Main-Tauber-Kreis. Die Standardthese von Landrat Christoph Schauder klingt jedem im Ohr, der sich im Landkreis mit Bussen und Bahnen beschäftigt oder sich für deren Ausbau engagiert: „Ein guter ÖPNV ist nicht das Privileg von Ballungsräumen.“ Er plädiert immer wieder dafür, wie wichtig es sei, auch in ländlichen Räumen gute Verbindungen zu haben. Mit Thorsten Haas, Geschäftsführer der Verkehrsgesellschaft Main-Tauber, hat er da einen guten Mitstreiter. Er und sein Team organisieren im Verbund mit vielen anderen Partnern die Nahverkehrsversorgung im Landkreis.
Mit seinem aktuellen Bericht, den er dem Ausschuss für Soziales, Bildung, Kultur und Verkehr vorstellte, analysierte er auch die Wirkung des nicht überall unumstrittenen 9-Euro-Tickets. 62 Millionen davon seien bundesweit verkauft worden, wobei zehn Millionen Menschen die Ermäßigung über bestehende Abonnements erhielten. Doch das Resümee sieht Haas durchaus nüchtern. Das Ticket sei in erster Linie dazu genutzt worden, um Freizeitfahrten zu unternehmen, nicht aber, um konsequent bei der täglichen Fahrt zur Arbeit vom Auto auf den ÖPNV umzusteigen.
Im Main-Tauber-Kreis verzeichnete man zwar Fahrgastzuwächse, diese aber vorwiegend auf den Bahn- und Bushauptachsen. Mehr als 4500 9-Euro-Tickets wurden bei der VGMT direkt oder bei Busunternehmern verkauft. Werden die bestehenden Abonnements hinzugerechnet, kommt die VGMT auf 22 500 dieser günstigen Fahrscheine. Profitiert haben damit die Bestandskunden. Insgesamt sparten sie in den drei Aktionsmonaten allein im Main-Tauber-Kreis knapp 640 000 Euro.
Als bemerkenswert stellte Haas die Entwicklung bei den Ruftaxis dar. Hier wurden im Juni und Juli Rekordfahrgastzahlen mit einer Spitze von 3351 Nutzern registriert. Die Hälfte der Ruftaxifahrgäste hatte ein 9-Euro-Ticket. Dass die Ruftaxis sich mittlerweile etabliert und sich zu einem echten Renner entwickelt haben, lässt auf der anderen Seite aber die Kosten für den Landkreis steigen.
Variable Vergütung steigt
Lag der Anteil der Grundvergütung der Ruftaxiunternehmen im Jahr 2021 bei im Schnitt 48 Prozent und der der variablen Vergütung bei 52 Prozent, haben sich diese Werte 2022 bei der Grundvergütung auf 41 und bei der variablen auf 59 Prozent verschoben. Im Zeitraum des Aktionstickets klafften die beiden Zahlen noch weiter auseinander: 39 Prozent Grundvergütung standen 61 Prozent variable Vergütung gegenüber. Laut aktueller Prognose steigen die Kosten für den Ruftaxi-Betrieb für den Landkreis von veranschlagten 565 000 Euro auf 615 000 Euro. Aufgrund dieser Kostensteigerungen, coronabedingter Mindereinnahmen im Winter und der Energiekostenexplosion werde die geplante Taktverdichtung im Ruftaxibetrieb zum Fahrplanwechsel im Dezember zunächst verschoben, so die Botschaft von Thorsten Haas. Jetzt gelte es, die Entwicklungen abzuwarten.
Positiv beim Aktionsticket wertete Thorsten Haas die Einfachheit in der Tarifstruktur und die bundesweite Anerkennung, durch die auf Busse und Bahnen aufmerksam gemacht wurde. Für eine echte Tarifwende aber bedürfe es neben einem verständlichen und attraktiven Angebot auch einer grundlegenden Weiterentwicklung der Infrastruktur, Taktverdichtungen, einer entsprechenden Personalausstattung und einem guten Informationsangebot.
Neues Verleihsystem
Mit Blick auf die Mobilitätszentralen sagte Haas, dass der Standort Wertheim noch in diesem Jahr eröffnet werden soll. Neben Fahrplan- und Tarifberatung wird es auch E-Car- und E-Bike-Sharing-Angebote mit dem Verleihsystem Moqo geben. Das wird bereits beim E-Auto des Stadtwerks Tauberfranken in Igersheim eingesetzt und ist auch für ein weiteres Fahrzeug, das in Külsheim stationiert werden soll, vorgesehen. Wenn im ersten Quartal 2023 das E-Auto der Mobilitätszentrale Bad Mergentheim ersetzt wird, soll auch auf Moqo umgestellt werden.
Für die Mobilitätszentrale Lauda und einen Umzug der VGMT vom i_Park Tauberfranken in die Bahnhofstraße hatte Thorsten Haas keine positiven Nachrichten. Man versuche in stetigen Gesprächen mit den aktuellen und möglichen neuen Eigentümern des Bahnhofs, des Strabag-Gebäudes, der ehemaligen Post und der Stadt Lauda-Königshofen Lösungen zu finden, könne zum jetzigen Zeitpunkt aber keine Prognose zur Umsetzung geben. Ziel bleibe aber ein zeitnaher Umzug der VGMT, so Haas.
Einen Betreiberwechsel habe es beim Night-Life-Shuttle gegeben, informierte er. Die Firma Seitz fahre die Linie Wertheim-Würzburg, die Firma Eisenhauer die von Tauberbischofsheim in die unterfränkische Metropole.
Abschließend erinnerte Thorsten Haas an die Feier zum 25-jährigen Bestehen des VGMT und zahlreiche Info-Termine auf Messen und für Bürgerinnen und Bürger, die auch wieder vor Ort angelaufen seien.
URL dieses Artikels:
https://www.fnweb.de/region-main-tauber_artikel,-main-tauber-main-tauber-kreis-ruftaxis-entwickeln-sich-zum-renner-_arid,2005764.html