Wertheim/Mosbach. Das Amtsgericht Wertheim hatte vor drei Monaten einen 62-jährigen Mann aus der Main-Tauber-Stadt wegen Holzdiebstahls zu einer saftigen Geldstrafe von 10 500 Euro verurteilt (210 mal 50 Euro Tagessatz) – wir berichteten. Der Angeklagte legte dagegen Berufung ein. Er wollte damit laut Verteidiger die „möglicherweise billigere Variante“ erreichen: eine Freiheitsstrafe, ausgesetzt zur Bewährung. Diese hatte die Staatsanwaltschaft vor dem Wertheimer Gericht auch beantragt. Die Richterin beließ es seinerzeit bei der Geldstrafe. Das Mosbacher Landgericht entschied sich nun tatsächlich für die Freiheitsstrafe auf Bewährung – sozusagen eine Win-win-Situation für beide Seiten.
Bäume gefällt
An der Tat vom Januar 2023 gab es keinen Zweifel, denn vor dem Amtsgericht hatte sie der Angeklagte nach anfänglichem Leugnen eingeräumt. Der 62-Jährige, ein ausgebildeter Großhandelskaufmann, betrieb damals einen Autohandel, nebenbei verdiente er sich noch etwas mit dem Verkauf von Brennholz über das Internet hinzu. Sein eigener Wald reichte dafür offenbar nicht aus. Die Nachfrage war wegen der Energiekrise nach dem russischen Überfall auf die Ukraine sehr hoch. Die Preise erreichten Rekordniveau.
Auf jeden Fall machte er sich zusammen mit einem Helfer an Bäumen auf einem städtischen Grundstück in Nähe des Bestenheider Höhenwegs zu schaffen. Dem „Raubzug“ zum Opfer fielen 15 Kiefern und eine Eiche. Der Revierleiter des Forstamts sagte als Zeuge vor Gericht aus, er sei telefonisch auf die illegale Fällaktion aufmerksam gemacht worden. Sehr ähnliche Sägespuren an den Baumstümpfen (Stockbild) deuteten eindeutig daraufhin, dass es sich um dieselben Täter handeln musste. Der Abstand zwischen den Sägespanresten sei gleich gewesen, was nahelegte, dass es sich um die identische Scheitlänge handeln musste.
Nicht weit vom Tatort entfernt entdeckte der Revierleiter später einen verdächtigen Holzstapel, daneben einen Pkw-Anhänger, an dem Spuren von Farbe hafteten, mit der er zuvor Bäume markiert hatte: ein weiteres Indiz für die Täterschaft des 62-Jährigen, der ohnehin schon unter Verdacht stand. Die herbeigerufene Polizei kam schließlich dazu und beschlagnahmte den Hänger.
Genetisches Gutachten
Um den Holzwilderer eindeutig zu überführen, kam es dann zu einer außergewöhnlichen Maßnahme, wie der als Zeuge geladene Polizeibeamte erläuterte. Erst zum dritten Mal in der Kriminalgeschichte des Landes Baden-Württemberg gaben die Ermittler ein genetisches Gutachten in Auftrag, um das Material auf dem Lagerplatz mit Resten im Wald zu vergleichen. Das Ergebnis war eindeutig: die entnommenen Proben stimmten überein.
Den Schaden für die Stadt Wertheim bezifferte der Revierleiter auf rund 3800 Euro – 120 Euro pro Raummeter. Er führte aus, dass er den Angeklagten schon bei früherer Gelegenheit im Auge gehabt habe und auf die legalen Möglichkeiten der Holzernte aufmerksam machte. 20 Raummeter hätte er mit einem normalen „Holzlos“ bekommen. Damit können Interessierte im Wald herumliegendes Kronenholz aufbereiten.
Erschwerend kam bei der Tat noch hinzu, dass der Angeklagte in ähnlicher Sache kurz zuvor einen Strafbefehl erhalten hatte: 450 Euro musste er zahlen, weil er im November 2022 auf Dertinger Gemarkung rund einen Raummeter Holz von einem Stapel räumte und mit dem Pkw-Anhänger abtransportierte.
2000 Euro an Schutzgemeinschaft
Die Staatsanwältin warf dies dem Angeklagten bei ihrem Plädoyer auch vor: Er habe „den deutlichen Schuss vor den Bug“ wohl nicht gehört und erneut gestohlen. Da er mit Holz handelte, sei von einem „gewerbsmäßigen“ Diebstahl auszugehen. Die Staatsanwältin forderte eine Freiheitsstrafe von neun Monaten, ausgesetzt auf drei Jahre Bewährung.
Der Verteidiger blieb etwas vage bei seinen Schlussausführungen und verwies auf die Freiheitsstrafe als kostengünstigere Variante, was angesichts des geringen Einkommens des Angeklagten durchaus eine Rolle spiele. Sollte eine Geldstrafe ergehen, müsse der Tagessatz geringer ausfallen.
Laut Urteil des Landgerichts kommt der 62-Jährige nun in den „Genuss“ der Freiheitsstrafe. Allerdings wird der Pkw-Anhänger eingezogen. Den Schaden muss der Mann natürlich begleichen. Zudem hat er in 20 Monatsraten 2000 Euro zu zahlen – an die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald.
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