die Informationen auf den Tafeln genau zu studieren, um sie beantworten, oder aber genau auf den Habitatbaum im Bannwald zu schauen, um die Spechtlöcher zu entdecken. Die Auflösung der kleinen Rätsel findet sich auf der letzten Tafel 14. Auch interaktive Elemente sind eingebaut.
Fuhrmannloch-Sage in Mundart
Auf einer Vogelstimmentafel, die der örtliche Nabu gespendet hat, kann per Codescan der Gesang der gefiederten Tiere oder die Geschichte eines Baumes in Mundart, gesprochen von Irmgard Wernher-Lippert, gehört werden. „Die durch den Scan vermittelten Inhalte können jahreszeitlich immer wieder verändert werden“, machte Münch auf die sehr flexible und damit stets aufs neue spannende Reise entlang des Biodiversitätspfads aufmerksam.
Zielkonflikte nennen
Beim anschließenden Rundgang wiesen Hans-Peter Scheifele, Revierleiter beim Forstamt des Main-Tauber-Kreises, und Tobias Hornung, Vorsitzender des Kreisverbands der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, auf die jeweils herausgearbeiteten Besonderheiten auf dem Biodiversitätspfad hin. Denn eines wollen die Ideengeber nicht: etwas verschweigen. „Sämtliche Zielkonflikte, die im Wald vorkommen, sollen auch genannt werden“, erläutert Scheifele diesen durchaus auch mal kritischen Blick.
Zum Hintergrund des neuen Lehrpfads
Im Tauberbischofsheimer Stadtwald „Stammberg“ wurde bereits 1937 ein Naturschutzgebiet ausgewiesen. Es gehört damit zu den ältesten in Baden-Württemberg.
Der dortige „Bannwald“, der früher einmal Wirtschaftswald war, existiert bereits seit über 50 Jahren.
Im Rahmen des Förderprogramms „Blühwiesen und Biodiversitätspfade“, das auf Grundlage des Biodiversitätsgesetzes vom Juli 2020 aufgelegt wurde, entstand die Initiative, am Stammberg einen Lehrpfad zu errichten.
Bereits im Mai wurde das Arboretum als Teil dieses Pfades eröffnet, jetzt folgte der eigentliche Pfad. Die Strecke ist 3,6 Kilometer lang und in weiten Teilen auch per Rollator oder Rollstuhl begeh- oder befahrbar. Ein kleines, nicht barrierefreies Stück ist gekennzeichnet.
Start ist am ausgeschilderten Wanderparkplatz an der L 504 von Tauberbischofsheim nach Külsheim.
Die 16 Stationen beinhalten neben einem Überblick am Parkplatz Themen wie Bannwald, Totholzhaufen, heimische Vögel samt zwitscherndem Hörgenuss via QR-Code, Forstwirtschaft, Riesenmammutbaum oder „Rochlitzbuche“.
Außerdem erfährt der Spaziergänger Interessantes über Jagd, Blühwiese oder Forstwirtschaft. hvb
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Fränkische Nachrichten Plus-Artikel Tauberbischofsheim Biodiversitätspfad: Abenteuer mit Lerneffekt