Kultur - „Noche Flamenca“ in der Aula Alte Steige statt auf der Burg / Impulsive Show: präsentierte Flamenco pur, unverfälscht, ausdrucksstark, temperamentvoll

Flamenco-Nacht in Wertheim: Publikum ließ sich von der Leidenschaft mitreißen

Von 
hpw
Lesedauer: 
„Noche Flamenca“ bei der Flamenco-Nacht in Wertheim (von links): Ileimn Ceciliano (Tanz), David Bermúdez (Piano und Perkussion), David „el Gamba“ Morán (Gesang), Diego Rocha (Gitarre). © Hans-Peter Wagner

Wertheim. Die Flamenco-Nacht am Samstagabend in der Aula Alte Steige in Wertheim – wegen des Wetters konnte sie nicht auf der Burg stattfinden – ließ über 80 Besucher für eineinhalb Stunden tief eintauchen in eine faszinierende Welt der Musik, des Gesangs und des Tanzens. Die vier Künstler der „Noche Flamenca“ entführten in eine besondere Welt der vielgestaltigen Emotionen.

Ileimn Ceciliano (Tanz), David „el Gamba“ Morán (Gesang), Diego Rocha (Gitarre) und David Bermúdez (Piano und Perkussion) verzauberten ihr Publikum, das sich vom Esprit und der Lebendigkeit von Musik, Gesang und Tanz gerne mitreißen ließ. Die impulsive Show präsentierte Flamenco pur, unverfälscht, ausdrucksstark, temperamentvoll, leidenschaftlich, laut und leise, wild und ruhig.

Bereits beim ersten Tanz „Sevillanas“, einem sehr berühmter Flamenco-Stil, zeigte sich, wie harmonisch und gut das Quartett aufeinander abgestimmt ist. Die vier Protagonisten verstanden es, mit vielgestaltiger Gewandtheit und reichlich Einfühlungsvermögen den charakteristisch innewohnenden Reichtum des Flamencos sicht- und hörbar umzusetzen.

Melodisch forcierend

Mehr zum Thema

KulTour

Unsere Kulturtipps bis 18. Oktober von Andrea Bocelli bis Chris Tall

Veröffentlicht
Von
Martin Vögele und Jörg-Peter Klotz
Mehr erfahren

Diego Rocha beeindruckte beim Stück „Rondeña“ mit beinahe sphärisch anmutende Figuren auf der Gitarre, schleuderte in die atemlose Stille melodisch forcierend schöpferische Klänge, begleitet vom rhythmischen Klatschen seiner musikalischen Mitstreiter. Hier wie an anderen Stellen auch ernteten die Künstler berechtigt viel Applaus, gar Zwischenapplaus. David „el Gamba“ Morán zeigte bei „Malagueña Abandolao“ beeindruckende Tiefe und Ernsthaftigkeit, gründliches Verständnis, eine eindringlich wirkende Stimme und großen Tonumfang. Das Stück wurde eingeleitet und begleitet vom Piano, die Gitarre stimmte ein, man verspürte nachdrücklich den Wechsel der Stimmungen von zurückhaltend bis hin zu überschäumend.

Der anschließende Tanz „Solea por bulerías“ ließ eine Varietät des traditionellen Flamencorepertoires miterleben, pulsierend zwischen Intensivierung und Entschleunigung. Ileimn Ceciliano gab mit ihrem eleganten und technisch ausgereiften Tanzstil der Musik ein visuelles Gewand. Jeder Teil des Körpers war beteiligt, die verschiedenen Spannungsbögen zu entwickeln und auszuformen. Die Tänzerin betörte in ihrer intensiven Art, dem Reiz der Darbietung konnte sich offensichtlich niemand entziehen.

Iberische Melancholie

Besucherin Petra befand bereits den ersten Teil der Flamenco-Nacht als sehr angenehm. Sie lobte speziell die Hinführung in dieser ersten Hälfte, die Dramaturgie sei sehr gut aufgebaut. Uschi aus Bonn bekundete, sie habe Flamenco schon in Südspanien gesehen, die Vorstellung sei authentisch und richtig gut. Sie schwärmte vom Ausdruck der Tänzerin „bis in die Fingerspitzen“. In der Aula herrsche der Charme der 1970er Jahre. Ein Trio aus dem Spessart benannte Musik und Tanz „super“, das Ambiente allerdings ganz anders als auf der Burg erhofft.

Nach der Pause rückte „Bolerias“ mit David Bermúdez den Mann am Piano in den Mittelpunkt. Er ließ jeden einzelnen Zuhörer die Reise durch die Welt des Flamencos genießen, die Wirkkraft der Gegenwart spüren, die momentane Ungezwungenheit, rebellisch rasante iberische Melancholie und die Empfindung des Augenblicks. Die beiden Mannen an seiner Seite gestalteten durch ihr stetig präsentes Klatschen mit.

Der Tanz „Alegnas“ vermochte, Flamenco in all seinen Facetten wirken zu lassen: wild und leiden-schaftlich, authentisch und spielerisch. Die Schrittfolgen der Tänzerin beeindruckten ebenso wie ihre auf hohem Niveau dargebotene tänzerische Eleganz inmitten musikalischem Temperament. Eine enorme dynamische Bandbreite verstand es, die Gefühlswelt des Flamencos trefflich herauszuheben.

Die vom Publikum heftig eingeforderte Zugabe „Bulenas“ erwies sich als eine erneute Demonstration zuvor bereits erlebter hoher künstlerischer Fertigkeiten. Zuerst stand der Sänger im Fokus, danach die Tänzerin, die gemeinsame Interpretation vereinte die Attribute des Flamencos in einem abschließenden Höhepunkt.

Faszinierendes Erbe

Der Abend voller Begeisterung auf der Bühne und im Saal brachte ergreifende Tänze, sehnsüchtige Gesänge und aufregende musikalische Klänge.

Die Flamencokünstler überzeugten, zeigten pulsierende Rhythmen, die Seele berührenden Gesang, virtuose musikalische Klänge, kraftvoll sinnlichen Tanz. Sie bewiesen eindrücklich, dass sie sich in den diversen Schattierungen und Stimmungen des Flamencos zu Hause fühlen. „Noche Flamenca“ konnte den virtuos dargebotenen Ausflug in das faszinierende Erbe südeuropäischer Musikkultur dem jederzeit gespannt mitgehenden Publikum prächtig vermitteln. hpw

Copyright © 2025 Fränkische Nachrichten