FN-Serie „FitNess“

Zecken: Die Gefahr lauert in der Wiese

Durch den Wald joggen, mit einem Kajak paddeln oder Wandern – die Fitness-Serie der FN macht Lust auf Bewegung im Freien. Doch dort lauert eine Gefahr: die Zecke. Der Külsheimer Arzt Dr. Volker Dietz gibt Ratschläge.

Von 
Heike Barowski
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Breitet sich die Rötung um die Stelle aus, an der die Zecke gebissen hat, sollte schnellstens ein Arzt aufgesucht werden. © Dr. Volker Dietz

Main-Tauber/Neckar-Odenwaldkreis. Ganz Baden-Württemberg ist blau – die Farbe auf der vom Robert-Koch-Institut (RKI) veröffentlichten Karte zeigt die Risikogebiete an, in denen Zecken Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) übertragen, also Risikogebiete sind. Doch die Anzahl der FSME-Erkrankungen schwanke von Jahr zu Jahr und werde von klimatischen und ökologischen Faktoren sowie dem menschlichen Verhalten beeinflusst, heißt es in der Mitteilung des RKI. Aber Zecken übertragen nicht nur FSME.

Im Sommer sieht Dr. Volker Dietz häufig Patienten mit Zeckenbissen. © Barowski

Die Fränkischen Nachrichten haben sich deshalb mit dem Külsheimer Hausarzt. Dr. Volker Dietz unterhalten, der in seiner Praxis häufig mit Zeckenbefall und den Auswirkungen zu tun hat.

Dr. Dietz, seit 2009 praktizieren Sie in Külsheim, seit 2012 leiten Sie die vom Vater übernommene Praxis und eröffneten im Oktober 2023 die neue Gemeinschaftspraxis. Das Thema Zeckenbefall bei Menschen ist für Sie sicher nichts Neues?

Dr. Volker Dietz: Das stimmt. Ich kann zwar keine genauen Zahlen nennen, aber wir haben häufig, vor allem in den Sommermonaten, damit zu tun.

Wo in der Natur kann man sich Zecken „einfangen“?

Dietz: Grundsätzlich geht das bei jeder Aktivität im Grünen, besonders auf Wiesen, denn Zecken springen nicht von den Bäumen.

Welche Körperregionen werden hauptsächlich befallen?

Dietz: Bei Erwachsenen sind es eher die Beine bis zur Leiste. Kinder können durchaus auch im Hals- und Kopfbereich, wie hinter dem Ohr, betroffen sein.

Was raten Sie, um sich vor einem Zeckenbiss zu schützen?

Dietz: Helle Kleidung ist optimal, denn auf ihr sieht man die Zecken besser. Nach einem Spaziergang durch die Wiese, den Wald oder auch den Garten sollte man sich unbedingt absuchen. Zur Vorbeugung könnte man auch Repellents benutzen, also Abwehrmittel, die in der Regel aufgesprüht werden. Wer es besonders toll machen möchte, der kann seine Oberbekleidung in die Hose stecken und die Socken über die Hose ziehen.

Doch was tun, wenn die Zecke tatsächlich zugebissen hat?

Dietz: Der Betroffene oder ein Helfer sollte die Zecke vorsichtig mit der Zeckenzange heraushebeln. Die Einstichstelle kann man desinfizieren oder etwas Jodsalbe auftragen und sollte die nächsten Tage unbedingt beobachtet werden. Auf keinen Fall sollte die Zecke herausgerissen werden. Auch sollte man nicht versuchen, die Zecke mit irgendwelchen Mitteln wie Klebstoff, Öl oder Nagellack zu ersticken, weil die Zecke sonst ihren Mageninhalt in die Blutbahn würgt und somit Pathogene in den Körper einbringt. FSME wird übrigens sofort mit dem Stich übertragen, während Borrelien erst nach einer gewissen Saugzeit der Zecke auf den Menschen übergehen. Zecken können bis zu 50 Pathogene übertragen. Die häufigsten davon sind jedoch FSME und Borreliose.

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Was mache ich mit der entfernten Zecke?

Dietz: Am besten ist es, die Zecke zu zerstören und dann zu entsorgen.

Wann sollte man einen Arzt aufsuchen?

Dietz: Ist man unsicher, sollte man auf jeden Fall zum Arzt. Viele Leute haben nach dem Entfernen der Zecke oft Bedenken, wenn eine kleine Rötung an der Stelle auftritt, wie bei einem Insektenstich, der eine lokale Reaktion hervorruft. Das ist aber nicht gefährlich. Ein Problem zeigt sich, wenn sich diese Rötung ausbreitet. Das passiert bei einer Borrelieninfektion. Etwa sieben bis zehn Tage nach dem Stich tritt dabei das klassische Bild auf, der rote Ring um den Stich. Auch wenn jemand Fieber oder Kopfschmerzen nach einem Zeckenbiss bekommt, sollte er einen Arzt aufsuchen. Diese Symptome treten meist nicht sofort, sondern erst sieben bis 14 Tage nach dem Biss auf.

Borreliose und FSME weisen also unterschiedliche Symptome auf?

Dietz: Ja. Die FSME macht sich mit Kopfschmerzen und Fieber bemerkbar. Typisch ist hier ein zweigipfliger Verlauf, also mit symptomfreiem Intervall. Die FSME kann bis hin zu neurologischen Ausfällen führen wie Krampfanfälle oder Lähmungen. Bei der Borreliose ist es typischerweise die auftretende Wanderröte. An sich besteht ein stadienhafter Verlauf, bei der jedoch einzelne Stadien übersprungen werden können. So kann es passieren, dass kein Hautausschlag auftritt, sondern gleich eine einseitige Gesichtslähmung (Neuroborreliose). Das geschieht vor allem häufig bei Kindern, genauso wie auch ein Lymphozytom, oft in Form eines geschwollenen Ohrläppchens. Des Weiteren können auch Schwellungen einzelner großer Gelenke ein Anzeichen sein. Dieses Überspringen von Krankheitsstadien macht es auch so schwierig, einen Borrelien-Befall zu diagnostizieren.

Ein Schild in einem Wald warnt vor Zecken. Die Fälle von an Borreliose Erkrankten bleiben im Main-Tauber- und Neckar-Odenwald-Kreis relativ konstant. Warme Winter sorgen dafür, dass die Spinnentiere zu dieser Zeit inzwischen auch aktiv sind. © AOK/Teck

Kann eine Blutuntersuchung Klarheit schaffen?

Dietz: Eine Blutabnahme mit Untersuchung auf Borrelien-Antikörper ist nicht so einfach zu bewerten. Sind Antikörper nachweisbar, können die auch von einer vor Jahren zurückliegenden und erfolgreich überstandener Infektion herrühren. Erhöhte Antikörper sind deshalb nicht gleich der Beweis, dass jemand eine akute und aktive Borreliose hat. Oftmals wird dann fälscherweise eine chronische Borreliose diagnostiziert.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Dietz: Um eine Erkrankung an FSME zu verhindern, sollte man sich impfen lassen. Schon Kleinkinder ab einem Jahr können geimpft werden. Gegen die Borreliose kann man nicht impfen. Sie ist allerdings im Nachhinein gut behandelbar.

Übernehmen die Krankenkassen die Kosten?

Dietz: Ja natürlich.

Wie oft behandeln Sie Menschen, die tatsächlich in Folge eines Zeckenbisses, also an FSME oder Borreliose, erkrankt sind?

Dietz: Wir behandeln häufig Menschen, die Borreliose haben. Die Betroffenen kommen mit der Wanderröte, Erythema migrans, in unsere Praxis. Patienten mit FSME habe ich bisher dagegen nur sehr wenige behandeln müssen. Ein Grund dafür ist sicherlich, dass viele unserer Patienten dagegen geimpft sind.

Seit Wochen macht die Hyalomma-Zecke von sich reden.

Dietz: Ich hatte bisher damit noch nichts zu tun.

Mit einem „Zecken-Spezialfall“ hatten Sie schon einmal zu tun.

Dietz: Das stimmt. Im Jahr 2010 trat Q-Fieber in Hardheim auf. Die Bakterien wurden über die Luft durch Zeckenkot von Schaf-Zecken übertragen, die an infizierten Tieren gesaugt hatten. Dadurch trat eine lokale Epidemie von Lungeninfekten auf.

Sind Sie selbst schon von einer Zecke gebissen worden?

Dietz: Na klar, natürlich. Wer hier lebt und in die Natur geht, der kann sich einen Zeckenbiss einfangen. Ich sehe das jedoch entspannt, aber ich bin auch geimpft.

Redaktion Im Einsatz für die Lokalausgabe Wertheim

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