Main-Tauber-Kreis. „Uns erreichen Anrufe von verunsicherten Bürgern“, berichtet Jürgen Muhler, Geschäftsführer der Energieagentur Main-Tauber-Kreis. Ihnen würde empfohlen, jetzt noch schnell eine neue Öl- oder Gasheizung einbauen zu lassen. Davon rät er aber dringend ab. „Schnellschüsse sind nicht zielführend“, so seine Sicht der Dinge.
Er kann verstehen, dass viele Bürgerinnen und Bürger mit Eigentum leichte Panik schieben, wenn sie hören, dass ab dem kommenden Jahr keine neuen Öl- und Gasheizungen mehr eingebaut werden dürfen und neue Heizungen zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden sollen. „Viele Bürger, die solche Heizungssysteme haben, wurden aber bereits im vergangenen Jahr durch die Energieknappheit in Folge des Angriffskriegs auf die Ukraine sensibilisiert und haben sich Gedanken gemacht“, weiß er. Allein 2022 zählte die Energieagentur knapp 400 Beratungen, von denen Jürgen Muhler selbst 150 vor Ort oder telefonisch abgearbeitet hat.
Die Energieagentur arbeitet eng mit der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg zusammen. Acht Energieberater sind dort im Main-Tauber-Kreis gelistet. Darüber hinaus gibt es eine Energieberaterliste über www.energie-effizienz-experten.de im Internet, in der Energieberater per Postleitzahl deutschlandweit gesucht werden können.
Checks auf allen Ebenen
Beim Thema Energieeffizienz empfiehlt Jürgen Muhler im ersten Schritt das Beratungsangebot der Verbraucherzentrale. Hier stehen die Schwerpunkte Gebäude, Photovoltaik und Heizung im Vordergrund. Die Daten hierzu speist die Energieagentur auch am Telefon ins System ein. Dazu zählen Gebäudealter und Heizungsart, bereits vorgenommene Sanierungen an Dach oder Fenstern.
Vor-Ort-Termin
Der dafür notwendige Vor-Ort-Termin dauert zwischen ein und zwei Stunden. Bezogen auf die Photovoltaik werden die Dachfläche und deren Ausrichtung aufgenommen. Erklärt werden auch mögliche Module, Wechselrichter, die Wallbox, Leistungsoptimierer und alle notwendigen Bauteile inklusive der Anmeldung beim Netzbetreiber und der Meldung ans Marktstammdatenregister, um bei drei einzuholenden Angeboten die Vergleichbarkeit zu gewährleisten.
„Wir sprechen das alles vor Ort mit den Bürgern durch, schreiben dann aber noch einen ausführlichen Bericht von zehn bis 15 Seiten, weil die Informationen so vielfältig sind, dass sie sich – mündlich vorgetragen – niemand vollständig merken kann“, erklärt Jürgen Muhler. In dem Bericht ist dann auch die Größe der Anlage einschließlich der maximalen Kosten vermerkt, so dass ein Richtwert für die Investition gegeben ist. Module seien derzeit vorrätig, bei Wechselrichtern und Speichern seien jedoch Wartezeiten zu kalkulieren.
„Der Sanierungsfahrplan, zu dem auch ein Vor-Ort-Termin gehört, wird zu 80 Prozent gefördert, der Eigenanteil für den Eigentümer liegt zwischen 400 und 500 Euro für ein Einfamilienhaus“, erläutert er. Wer einen Sanierungsfahrplan erstellen lässt, erhält nicht nur eine Richtschnur, wie er sein Haus energetisch ertüchtigen kann, sondern auch einen echten finanziellen Anreiz. „Anstatt einer Förderung von 15 Prozent erhält er – bis auf die Heizung – Zuschüsse in Höhe von 20 Prozent. Das gilt für 15 Jahre ab Erstellung des Sanierungsplans“, so der Geschäftsführer.
Ebenso wie der Bundeswirtschaftsminister ist auch der Geschäftsführer der hiesigen Energieagentur von Wärmepumpen überzeugt. „In der Vergangenheit waren Pellet-Heizungen sehr gefragt, aber da ist die Förderung nicht mehr so attraktiv“, meint er. Bei Wärmepumpen liege sie derzeit bis zu 45 Prozent.
Letztlich müsse ganz genau geschaut werden, für welches Haus welche Lösung die zielführende sei. Bei der Beratung sieht er in der Unabhängigkeit der Experten einen wichtigen Faktor. Denn jeder, der in irgendeiner Weise beruflich mit der Materie verzahnt sei, blicke naturgemäß durch seine Brille.
Ausgleichsoptionen
Jürgen Muhler schrecken die 65 Prozent erneuerbare Energien, die künftig bei neuen Anlagen fürs Heizen eingesetzt werden sollen, nicht. Bislang hat es schon Ausgleichsoptionen gegeben und er ist sich sicher, dass dies auch künftig der Fall sein wird. Dazu gehörten der Sanierungsfahrplan, die Nutzung von Biogas oder Photovoltaik. Die geforderten 65 Prozent könnten sicher für einige Gebäude eine Herausforderung darstellen, meint er. Verrückt machen sollte sicher aber niemand.
Info: Die Energieagentur Main-Tauber-Kreis ist erreichbar unter Telefon 09341/825813 oder unter 093417/825827. E-Mail: juergen.muhler@main-tauber-kreis.de oder nadine.hofmann@main-tauber-kreis.de
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