Wertheim. Landesgesundheitsminister Manfred Lucha war schon abgereist, da platzte im Gemeinderat die Bombe. Bei der nichtöffentlichen Sitzung am Montagabend wurde das Gremium nach FN-Informationen darüber informiert, dass die Schwesternschaft München, Trägerin der insolventen Rotkreuzklinik, weitere Gespräche mit der Stadt Wertheim zu einer Übernahme des Krankenhauses auf Eis gelegt hat. Die Schwesternschaft-Vorsitzende, Generaloberin Edith Dürr, hatte eigentlich zugesagt, auf Basis eines Letter of Intent (Absichtserklärung), den die Stadt verfasste hatte, zu verhandeln.
Rechtsstreit wegen Altersvorsorge
Dem Vernehmen nach geht die Münchner Organisation nach einem Wechsel ihrer Rechtsanwälte möglicherweise nicht mehr davon aus, dass sie aus eigener Tasche den Großteil der Altersvorsorge-Zusagen an die Mitarbeiter tragen muss und deswegen bei einer Schließung des Hauses besser davonkommt.
Bei den Verpflichtungen an die Zentrale Versorgungskasse (ZVK) geht es um mehr als 40 Millionen Euro. Bisher stand im Raum, dass die Schwesternschaft im Falle einer Zahlungsunfähigkeit der Wertheimer Klinik dafür geradestehen muss. Offenbar ist die Führungsriege in München jetzt anderer Auffassung und erwägt einen Rechtsstreit mit der Stadt, so die Befürchtung.
OB Herrera Torrez will alles in Bewegung setzen
Damit laufen sämtliche Bemühungen der Stadt, das Haus unter ihre Obhut zu bringen, zunächst ins Leere. Im Gremium herrschte nach der Hiobsbotschaft Entsetzen und Niedergeschlagenheit. Zwar hat der Gemeinderat am Abend grundsätzlich beschlossen, die Trägerschaft anzustreben, wenn auch unter der Voraussetzung, dass der Landkreis dabei unterstützen müsse. Doch mit der Absage aus München haben diese Bemühungen zunächst keine Erfolgsaussicht. Der OB Markus Herrera Torrez will dem Vernehmen nach alles in Bewegung setzen, um die Schwesternschaft zurück an den Verhandlungstisch zu bringen.
Minister Manfred Lucha hat nach FN-Informationen im Gemeinderat klargemacht, dass aus Sicht des Landes die Klinik in städtischer Obhut möglich sei. Bei einer Schließung müsste man allerdings laut Krankenhausplanung weniger als ein Dutzend Betten an anderer Stelle aufbauen, um den Verlust auszugleichen. Die Stadt solle vor einer Übernahme die langfristigen, finanziellen Risiken im Auge behalten und sich nicht übernehmen. Die Diskussion über eine Pflichtträgerschaft bezeichnete er als „Scheindebatte“. Sie werde nicht zum Tragen kommen.
Kündigungswelle
Bei einer Mitarbeiterversammlung in der Klinik am Dienstag hat der Insolvenzverwalter Mark Boddenberg nach FN-Informationen klargestellt, dass Land, Landkreis und Stadt weiter an der Lösung arbeiten müssen. Das größte Problem sei derzeit die Kündigungswelle, so Boddenberg. Wenn diese nicht abebbe, sei der Betrieb des Hauses akut gefährdet.
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