Verkehr

Wertheim: Was die Schulen von Elterntaxis halten

Sie sorgen für verstopfte Straßen, unübersichtliche Situationen und damit für Gefahr für Kinder: Elterntaxis. Dass gute gemeinte Fahrdienste Probleme verursachen, bestätigen auch die Leiter der Wertheimer Schulen.

Von 
Katharina Buchholz
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Die Streifenpolizisten Nicolas Müller und Laureen Eiermann sind regelmäßig vor Schulen im Einsatz. Sie kontrollieren, ob die Verkehrsregeln eingehalten werden, aber auch, ob Kinder in den Fahrzeugen ausreichend gesichert sind. © Katharina Buchholz

Wertheim. Nachmittags bleibt es meist ruhig in der Karl-Bär-Straße. Um 13.01 Uhr tönt der Pausengong der Gemeinschaftsschule Wertheim, einige Schüler verlassen das Gebäude. Etwas mehr als eine Handvoll Kinder läuft zur Bushaltestelle, um dort auf einen der zwei Busse zu warten, die die Schule anfahren. Schräg gegenüber hält ein Auto an. Winkend begrüßt der Vater hinter dem Steuer seinen Sohn, der samt Schulranzen in das Fahrzeug einsteigt.

Die Situation mit dem Elterntaxi ist schnell erledigt und verursacht keinerlei Verkehrsbehinderungen. Leider ist das nicht immer so, bestätigt Schulleiter Lothar Fink, der an diesem Tag die Busaufsicht führt. Gerade am Morgen komme es immer wieder zu Behinderungen und „halbgefährlichen Situationen“. Einige Eltern stellen ihre Autos trotz Parkverbots in der schmalen Straße ab, um ihr Kind ins Schulgebäude zu bringen. Die Anfahrt der Schulbusse ist dann blockiert. Andere Eltern befahren den Schulhof und parken in der Gasse für die Feuerwehr im Halteverbot, um ihr Kind abzuliefern. „Von Wertheim nach Wertheim kann man laufen“, sagt Fink. Gleichzeitig weiß er: „Wir werden die Elterntaxis nicht wegbekommen.“

Viel Verkehr in Bestenheid

Mit dieser Gewissheit leben auch Finks Schulleiterkollegen. Thema sind die Elterntaxis in sämtlichen Grundschulen sowie den weiterführenden Schulen, wobei ländlich gelegene Schulen wie Dertingen oder Reicholzheim nur wenige Probleme mit dem „Elternverkehr“ haben und der überwiegende Teil der Kinder mit den Bussen fährt oder zu Fuß geht.

„Elterntaxis gibt es an jeder Schule“, sagt Vesna Pitters-Engel, Sprecherin des Polizeipräsidiums Heilbronn. Besonders viel Bring- und Abholverkehr bestehe an der Grundschule Bestenheid und an der Gemeinschaftsschule. „Aber auch am Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium(DGB) werden viele Kinder von den Eltern gefahren“, weiß Pitters-Engel. Beim DBG besteht aktuell die Besonderheit, dass aufgrund der Arbeiten für die neue Dreifachturnhalle der komplette Parkplatz vor der Schule abgesperrt und die Zufahrt zur Schule stark eingeschränkt ist. Dazu kommt der Baustellenverkehr. In einem Brief zu Schuljahresbeginn machte die Schule die Eltern auf die Lage aufmerksam und zeigte Parkalternativen (Parkhaus, Main-Tauber-Halle, Burgblick) sowie Verhaltensweisen auf.

Über Schulbriefe, bei Einführungsveranstaltungen, bei den Elternabenden oder auf ihrer Homepage appellieren auch die Lehrer, Schulleiter und Elternbeiräte anderer Schulen an die Eltern, dass die Mädchen und Jungen bestenfalls zu Fuß zu Schule kommen sollen. Wer – aus welchen Grund auch immer – nicht darauf verzichten kann, soll ausgewiesene Parkplätze wie in Dertingen (vor der Turnhalle oder auf dem Festplatz) nutzen oder zumindest einige Straßen von der Schule entfernt parken.

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„In der Vergangenheit gab es da Probleme. Aktuell ist die Lage besser. Wir haben alle Eltern gebeten – per Brief und über den Elternbeirat – die Straße direkt am Schulhof freizuhalten und ihnen gesagt, wo sie problemlos parken können“, erklärt die Leiterin der Grundschule Nassig, Constanze Schwab. „Das Schulgelände darf nicht befahren werden – allerdings fahren die Elterntaxis verbotenerweise auf die Bushaltestellen und ignorieren die Verbotsschilder“, berichtet Katrin Amrhein, Schulleiterin der Realschule. Auch der Lehrerparkplatz werde von Eltern genutzt, um Schüler abzuliefern. Die Karten neu gemischt wurden durch den Umzug an den neuen Standort für die Otfried-Preußler-Schule: Schulleiterin Simone Schott beobachtet eher einen Rückgang der Elterntaxis. „Da die meisten Kinder jetzt in direkter Umgebung des Schulgebäudes wohnen.“ Gebracht werden derzeit vor allem Kinder aus den Gebieten Reinhardshof/Bestenheider Höhe und Vockenrot, da der Bus morgens aus Vockenrot noch nicht durchgängig fährt. Eine Fahrplanänderung sei jedoch in Arbeit und trete eventuell ab Mitte Oktober in Kraft. „Dann werden ein paar Kinder mehr mit dem Bus kommen“, ist sich Schott sicher.

„Entladezone“ beantragt

Darüber hinaus hat die Schulleiterin Gespräche mit der Stadtverwaltung und den Nutzern des Gemeinschaftszentrums geführt, um den Verkehr der Elterntaxis besser zu leiten. „Wir haben jetzt den Antrag gestellt, eine „Entladezone“ bei den Parkplätzen zu kennzeichnen.“

Wünsche, die Verkehrssituation durch einen Zebrastreifen oder durch die Einrichtung einer Einbahnstraße in der Robert-Bunsen-Straße bestehen an der Grundschule Bestenheid bereits lange. „Wir beobachten regelmäßig brenzlige Situationen, etwa mit Kindern, die auf dem Gehweg mit dem Roller fahren. Gerade die Erstklässler können die Straße durch den Verkehr und durch Autos, die auf dem Gehweg parken und Gegenverkehr, nicht richtig einsehen und rennen panisch über die Straße. Für Bus und Anwohner gibt es kein Durchkommen“, beschreibt Schulleiterin Melanie Matuszewski die Probleme, die täglich am Morgen und am Mittag bestehen.

Bewegung fehlt

Appelle, die Kinder in einiger Entfernung – etwa am Marktplatz oder am Ende des Robert-Bunsen-Wegs – abzusetzen, hätten wenig Erfolg. „Vielleicht muss erst etwas passieren“, fürchtet Matuszewski. Sie regt dazu an, darüber nachzudenken, welche Möglichkeiten die Eltern ihren Kindern durch die Einzelfahrt zur Schule nehmen. „Das reicht von der Bewegung, die dann fehlt, über das Üben von Konfliktsituationen mit anderen Kindern, bis zum Tragen des Schulranzens und damit verbunden der eigenen Organisation. Dass die Kinder lernen, die Bücher, die sie nicht brauchen, aus dem Ranzen zu räumen“, nennt die Schulleiterin einige Beispiele.

„Kinder müssen lernen, sich selbstständig und sicher im Verkehr zu bewegen. Das funktioniert allerdings nur, wenn sie die Möglichkeit bekommen, dies auch zu üben. Gerade der selbst absolvierte Schulweg ist dafür prädestiniert“, sagt Polizeisprecherin Pitters-Engel. Eine Alternative für Eltern, die nicht darauf verzichten können, ihren Nachwuchs im eigenen Auto zur Schule zu bringen, könne sein, die Kinder nicht direkt vor die Schule zu fahren. „So können sie zumindest ein kurzes Stück des Wegs eigenständig zur Schule gelangen“, rät Pitters-Engel. Polizeistreifen vom Revier Wertheim sind in den ersten Tagen nach Schuljahresbeginn, aber auch danach immer wieder vor den Schulen der Stadt zugegen, um zu kontrollieren, ob Verkehrsregeln eingehalten werden. Auch das Ordnungsamt ist regelmäßig vor den Schulen präsent.

„Insbesondere zum Schuljahresanfang finden auch größere Kontrollaktionen statt, um Eltern, Schüler und andere Verkehrsteilnehmer für die besondere Verkehrssituation vor den Schulen zu sensibilisieren und auf die vulnerabelsten Verkehrsteilnehmer – die Kinder – aufmerksam zu machen“, so Pitters-Engel. Eltern sollten ihren Kindern zudem ein Vorbild sein und sich an die Verkehrsregeln halten. „Nicht angeschnallt im Auto, das Parken in zweiter Reihe oder zu schnelles Fahren vor Bildungseinrichtungen – oder auch überall sonst – sind No-Gos.“

Ruhiger Nachmittag

„Der Verkehr hält sich heute sehr in Grenzen, morgens ist wesentlich mehr los“, bewertet Polizist Nicolas Müller an jenem Nachmittag vor der Gemeinschaftsschule Wertheim die Lage. Müller und seine Kollegin Laureen Eiermann haben den Streifenwagen in einer Seitenstraße geparkt und stehen neben der Zufahrt zum Schulhof.

Mit der Kelle winken die Polizisten an diesem Tag niemanden an den Straßenrand. Dafür wecken die beiden schnell die Aufmerksamkeit einiger Schüler, die sie ausführlich zu ihrer Ausrüstung befragen.

Redaktion Im Einsatz für die Lokalausgabe Wertheim

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