Am Ende der Legislaturperiodes des Gremiums

Wertheim: Harsche Worte in Dietenhaner Ortschaftsratssitzung

Die Legislaturperiode des Ortschaftsrates Dietenhan fand am Dienstag ein unrühmliches Ende. In der letzten öffentlichen Sitzung brachen tiefe Gräben offen in verbale Streitigkeiten aus.

Von 
Kai Grottenthaler
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Vision eines Künstlers wird Wirklichkeit. Ein ganzes Rudel Wölfe hat es sich in Dietenhan vor dem ehemaligen Feuerwehrhaus gemütlich gemacht. Die Kunst-Installation stammt von Ottmar Hörl. © Heike Barowski

Dietenhan. Für die anstehenden Kommunalwahlen gibt es keine Wahlliste. Als einzige Bürgerin bestätigte Tanja Grohme nun auch vor den Mitbürgern ihr Streben nach dem Ortsvorsteheramt.

Um Punkt 20 Uhr beendete Ortsvorsteher Frank Helm die einstündige Sitzung abrupt. Vorausgegangen war eine halbe Stunde an Vorwürfen und Beschuldigungen, teils moderat, vielfach aber auch hart und polemisch vorgetragen. Auf der einen Seite standen Helm und seine Unterstützer aus der Bevölkerung, auf der anderen unter anderem die früheren Ortsvorsteher Kurt Oberdorf und Andreas Blum. Die übrigen drei Mitglieder des Ortschaftsrats hielten sich dabei weitgehend bedeckt.

In der Sitzung des Dietenhaner Ortschaftsrats notiert

In der Sitzung des Ortschaftsrats Dietenhan blickte Ortsvorsteher Frank Helm auf die vergangene Legislaturperiode zurück. So erinnerte er etwa an die Teilnahme der Dorfgemeinschaft an den Messeumzügen in Wertheim 2019 und 2023.

Das Brunnenfest, das erstmalig 2022 unter neuem Namen als Dorffest am Bürgerhaus ausgerichtet wurde und 2023 ebenso erfolgreich verlaufen sei, soll auch in diesem Jahr stattfinden. Auch für die Fastnachtsveranstaltungen und den Dorfflohmarkt habe es „Lob von allen Seiten“ gegeben. Die Baumpflanzaktion für Neugeborene und warte nun auf die Reaktivierung.

Die zweijährige Unterbringung der Kembacher Kindertagesstätte in der Dietenhaner Ortsverwaltung habe laut Helm gut geklappt. Seit November befindet sich die Ortsverwaltung wieder in den alten Räumlichkeiten.

Helm erwähnte auch die neue Sonnenliege und die Lederbank am Weinwanderweg Richtung Dertingen. Die große, weiße Bank am Brunnen werde derzeit noch restauriert.

Vor dem Baubeginn des Dorfcafés müssten noch weitere Gelder eingesammelt werden, erklärte der Ortsvorsteher. Von Stiftungen seien bisher nur 2000 Euro gekommen. Über das „Leader“-Programm könne man aufgrund mangelnder Vorfinanzierung laut Helm nicht an weiteres Geld kommen. Ob es zu einer Umsetzung kommen wird, sei daher noch unklar. Ein Zuschuss in Höhe von 80 000 Euro sei vom Gemeinderat bewilligt. Auch eine Baugenehmigung liege inzwischen vor. Helm dankte besonders dem ehrenamtlichen Bauleiter Heiko Diehm und dem Projektteam.

Die Bauplätze für den dritten Bauabschnitt „Röte II“ seien sehr schnell verkauft worden, so Helm. Ein neues Baugebiet vom Spielplatz aus Richtung Wald werde eines der großen Projekte des neuen Ortschaftsrats sein.

Nicht nur in Dietenhan sorgt der zeitlich noch nicht absehbare Glasfaserausbau für große Verärgerung. Sämtliche Ortsvorsteher und die Stadtverwaltung seien über die Verzögerungen und die ständigen Vertröstungen nicht erfreut, erklärte Helm. Von der BBV gebe es laut einer aktuellen Meldung der Stadtverwaltung nach wie vor keinen neuen Zeitplan. „Wir brauchen das schnelle Glasfasernetz. Hier sind sich die Ortschaften einig“, machte Helm klar.

Zwei ganz besondere Blutspenderehrungen gab es: Für 125-maliges freiwilliges Spenden erhielt Ernst Alfred Deifel die Blutspenderehrennadel in Gold mit goldenem Eichenkranz. Für 50 Blutspenden wurde Stefan Englert geehrt. kg

Wohl nicht zufällig waren die anstehenden Wahlen an das Ende der Tagesordnung gesetzt worden. Konflikte waren so gut wie programmiert. Die Stimmung in dem Dorf ist seit längerem aufgeheizt.

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Auf dem Wahlzettel werden am 9. Juni lediglich vier leere Zeilen markiert sein. Die Dietenhaner können darauf beliebige Namen notieren. „Die Vier mit den meisten Stimmen werden gewählt“, machte Frank Helm die Bedingungen der „wilden Wahl“ klar. Ablehnen kann man nur aus triftigem Grund. „Einfach sagen: ‚Ich habe keine Lust‘ wird nicht funktionieren“, verdeutlichte Helm. Er selber wird nach dreijährigen Amtszeit nicht mehr kandidieren.

Daraufhin gab Frank Helm den insgesamt drei örtlichen Kandidaten für die Ortschaftsrats- und Gemeinderatswahlen die Gelegenheit zur Äußerung. Als einzige der vier aktuellen Ortschaftsratsmitglieder möchte Tanja Grohme wieder antreten. Als bisherige Stellvertreterin will sie sich in Zukunft als Ortsvorsteherin weiter für die Gemeinschaft im Dorf einsetzen. Sie hoffe darauf, dass sich noch mehr Kandidaten finden werden.

Für den Gemeinderat kandidieren dagegen Frank Helm sowie seine Frau Babett. Die Fachkinderkrankenschwester möchte unter anderem die Gesundheitsfürsorge und -prävention „weiter vorantreiben“. Frank Helm erinnerte daran, dass er frühzeitig die Abgabe des Amts als Ortsvorsteher angekündigt habe. Da ihm die Kommunalpolitik trotzdem Spaß mache, wolle er nun für den Gemeinderat antreten und sich „für alle Ecken von Wertheim“ einsetzen.

Spätestens dies war der Punkt, an dem sich die Stimmung im Bürgerhaus minütlich aufheizte. Auf einen Zwischenruf des ehemaligen Ortsvorstehers Kurt Oberdorf, wonach die Wahlversammlung nicht während, sondern erst nach der Ortschaftsratssitzung stattfinden solle, fuhr Helm noch recht sachlich fort: „Überlegt Euch gut, wer infrage kommen könnte, um den Ort weiterzubringen.“ Er wisse, dass jeder der aktuellen Räte das Beste für den Ort wollte. Und er erwarte, dass jedem dafür Respekt entgegengebracht werde. Der Job sei eine „sehr herausfordernde“ Aufgabe.

Seinem Nachfolger sagte Helm eine ausführliche Einarbeitung zu. Er hoffe, dass der der neue Ortsvorsteher von den Räten loyal unterstützt wird und den Rückhalt der Bevölkerung erhalte: „Ich hoffe, dass der Ort dann auch hinter den gewählten Bewerbern steht.“ Dies war nur einer von vielen Sätzen, die tief blicken ließen.

Deutliche Kritik an Helms Amtsführung, aber auch an der Berichterstattung der vergangenen Monate äußerte der frühere Ortsvorsteher Andreas Blum: „In der Presse war einiges zu lesen, das mich verstört hat.“ Der Ort Dietenhan sei in einem sehr schlechten Licht dargestellt worden. Dafür erhielt Blum von gut der Hälfte der Anwesenden kräftigen Applaus. Einen Zeitungsbericht vor einigen Wochen bezeichnete Blum als „Schlag ins Gesicht der engagierten Bevölkerung.“ „Es ist unsäglich zu sagen, wir wären ein zerstrittener Haufen“, widersprach er. Besonders lobte er das große Engagement der Vereine und Bürger, die viel für den Ort geleistet hätten. Es sei eine „Unwahrheit“, dass sich die Vereinsverantwortlichen nicht im Ortschaftsrat einbringen würden. Er selber habe die Vereine in seiner fünfjährigen Amtszeit immer eingebunden. Mit einem mehr oder minder versteckten Vorwurf forderte er: „Es wird Zeit, dass wieder für den Ort gearbeitet wird.“

Gegen diese und weitere Vorwürfe verteidigte sich Frank Helm sehr emotional und kritisierte seine Widersprecher mit teils scharfen Worten. Dem früheren Ortsvorsteher Kurt Oberdorf entzog er zwischenzeitlich das Wort. „Ich habe immer alles für den Ort gegeben und war immer am Besten Dietenhans interessiert“, so Helm.

Ihn als „Feind der Vereine“ darzustellen, sei eine „absolute Frechheit“. Er beklagte „Querschläger“ und „Knüppel zwischen den Beinen“ aus dem Ort, besonders beim Thema Bürgerhaus. Helm verteidigte sein Vorgehen in den vergangenen Jahren. Es sei „eine Legende, dass in der Vergangenheit alles gut gelaufen ist“.

Besonders zwischen dem aktuellen Ortsvorsteher und seinen Vorgängern Oberdorf und Blum entspann sich ein teils heftiges Wortgefecht. Beschwichtigungsversuche der Räte Englert und Giese blieben weitgehend erfolglos. Letzterer betonte, dass Äußerungen in besagtem Artikel nicht vorab mit dem gesamten Gremium abgestimmt worden seien. Auch die Frauenkreisvorsitzende Sabine Englert äußerte ihre tiefe Betroffenheit über die schlechte Darstellung der Vereine. Dem Ortsvorsteher warf sie fehlende Wertschätzung vor. Auch in Dietenhan gebe es Menschen, die in Wahlämtern schon „sehr viel für den Ort getan“ hätten.

Nach einem kurzen Disput zum Verhältnis zwischen Ortschaftsrat und Vereine beendete Helm die Sitzung nach genau einer Stunde nahezu schlagartig. Dieses Vorgehen und seine teils sehr emotionalen Worte stießen auch innerhalb des Ortschaftsrats auf Kritik. Eine sachliche und konstruktive Diskussion war jedenfalls immer weniger gegeben.

So blieb am Ende wohl besonders der Satz des Gemeinderatskandidaten Jochen Kürschner aus dem Hofgarten hängen: „Ihr tut der Ortschaft nichts Gutes.“ Vielleicht benötigte es an diesem Abend tatsächlich die Intervention eines Außenstehenden.

Der Beobachter indes verließ das Bürgerhaus mit einer gewissen Ratlosigkeit, wie es in Dietenhan nach der Wahl weitergehen könnte: für den Ortschaftsrat, aber auch als Dorfgemeinschaft. Es bleibt die vage Hoffnung, dass es dem neuen Ortschaftsrat gelingen wird, die Gräben wenigstens etwas zuzuschütten. Es dürfte eine Herkulesaufgabe werden – für welche Personen, ist noch völlig offen. Neben den vier Gewählten wird es dabei aber auch auf den Konsenswillen und die Kompromissbereitschaft der Bevölkerung ankommen.

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