Wertheim. Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez zog am Montag seinen Vorschlag, das bereits im zuständigen Ausschuss vorbesprochene und abgesegnete Budgetpaket wieder aufzuschnüren, zurück. „Ich bin nicht damit verheiratet“, sagte er bei der Sitzung des Gemeinderats in der Main-Tauber-Halle. Bei den Fraktionen war das kurzfristige Ansinnen, die Fenster des Rathauses für 450 000 Euro auszutauschen, auf Skepsis gestoßen (wir berichteten).
Wohin mit dem Geld?
Was war passiert? Eine neue Steuerschätzung des Landes, die Anfang vergangener Woche eintraf, hatte Einnahmeverbesserungen prognostiziert – insgesamt 1,9 Millionen Euro. Bei der Frage, was man mit dem Geld anfangen könnte, kam die Verwaltung auf die Idee, für 450 000 Euro die Fenster im Rathaus auszutauschen. Sie stehe in den nächsten Jahren ohnehin an, so der OB bei der Sitzung. „Es gibt Büros, da zieht’s wie Hechtsuppe.“ Bei manchen Fenstern sei schon mehrfach die Glasscheibe erneuert worden, trotzdem seien sie undicht.
Änderungen im Haushalt 2022
Nach der neuen Steuerschätzung kann die Stadt mit zusätzlichen Einnahmen von fast 1,9 Millionen Euro rechnen.
Davon entfallen eine halbe Million auf den Anteil an der Einkommenssteuer, 1,1 Millionen auf höhere Schlüsselzuweisungen, 225 000 Euro auf einen besseren Familienlastenausgleich sowie kleinere Beträge an anderer Stelle.
Auf der Ausgabenseite erhöht sich die Kreisumlage um rund 200 000 Euro, weil sie entgegen der Annahme um 0,5 Punkte erhöht wurde.
Der Fehlbetrag im Ergebnishaushalt sinkt um 1,6 Millionen auf 3,5 Millionen Euro. Die Investitionen steigen um 800 000 Euro auf fast 13 Millionen Euro. Unterm Strich sind Schulden von 4,1 Millionen Euro geplant. Vorgesehen waren ursprünglich fünf Millionen Euro. wei
Es wäre auch ein „gutes Signal an die Mitarbeiter gewesen“, mit den zusätzlichen Einnahmen ein Projekt umzusetzen, das ihnen zugutekommt. Sicher gebe es in der Großen Kreisstadt „noch hundert andere Projekte“, die man mit den Mitteln verwirklichen könnte. „Doch wo bekommt man in der kurzen Zeit ein Projekt her, das konsensfähig ist?“, fragte der OB.
Er sei allerdings „mit dem Vorschlag nicht verheiratet“. Bei seiner Einschätzung, es handele sich um einen guten Kompromiss, der im Konsens im Gemeinderat beschlossen werden könne, habe er sich wohl getäuscht. „Die Verwirrung wegen der Kurzfristigkeit nehme ich auf meine Kappe.“ Jetzt könne man ins neue Haushaltsjahr starten und später darüber befinden, ob es Spielraum für die Sanierung der Fenster gebe.
Als Reaktion auf die Änderungswünsche hatte die CDU-Fraktion kurz vor der Sitzung einen Antrag eingebracht, nach dem die Ausgaben für die Rathausfenster 2022 auf 300 000 Euro reduziert werden sollten – mit Sperrvermerk, so dass der Gemeinderat später zustimmen müsste. Die Sanierung der Fenster könne in Abschnitten erfolgen.
Gleichzeitig forderte die CDU den Verzicht auf die Erhöhungen der Grund-, Hunde- und Vergnügungssteuer. Die dadurch angestrebten Mehreinnahmen von 142 000 Euro seien nicht mehr notwendig. Die Haushaltsverbesserungen sollten zumindest teilweise an die Bürger weitergeben werden. Wältz verwies zur Begründung auf die Kurzfristigkeit der Änderungswünsche. Zudem sei die Sanierung der Rathausfenster bisher auf keiner Prioritätenliste aufgetaucht. Es liege keine Notsituation vor.
Wältz: „Alle profitieren“
Durch die Steuerschätzung hätten sich die Rahmenbedingungen wesentlich geändert. Von der Streichung der Grundsteuer würden alle Bürger profitieren – insbesondere Mieter, an welche die Abgabe in der Regel weitergegeben werde. Der OB erwiderte, dass mit dem Antrag der CDU „der Prozess der Haushaltskonsolidierung auf kurzfristige Weise in Frage gestellt“ werde.
„Nicht über den Haufen werfen“
Patrick Schönig (SPD) sprang ihm zur Seite: Die vor einem Jahr gestartete Haushaltsstrukturkommission habe es geschafft, in allen Bereichen zu sparen und entschieden, die Steuern zu erhöhen. Statt darauf zu verzichten, solle man das zusätzliche Geld investieren – in „gut vorbereitete Projekte“. Man lehne den Antrag deshalb ab, verwehre sich aber nicht Diskussionen, wie man mit dem verbesserten Ergebnis umgehen könne.
Immer informiert sein
Auch Songrit Breuninger (Freie Bürger) meinte, man könne nicht „Arbeit der Haushaltsstrukturkommission über den Haufen werfen“. Richard Diehm (Grüne) argumentierte genauso. Stefan Kempf (Bürgerliste) kündigte seine Zustimmung für den Antrag an. Man müsse zunächst über die neue Lage sprechen, „bevor hier irgendetwas aus dem Ruder läuft“.
Letztlich stimmten nur die fünf anwesenden CDU-Stadträte sowie Stefan Kempf und Frank Schumann (FDP) für den Antrag. Ingo Ortel (SPD) enthielt sich.
Die restlichen zehn Stadträte und der OB lehnten ab. Oberbürgermeister Herrera Torrez sprach abschließend von einer „belebenden politschen Debatte“.
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