Literatur - Wertheimer Nachschlagewerk beschäftigt sich mit historischen Hintergründen, ohne sich auf eine Epoche festzulegen

Wertheimer Jahrbuch als Doppelausgabe erschienen

Die Dreiteilung beibehalten, dafür komplett auf Farbdruck umgestellt und eine Ahnentafel beigelegt – das neue Wertheimer Jahrbuch bietet sehr viel Lesestoff.

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Matthias Ernst
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Das neue Jahrbuch des Historischen Vereins Wertheim enthält in diesem Jahr auch die Ahnentafel der Familie Platz, die der Vorsitzende PD Dr. Frank Kleinehagenbrock und die Schriftführerin Dr. Monika Schaupp präsentieren. © Matthias Ernst

Bronnbach. Nicht nur wegen der Corona-Pandemie ist das neue Jahrbuch als Doppeljahrgang erschienen, das stellte der Vorsitzende des Historischen Vereins Wertheim, Privatdozent Dr. Frank Kleinehagenbrock, bei der Vorstellung des neuen Werks mehrerer Autoren in den Räumen des Archivverbundes in Kloster Bronnbach klar. Auch wegen vieler Sonderveröffentlichungen habe man diesen Weg gewählt. Denn der Verein war auch in den Zeiten des Lockdowns nicht untätig und verlegte viele Veranstaltungen einfach in die digitale Welt. Kleinehagenbrock dankte vor allem Dr. Monika Schaupp, die als Schriftführerin des Vereins „die meiste Arbeit gehabt“ habe.

Das Jahrbuch ist wieder dreigeteilt. Im vorderen Teil des Werks mit insgesamt 254 bedruckten Seiten befinden sich die Aufsätze, der mittlere Teil liefert Buchvorstellungen und Rezensionen und im hinteren Teil sind die Vereinsnachrichten.

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Das Jahrbuch will historische Hintergründe beleuchten und ist dabei nicht auf eine bestimmte Epoche begrenzt. Deshalb sind auch fast alle Zeiten vom Mittelalter bis in die Neuzeit vertreten. Ungewöhnlich, sei, so Schaupp, dass ein Autor gleich zwei Beiträge liefert. Eine Ausnahme habe man bei Dieter Fauth gemacht. Sein Aufsatz über die Geschichte der Haupt- und Werkrealschule Urphar-Lindelbach ist zu aktuell, um ihn nicht zu berücksichtigen, so der Vereinsvorsitzende. Zusätzlich kam auch noch der Bericht über „Eugenische NS-Verbrechen als Mahnung für die Gegenwart“ mit in das Buch hinein.

Eigentlich, so Monika Schaupp, hätte das Jahrbuch ein ganzes Buch über die Zeit des Nationalsozialismus werden sollen, aber in den vergangenen beiden Jahren seien so viele Veränderungen eingetreten, dass man von diesem Plan wieder abgewichen sei. Sie versprach aber, dass im nächsten Wertheimer Jahrbuch das Thema Nationalsozialismus und seine Auswirkungen auf Wertheim und die Ortsteile eine führende Rolle einnehmen werde. Während die Geschichte des Mittelalters und der Gründerzeit mittlerweile sehr gut recherchiert sind, muss die Geschichte des 20. Jahrhunderts noch mehr aufgearbeitet werden, forderte Frank Kleinehagenbrock zu intensiverer Forschungsarbeit auf.

Die Geschichte der Familie Platz

Erstmals ist das Wertheimer Jahrbuch komplett in Farbe hergestellt worden. Die Herstellungskosten, die hauptsächlich durch die Mitgliedsbeiträge generiert werden, seien durch den Farbdruck inzwischen auch nicht höher als bei einem Druck in Schwarz-Weiß, machte Monika Schaupp auf eine Besonderheit aufmerksam.

Eine weitere Besonderheit ist die eingelegte Übersichtstafel über die Ahnen der Wertheimer Familie Platz. Sie ist eine Ergänzung zum Aufsatz von Erich Langguth, der sich schon seit Jahrzehnten mit der Gerber- und Ratsfamilie Platz/Ast beschäftigt.

Erstmals sind in so einem Stammbaum auch die Frauen aufgeführt, obwohl über sie meist weniger bekannt ist, als über die männliche Linie.

Gleich zwei Aufsätze beschäftigen sich mit Kloster Bronnbach. Hans Gerd Dormagen berichtet über das Leben und Wirken des Peter von Stettenberg dem Älteren und beleuchtet dabei auch die aufwendig gestaltete Grabplatte im Kloster.

Rebecca Erika Schmitt geht in ihrer Untersuchung zu den Ursachen der Tragwerksauffälligkeiten des Bronnbacher Klausurwestflügels (besser bekannt als Prälatenbau) auf die Veränderungen vom romanischen Urbau bis in die Neuzeit ein.

Interessant sind dabei vor allem ihre Schlussfolgerungen, warum es bei Renovierungsarbeiten am Prälatenbau immer so kompliziert sei, einzelne Elemente zu verändern.

Ergänzt wird das Jahrbuch durch Aufsätze von Torsten Englert über das Leben des Bierbrauers Ernst Bauer, dessen Familie aus Wertheim stammt und dort angesehene Schiffs- und Handelsmänner hervorbrachte.

Eine weitere Persönlichkeit wird mit dem ehemaligen Bürgermeister Friedrich Bender vorgestellt. Martin Walter hat das Leben und Wirken des „Bürgermeisters zweier badischer Städte“ näher beleuchtet.

Das Amt Steinfeld

Lesenswert sind auch die Ausführungen des ehemaligen Marktheidenfelder Bürgermeisters Leonhard Scherg zur Geschichte des Amtes Steinfeld, das lange zur Grafschaft Wertheim gehörte, bevor Napoleon mit seiner Umstrukturierung der Landesgrenzen für eine Zuschlagung an Bayern sorgte.

Klaus Peter Möller liefert Erkenntnisse zum Lächeln in der Kunst. Vor allem die Porträts Josef Futterers in denen er Lion Feuchtwanger, Peter Schäfer und den Blumenpeter von Mannheim darstellt, werden den Lesern des Jahrbuchs näher gebracht. Einige der Werke Futterers hängen in Wertheimer Museen. Aus diesem Grund sei es wichtig, verschiedene Hintergründe zu kennen, verdeutlichte Frank Kleinehagenbrock.

„Sie sehen, der Verein hat den Kopf nicht in den Sand gesteckt und war auch während der Corona-Pandemie aktiv“, fiel Kleinehagenbrocks Resümee aus. Aktuell werde das Wertheimer Jahrbuch von Vereinsmitgliedern verpackt und in Kürze wird die Post es an jedes Mitglied ausliefern, kündigte Monika Schaupp an.

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