Kandidiert und nicht gewählt

Main-Tauber-Kreis: „Enttäuscht aber nicht todtraurig“

Etliche Kreisrätinnen und Kreisräte verlieren ihren Sitz im Kommunalparlament des Main-Tauber-Kreises.  Als Demokraten akzeptieren sie den Wählerwillen. Was besonders die Frauen stört: Der Anteil des weiblichen Geschlechts im Kreistag ist von neun auf drei geschrumpft und beträgt nur noch  1,38 Prozent.

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Heike von Brandenstein
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Neu aufgestellt wird durch die Wahlen auch der Kreistag des Main-Tauber-Kreises. Nicht nur neue Gesichter, sondern wesentlich weniger Frauen als zuvor gehören ihm an. © Landratsamt/Frank Mittnacht

Main-Tauber-Kreis. Etliche langjährige Kreistagsmitglieder hatten sich am Sonntag wieder zur Wahl gestellt – scheiterten aber und müssen nun ihren Sitz abgeben. Die Fränkischen Nachrichten fragten nach, wie sie mit diesem Wählervotum umgehen.

Das Ergebnis der Kreistagswahlen 2024 stand – zumindest vorläufig – spätestens am Montagnachmittag fest. Weil die Kreistagswahl in einigen Kommunen bereits am Sonntag ausgezählt wurde, wusste so mancher bereits am Wahlabend: Ziel verfehlt.

So erging es der Tauberbischofsheimer Bürgermeisterin Anette Schmidt, die bei der Wahl 2019 mit weit über 5200 Stimmen sehr gut abschnitt und ganz selbstverständlich in das Kreisgremium eingezogen war. Auf ihrer CDU-Liste im Wahlkreis III waren jetzt allerdings viele stimmenstarke Bewerberinnen und Bewerber, so dass es letztlich nicht reichen sollte.

„Die Wählerinnen und Wähler haben entschieden, dass ich die Interessen von Tauberbischofsheim künftig nicht mehr direkt im Kreistag vertreten kann. Natürlich ist diese Nachricht für mich enttäuschend. Gerne hätte ich die bereits angestoßenen Projekte im Interesse von Tauberbischofsheim weiter vorangebracht“, so Schmidt in einer Stellungnahme. Sie verweist darauf, dass sie sich sehr für den Ausbau der nördlichen Pestalozziallee eingesetzt habe. Erste Planungen liefen dieses Jahr an.

Weiter gut für die Stadt einsetzen

„Vom Landrat habe ich das Versprechen, dass die Sanierung des Berufsschulzentrums in Tauberbischofsheim kommt. So wird die Bildungsinfrastruktur weiter modernisiert, um unseren Jugendlichen beste Ausbildungsmöglichkeiten zu bieten“, beschreibt sie ein weiteres Projekt in der Kreisstadt, das der Landkreis als Schulträger zu verantworten hat. Stark gemacht habe sie sich außerdem für die Entwicklung des Gesundheitscampus, um die medizinische Versorgung der Menschen vor Ort nachhaltig zu sichern.

All diese für die Infrastruktur so wichtigen Maßnahmen hätte sie im Kreistag, wo die Entscheidungen gefällt werden, gerne weiter begleitet. Als Bürgermeisterin – das verspricht sie – werde sie weiterhin mit vollem Einsatz für die Stadt arbeiten.

Zwei weitere Frauen unterschiedlicher Parteien müssen ihren Platz im Kreistag räumen: Ute Schindler-Neidlein aus Creglingen von der SPD, die dem Gremium zehn Jahre angehörte und zuletzt Fraktionsvorsitzende war, und Birgit Väth von den Bündnis90/Die Grünen aus Wertheim, die dem Kreistag eine Legislatur lang angehörte.

„Mir war klar, dass viele dem Weikersheimer Bürgermeister Nick Schuppert, der bei den Bürgerinnen und Bürgern sehr gut ankommt, ihre Stimme geben“, erläutert Schindler-Neidlein die Situation in Wahlkreis VII. Dass es schwer werde, sich dagegen zu behaupten, habe auf der Hand gelegen. Insgesamt freue sie sich über ein gutes Gesamtergebnis ihrer SPD-Liste. „Deshalb bin ich nicht enttäuscht“, meint die bis zur konstituierenden Sitzung des neue gewählten Gremiums amtierende SPD-Fraktionsvorsitzende.

Was Ute Schindler-Neidlein viel mehr umtreibt, ist die Tatsache, dass künftig nurmehr drei Frauen, statt bisher neun dem Kreistag angehören werden. Gewählt worden waren 2029 ursprünglich zehn, Manuela Zahn (CDU) gab ihr Amt während der Wahlperiode ab – Nachrücker war mit Andreas Lehr ein Mann.

Frauen denken und handeln anders

„Ich frage mich, was Frauen wählen, die doch knapp mehr als die Hälfte der Bevölkerung stellen“, stellt sie leicht resigniert fest. Sie befürchtet, dass durch diese ungleiche Gewichtung der Geschlechter viele Themen gerade im sozialen Bereich nicht mehr bearbeitet werden. Schindler-Neidlein: „Männer denken und handeln einfach anders.“

In dieselbe Kerbe schlägt Birgit Väth, seit einer Legislatur im Kreistag. „Für mich ist am schlimmsten, dass so wenige Frauen gewählt wurden. Die Rückwärtsgewandtheit macht mir Angst“, sagt sie. Sie verstehe nicht, warum sich Wählerinnen und Wähler augenscheinlich so gegen das weibliche Geschlecht gewandt hätten.

Für sie persönlich sei es schade, nicht mehr im Kreistag mitarbeiten zu können. Väth: „Es sind dort völlig andere Themen als im Gemeinderat und man betrachtet die Dinge aus einem völlig anderen Blickwinkel“, beschreibt sie ihr Tun auf Landkreisebene. Außerdem sei jede zusätzliche Aufgabe bewusstseinserweiternd. „Todtraurig bin ich aber nicht, weil ich genug zu tun habe“, beschreibt sie ihre Gefühlslage. Was sie allerdings schmerzt ist, dass der Sitz der Grünen an die AfD gegangen ist.

Auch Albrecht Rudolf – seit 20 Jahren für die FDP im Kreistag – hätte gerne weitergemacht. „Es war allerdings im Plan, dass Dr. Lukas Braun den Sitz erhält“, so Rudolf. Rückblickend auf die Gremienarbeit im Landkreis spricht er von einer „tollen Zeit“. Er würde sich wünschen, dass die Landkreisthemen wie Krankenhausversorgung, ÖPNV oder die Entwicklung großer Beruflicher Bildungszentren mehr von der Bevölkerung beachtet würden.

Rainer Moritz (Bündis90/Die Grünen) ist jetzt der letzte verbliebene Fraktionsvorsitzende einer Partei oder Wählervereinigung im Kreistag. Manfred Schaffert (CDU) und Klaus Kornberger (FWV) hatten nicht mehr kandidiert. Moritz ist gespannt, wie sich die anderen Fraktionen aufstellen werden und wie sich der Fraktionsstatus der AfD auf die Arbeit im Gremium auswirken wird.

Redaktion Zuständig für die Kreisberichterstattung Main-Tauber

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