Kunstszene

Wertheim in all seinen Facetten

Stadtverwaltung unterstützt Projekt, das künftig jährlich vergeben werden soll. Vernissage der aktuellen Residenz-Künstlerin am 23. April

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„Ton in Ton spielend“ heißt die Video-Ton-Installation, die Künstlerin Sandra Trösch in und über Wertheim erarbeitet hat. © Atelier Schwab

Das „Artist in Residence-Programm“ des Atelier Schwab ermöglichte Künstlerin Sandra Trösch eine intensive Auseinandersetzung mit der Stadt Wertheim, ihren Bewohnern und ihren Gästen.

Wertheim. Seit dem Jahr 2017 hat die Mainzer Künstlerin Sandra Trösch (www.sandra-troesch.de) bei verschiedenen Besuchen in Wertheim künstlerisch gearbeitet. Sie hat gefilmt, fotografiert, gezeichnet, war in verschiedenen Wertheimer Firmen tätig und hat im Stadtarchiv und im Wertheimer Grafschaftsmuseum nach historischem Bild- und Textmaterial recherchiert. Nun werden die Ergebnisse dieser künstlerischen Arbeit unter dem Titel „Ton in Ton spielend“ im Atelier Schwab präsentiert. Vernissage am 23. April um 11.30 Uhr.

In Zeiten einer immer schwierigeren Finanzierung von Programmen für Künstlerinnen und Künstler freut sich das Atelier Schwab, das neue „Artist in Residence-Programm“ vorzustellen. Eine Künstlerresidenz stellt Künstlerinnen und Künstlern Zeit, Raum und Ressourcen zur Verfügung, um sich herausgelöst aus ihrer normalen Alltagsumgebung auf einzelne Projekte oder Fragestellungen konzentrieren zu können. Die Künstlerresidenz wird von der Stadt Wertheim gefördert und soll von nun an jährlich vergeben werden. Abschließend stellt eine Präsentation die in Wertheim entstandene Arbeit vor.

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Im Sommer filmte Trötsch Einwohner der Stadt Wertheim und die täglich angezogenen Touristenströme. Es entstanden Audio- und Videosequenzen: „Die Stadt Wertheim, die im Wandel ihrer Geschichte stets vom Wirken der facettenreichen Bewohner und den Reisenden geprägt wurde, bietet vielfältige Möglichkeiten, um sich mit den vor Ort zu beobachteten gesellschaftlichen Phänomenen künstlerisch auseinander zu setzen“, beschreibt Trösch.

Mensch im Fokus der Arbeit

Immer wieder fokussiert sich Sandra Trösch in ihrer Kunst auf den Menschen. „Ausgehend von der Beobachtung flüchtiger Szenen, steht der Mensch mit seinen Selbstkonzepten im Fokus meiner künstlerischen Arbeiten, in denen ich sozialpolitische Prozesse der Gesellschaft und den Umgang mit Zeit auslote“, erläutert Trösch. „Dabei greife ich Versatzstücke einzelner Gesten aus dem realen oder virtuellen Raum in Form von Videosequenzen, Tonspuren und Fotografien auf und transformiere sie als verdichtete Fragmente in neue Kontexte. Die Auseinandersetzung mit Leerstellen, Zwischenräumen und der Überlagerung von unscharfen und transparenten Motiven bilden meine künstlerischen Strategien, um im Spannungsfeld zwischen Banalem und Wichtigem, zeitlicher Momentaufnahme und Bewegung Strukturen herauszufiltern und Wahrnehmungsformen zu hinterfragen.“

In ihrem Wirken in Wertheim lässt sich Sandra Trösch von der Tatsache leiten, dass die Stadt schon lange ein Ort des Handels und des Austauschs ist: „In den verschiedensten Zeiten reisten Künstler in die Stadt Wertheim, um die Tauber, den Main, die Burg, die Gassen und die umgebende Landschaft zu zeichnen oder in Ölgemälden festzuhalten. Wertheim war als mittelalterliche Residenzstadt stets ein florierender Handelspunkt, was sich in der heutigen Zeit durch die weltmarktführenden Familienunternehmen im Zuge der Ansiedelung von glasverarbeitenden Fachleuten aus Thüringen nach dem Zweiten Weltkrieg weiter fortsetzt.“

In Wertheim ist nun im ersten Raum des Atelier Schwab eine Video-Ton-Installation mit dem Titel „Ton in Ton spielend“ zu sehen, die Videobilder mit Zeichnungen und Textfragmenten kombiniert. Diese Bilder verbindet Trösch in der Installation mit Textfragmenten aus dem Tagebuch Otto Modersohns (dem auch der Ausstellungstitel entnommen ist) – einer der zahlreichen Künstler und Künstlerinnen, die in Wertheim gearbeitet haben. Die dritte visuelle Spur der Installation wird aus Videoaufnahmen gebildet. Ein Stop-Motion-Film mit verschwommenen Bildern der Stadt, von Tauber, Main, Altstadt und Burg, die Trösch in Wertheim aufgenommen hat. Schließlich hat die Installation noch eine Tonspur, welche die Künstlerin in den verschiedenen Wertheimer Firmen aufgenommen hat.

In den weiteren Räumen der Ausstellung werden unter anderem transparente Zeichnungen von Touristen und Fotoarbeiten aus der Serie „Fragile Frames“ präsentiert, die ebenfalls in Wertheim entstanden sind. Weiterhin sind kleinformatige Arbeiten aus der Serie „stage“ zu sehen (Collage,Scherenschnitt, Mixed media) sowie Zeichnungen mit mehreren transparenten Schichten, die etwa Gesten der Touristenzeigen.

In Sandra Tröschs künstlerischem Werk – das sich stets zwischen den Polen Zeichnung, Fotografie und Video bewegt – geht es immer wieder um Fragen der Identität und der Wahrnehmung. Fragen, die auf größere gesellschaftliche Zusammenhänge hinweisen. So auch hier: Um das Sehendrehen sich die in Wertheim entstandenen Arbeiten, um die Wahrnehmung des Betrachters, des Besuchers der Stadt. Um den Wahrnehmungsprozess selbst, der immer subjektiv sein muss. Die Installation schreibt die Bilder weiter, die Besucher und Besucherinnen in Wertheim sehen und erfahren, ergänzt diese Bilder durch weitere Ebenen und lädt auch die Einheimischen zu einem Dialog ein: Bekanntes wird mit Neuem vermischt und in ein neues Licht gesetzt.

Sandra Trösch, geboren 1983 in Trier, lebt und arbeitet in Mainz. Sie studierte Medienkunst und Bildhauerei an der Kunsthochschule Mainz und absolvierte ein Gaststudium in Medienkunst an der HFG Karlsruhe. 2010 schloss sie ihr Studium der Freien Bildenden Kunst als Meisterschülerin von Prof. Dieter Kiessling ab.

Sie erhielt unter anderem den Förderpreis der Kunsthochschule Mainz, den Preis „Junge Kunst in der Aula“ des Kunstvereins Sulzbach (Saar), die Katalogförderung des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft und Kultur sowie das Artist-in-Residency-Stipendium der Galerie Atelier Schwab.

Ihre Werke waren bereits in mehreren Ausstellungen in mehren Ausstellungen zu sehen unter anderem in der Galerie Arteko in San Sebastían, in der Galerie im Körnerpark in Berlin oder bei der Landes-Kunstschau Rheinland-Pfalz. as

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