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„Wassertouristen“ zapfen Dorfquelle in Sonderriet leer

In mehreren Wertheimer Ortschaften können sich Bürger an kostenlosem Brauchwasser bedienen. Allerdings nur so lange, bis die jeweilige Quelle ausgeschöpft ist.

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Katharina Buchholz
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Die Quelle auf der Dornwiese hat sich in den vergangenen Tagen erholt, nun sprudelt das Wasser wieder, wenn Ortsvorsteher Udo Kempf den Hahn aufdreht. © Katharina Buchholz

Wertheim/Külsheim. An einem Dienstagabend sprudelte schließlich kein Wasser mehr aus dem Sonderrieter Dorfbrunnen. Die Quelle war leer, zu groß war zuvor der Andrang auf das kostenlose Brauchwasser gewesen. „Anfang Juni! So früh wie in diesem Jahr war die Quelle noch nie trocken“, stellt Udo Kempf fest.

Nun, einige Regentage später, hat sich die Lage wieder entspannt. Der Ortsvorsteher dreht am Hahn der Zapfsäule. Sofort sprudelt das Wasser frisch und klar aus dem Schlauch der öffentlichen Wasserentnahmestelle am Dorfrand. „Da jetzt kaum Wasser geholt wurde, konnte sich die Quelle erholen“, kommentiert Kempf erleichtert.

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Gleichzeitig ärgert er sich: „Wir haben einen richtigen Wassertourismus.“ Bereits morgens hätten sich an den heißen Tagen in den vergangenen Wochen lange Warte-Schlangen vor der Wasserstelle gebildet. Anwohner Thomas Brell nickt und deutet mit der Hand die Straße hinab. „Bis zur Lampe dort stehen sie dann und von der anderen Seite kommen sie auch. „Die Leute fahren mit ihrem Anhänger mit 1000-Liter-Fässern vom Wartberg, aus Bestenheid, aus Freudenberger Teilorten, aus den Nachbarorten und sogar aus Bayern zu uns“, berichtet Kempf.

Sechs Brauchwasserquellen

Die Sonderrieter Brauchwasserquelle ist eine von sechs fest installierten Wasserentnahmestellen auf Wertheimer Gemarkung, dazu kommt noch eine temporäre Einrichtung in Nassig. Vom Fluch und Segen des kostenlosen Wassers berichten die Ortsvorsteher aus Dertingen, Dietenhan, Kembach, Lindelbach und Dörlesberg. Denn der „Wassertourismus“ beschränkt sich nicht auf Sonderriet. Allein in Dörlesberg ist dieser aktuell kein Thema, wie Ortsvorsteher Udo Schlachter mitteilt.

Relativ entspannt ist laut Ortsvorsteherin Tanja Bolg die Lage in Kembach. Dort wurde vor einigen Jahren ein Schild angebracht, das darauf hinweist, dass nur Bürger der Ortschaft Wasser entnehmen sollen. Dagegen beschreibt Dietenhans Ortsvorsteher Frank Helm die Situation für die Anwohner der Entnahmestelle in seiner Ortschaft als teilweise belastend, wenn die Traktoren mit großen Wasserfässern in den Straßen warten, bis sie an der Reihe sind. „Bei uns holt der gesamte Landkreis Wasser“, sagt er. In Sonderriet versucht man mittlerweile, den Andrang in Bahnen zu leiten: „Manchmal kamen die ersten bereits um 5.30 Uhr zum Wasser holen. Wir haben nun Öffnungszeiten von Montag bis Samstag zwischen 7 und 21 Uhr festgelegt“, sagt Kempf. Die Wasserentnahme auf Dorfbewohner zu beschränken, ist dagegen nicht möglich. „Alle Bürger, die innerhalb des Wasser-Versorgungsgebiets der Stadtwerke Wertheim wohnen, können kostenlos Brauchwasser entnehmen“, erklärt Michael Ziermann, Abteilungsleiter Gas- und Wasserversorgung bei den Stadtwerken Wertheim.

Ursprünglich für Landwirte

Die Lärmbelästigung durch die Fahrzeuge ist jedoch nur ein Aspekt, der die Dorfbewohner umtreibt. Der andere ist das Wasser selbst, das in den letzten heißen Sommern von immer mehr Menschen und in großen Mengen in Anspruch genommen wird. Ursprünglich war die ehemalige Sonderrieter Trinkwasserquelle beim Anschluss an die Wasserversorgung mit Aalbachwasser zu Beginn der 70er Jahre für den Bedarf von Landwirten gefasst worden. Heute hole jeder Wasser an der Entnahmestelle, sagt Kempf: der eine für seinen Garten, der andere, wie er selbst, um neu angepflanzte Bäume im Wald zu gießen, oder Landwirte, um zum Beispiel Spritzmittel anzumischen. Insgesamt sei auch zu befürworten, denn für diese Zwecke würde kein Trinkwasser verwendet. Das Quellwasser fließt ohnehin und wird es nicht verwendet in den Bach.

Neben der Beregnung für ihren Sportplatz nutzen die Sonderrieter das Wasser, um junge Bäume in der Ortschaft und die öffentlichen Blumenbeete mit Wasser zu versorgen. „Wenn es für den Bedarf des Dorfs dann nicht mehr reicht, weil viele Auswärtige Wasser entnommen haben, ist das ärgerlich“, sagt Kempf. Davon, grundsätzlich zu unterscheiden, für welche Anliegen und in welcher Menge Wasser entnommen werden darf, hält Kempf nichts. Überhaupt: Wie sollte dies kontrolliert werden? Wenig Verständnis hat der Sonderrieter dagegen für jene, die mit dem Quellwasser Pools oder Zisternen auffüllen. „Dafür wird dann ja nicht einmal Abwasser bezahlt“, ergänzt Brell.

„Das Wasser fließt sowieso“

„Natürlich ist es nicht gerngesehen, wenn die Quelle im Sommer kaum noch läuft und dann Auswärtige das letzte Wasser holen“, sagt auch der Dertinger Ortsvorsteher Egon Beuschlein. Gleichzeitig betont er, dass in seiner Ortschaft noch nie über eine Rationierung der Wasserentnahme nachgedacht worden sei. „Niemand nimmt dem anderen etwas weg. Das Wasser fließt ja sowieso weiter. Und wenn die Quelle dann leer ist, ist sie leer.“

Zuletzt war dies in Dertingen 2020 der Fall. Mit dem Wasser der Eschbrunnquelle speist die Ortschaft zunächst die Zisterne des Sportvereins. Dann fließt das Wasser weiter bergab zur Entnahmestelle am Festplatz. Ist dort der Hahn nicht aufgedreht, wird das Wasser in den Aalbach eingespeist.

In Lindelbach wird das Quellwasser ebenfalls zur Bewässerung des Sportplatzes und als Löschwasser eingesetzt. „75 Prozent derer, die Wasser mit ihrem Autoanhänger oder dem Traktor holen, gießen damit ihren Nutzgarten“, schätzt Ortsvorsteher Egon Schäfer. Auch ihn erreichen immer wieder Klagen über Wassertourismus. „Das Wasser gehört jedem. Klar kommen da auch Urpharer. Wenn die Leute allerdings rechnen würden, was sie für Sprit, Zeit und Anschaffung eines Fasses ausgeben, würden sie feststellen, dass das Wasser aus der Leitung günstiger wäre“, meint Schäfer. Überlegungen, eine Kasse an die Pumpe zu hängen, habe man wieder verworfen.

Umso wichtiger ist Schäfer, dass diejenigen, die die Entnahmestelle nutzen, pfleglich mit dem Wasserhahn umgehen. Bereits mehrmals war der Kugelhahn defekt. Dass die Entnahmestelle auch mit Kosten verbunden ist, für die die Stadtwerke und teilweise die Ortschaften aufkommen, kann Kempf bestätigen. Zweimal sei im vergangenen Jahr in Sonderriet das Rohr abgefahren worden. „Auch wenn es mir widerstrebt. Eine Alternative wäre, die Entnahme kostenpflichtig zu machen wie in Külsheim“, sagt Kempf.

500 Liter kosten einen Euro

Seit 2016 verlangt die Stadt Külsheim für das Wasser aus den Quellen in Eiersheim und in der ehemaligen Kaserne in Külsheim einen Obolus. „Külsheimer und Bürger aus den Stadtteilen können bei uns Marken kaufen. Das Angebot wird gut angenommen“, erklärt Silke Grimm, Mitarbeiterin der Külsheimer Stadtkasse. Ein Euro wird seit diesem Jahr für 500 Liter Wasser fällig, zuvor waren es 50 Cent. „2022 wurden 1380 Euro eingenommen“, sagt Kämmererin Elke Geiger-Schmitt. Die Wassermarken tragen also eher einen symbolischen Teil dazu bei, laufende Kosten zu decken – zuletzt wurde die Pumpentechnik in der Kaserne für 16 000 Euro erneuert. Allerdings haben sich Probleme mit Wassertourismus und extremen Wasserentnahmen erledigt.

Auf Wertheim ist ein solches Vorgehen nicht übertragbar, weiß Michael Ziermann: „Als die Aalbachversorgung gebaut wurde, wurde mit den Ortschaften vereinbart, dass wir die Brauchwasserquellen beziehungsweise das Brauchwasser kostenlos zur Verfügung stellen.“ Weitere Quellen in anderen Ortschaften zu öffnen, sei nicht möglich, denn das Brauchwasser werde nur kostenlos bereitgestellt, wenn es nicht gepumpt werden muss. „Es gäbe theoretisch weitere Brunnen. Allerdings ist unserseits nicht gewünscht, diese grundsätzlich zu öffnen, da wir uns diese für die Notversorgung vorhalten“, erklärt Ziermann weiter.

Redaktion Im Einsatz für die Lokalausgabe Wertheim

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